Nach Anfeindungen unter dem Brennglas

"Schickeria": Das ist die mächtigste Ultra-Gruppierung des FC Bayern


Bayerns mächtigste Ultra-Gruppierung "Schickeria" beteiligte sich am Wochenende am Protest gegen Dietmar Hopp und den DFB.

Bayerns mächtigste Ultra-Gruppierung "Schickeria" beteiligte sich am Wochenende am Protest gegen Dietmar Hopp und den DFB.

Von Bernhard Lackner

Zahlreiche Fangruppen verschiedener Vereine sorgten am vergangenen Wochenende mit Hass-Plakaten für einen Sturm der Entrüstung. Mit der "Schickeria" und den "Red Fanatics" beteiligten sich auch zwei Ultra-Gruppierungen des FC Bayern an der Aktion - doch wofür stehen diese überhaupt?

Sinsheim/München - Es waren deutliche Worte, die Karl-Heinz Rummenigge wählte. "Das war das hässliche Gesicht von Bayern München", sagte der Vorstandsvorsitzende über die eigenen Fans, die sich am Wochenende an einer deutschlandweiten Protestaktion beteiligten und mit geschmacklosen Spruchbannern beinahe für einen Abbruch der Partie bei der TSG Hoffenheim sorgten. Hinter den Schmähplakaten steckten die "Schickeria" und die "Red Fanatics", zwei der größten Ultra-Gruppierungen des Rekordmeisters.

Grund für die scharfe Wortwahl sei die Verhängung einer Kollektivstrafe gegen die Anhänger von Borussia Dortmund. Nachdem ein Schild mit dem Konterfei Dietmar Hopps unter einem Fadenkreuz gezeigt wurde, wird der BVB in den kommenden beiden Jahren ohne eigene Fans bei Auswärtsspielen in Hoffenheim antreten müssen.

Mit diesen Bannern sorgten Anhänger des FC Bayern bei der Partie in Hoffenheim beinahe für einen Spielabbruch.

Mit diesen Bannern sorgten Anhänger des FC Bayern bei der Partie in Hoffenheim beinahe für einen Spielabbruch.

Eben jene Sanktionsmöglichkeit war vom damaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel vor gut zweieinhalb Jahren nach fortwährender Kritik seitens der Fans ausgesetzt worden. Aus Solidarität beteiligten sich die Fanszenen zahlreicher Klubs an dem Protest - als Projektionsfläche diente Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp.

FC Bayern: "Schickeria" ist Meinungsführer in der Kurve

Für die Anhänger der Münchner ist ein Eklat in dem Ausmaß, wie er sich beim Spiel in Sinsheim ereignet hat, derweil relativ unüblich. Sie gelten als eher links orientiert und engagieren sich viel in sozialen Bereichen - wirklich nennenswerte Negativschlagzeilen gibt es selten.

Als Meinungsführer in der Bayern-Fankurve gilt heute die "Schickeria". Sie entstand im Jahre 2001 aus einem Zusammenschluss zahlreicher Bayernfans, die ihren Verein auf koordinierte Art und Weise unterstützen wollten. Für das eigene Leitbild stellt die sie Werte wie Toleranz, Solidarität und Respekt in den Vordergrund. Die Gruppierung veranstaltet seit 2006 jedes Jahr ein antirassistisches Fußballturnier um den Kurt-Landauer-Pokal.

Landauer war zwischen Anfang und Mitte des vergangenen Jahrhunderts insgesamt dreimal Präsident des FC Bayern, musste aufgrund seiner jüdischen Religion jedoch vor der Verfolgung der Nationalsozialisten in die Schweiz flüchten. Die "Schickeria" gedachte dem ehemaligen Präsidenten mit zwei großen Choreographien in den Jahren 2008 und 2014 und wurde deshalb vom DFB mit dem Julius-Hirsch-Preis ausgezeichnet.

"Schickeria" macht häufig auf Missstände aufmerksam

Generell ist die Ultra-Gruppierung politisch engagiert und macht immer wieder mit aufwändigen Choreographien, Spruchbannern oder Plakaten auf Missstände in Politik und Gesellschaft aufmerksam.

Hoeneß und Rummenigge mit Euro-Scheuklappen - im Hintergrund werden Arbeiter ausgepeitscht, die den Platz präparieren.

Hoeneß und Rummenigge mit Euro-Scheuklappen - im Hintergrund werden Arbeiter ausgepeitscht, die den Platz präparieren.

In den vergangenen Jahren standen unter anderem Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Ex-Präsident Uli Hoeneß aufgrund der Wintertrainingslager in Katar in der Kritik.

Das Banner der Bayern-Anhänger beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg.

Das Banner der Bayern-Anhänger beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg.

Wie kommt es also, dass eine Ultra-Gruppierung, die sich für Werte wie Toleranz, Solidarität und Respekt stark machen will, sich bei einer Protestaktion dieser Wortwahl bedient? Die "Schickeria" versuchte sich noch am Samstagabend an einer Begründung. "Wir haben heute in einem Spruchband das Wort 'Hurensohn' verwendet. Das ist normalerweise nicht unser Sprachgebrauch, wäre per se aber auch nicht erwähnenswert. Während eines Fußballspiels fallen solche und ähnliche Worte nämlich recht häufig", teilte die Gruppierung in einer Stellungnahme mit und verwies auf einige Fälle, in denen die Verwendung jener Beschimpfung praktisch keine Beachtung fand und folgelos blieb.

"Schickeria": "Man muss den Wortlaut nicht gut heißen, aber..."

Tatsächlich habe man mit "diesem Wort auf zuspitzende, polemische Art und Weise Kritik an dem Modell Hoffenheim und dessen Protagonisten Dietmar Hopp" üben wollen und somit indirekt den DFB für seine Sanktionen gegen die Dortmund-Fans kritisiert. "Man muss den Wortlaut nicht gut heißen, aber es gab für uns hierzu keine Alternative, da nur so das Thema die nötige Aufmerksamkeit erhält", hieß es in dem Statement weiter.

Welche Konsequenzen den Beteiligten nun genau drohen, ist aktuell noch unklar. Wie Karl-Heinz Rummenigge am Montag bei "Bild live" erklärte, müssten etwaige Täter "natürlich damit rechnen, dass sie nachhaltig von Bayern München bestraft werden", sollten bei der Auswertung der Polizeiaufnahmen tatsächlich einzelne Personen identifiziert werden. Wie genau die Sanktionen aussehen könnten, ließ der Vorstandsboss offen.

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