Giganten und Garanten

Neuer und Lewandowski: Der FC Bayern ist zu abhängig von zwei Stars


Erfolgsgarant hinten, Erfolgsgarant vorne: Die Bayern sind von Neuer und Lewandowski abhängig.

Erfolgsgarant hinten, Erfolgsgarant vorne: Die Bayern sind von Neuer und Lewandowski abhängig.

Von Markus Giese

Der FC Bayern besiegt Aufsteiger Union Berlin mit 2:1 - dank Elfmeterkiller Neuer und Tormaschine Lewandowski, der einen Rekord aufstellt. Doch es gibt weiter Sorgen. "Das war kein Hurraspiel."

München - Wie es um die Dominanz und Spielstärke des FC Bayern im Herbst 2019 bestellt ist? Nach dem glanzlosen 2:1-Erfolg gegen Union Berlin lohnte es sich, den Ausführungen von Christian Gentner zu lauschen.

Gentner (34), der Union-Routinier, geht durchaus als glaubwürdiger Zeuge durch. Er hat 2007 mit Stuttgart und 2009 mit Wolfsburg die Meisterschaft gewonnen und ist in seiner Laufbahn insgesamt 24 Mal gegen Bayern-Mannschaften angetreten - gegen die Magath-Bayern ebenso wie gegen die Hitzfeld-Bayern, Klinsmann-Bayern, van-Gaal-Bayern, Heynckes-Bayern, Guardiola-Bayern, Ancelotti-Bayern und eben auch die Kovac-Bayern.

Am Samstagabend also sagte Christian Gentner: "Es war schon schwieriger, hier in München etwas zu holen, definitiv." Und weiter: "Es war keine überragende Bayern-Mannschaft, ich habe sie schon wesentlich stärker erlebt. Sie hatten nicht ganz die Souveränität, die Ruhe."Wer wollte Gentner da widersprechen?

Bayern wackelt auch gegen die kleinen Gegner

Die Bayern quälen sich durch diese Saison, sie gewinnen nach einer Niederlage (1:2 gegen Hoffenheim) und einem Unentschieden (2:2 in Augsburg) in der Liga immerhin mal wieder, doch im Anschluss an die Tore von Benjamin Pavard (13.) und Rekordmann Robert Lewandowski (53.) mussten sie selbst gegen Aufsteiger Union um den Sieg bangen. Und sich bei Manuel Neuer bedanken, der den Handelfmeter von Sebastian Andersson famos parierte (59.). Beim zweiten Berliner Strafstoß von Sebastian Polter (86.) war Neuer dann chancenlos.

"Ich würde mir wünschen, dass wir wieder mal ein Spiel machen, das wir früher entscheiden", sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Thomas Müller meinte: "Es war kein Hurraspiel, an dem wir uns drei Tage aufgeilen können."

Wenn überhaupt war es eine kleine Verbesserung zum 3:2-Sieg bei Olympiakos Piräus, Trainer Niko Kovac war trotzdem "zufrieden", wie er sagte: "Aus dem Spiel haben wir nichts zugelassen und hatten selbst eine Reihe von Hochkarätern, die wir leider nicht genutzt haben. Irgendwann wird es sich so drehen, dass wir aus den vielen Chancen auch wieder mehr Tore machen werden."

Zwischen Neuer und Lewandowski klafft eine Lücke

Eine optimistische Prognose - doch aktuell deutet wenig bis nichts darauf hin, dass die Bayern in Kürze zu ihrem dominanten, souveränen Spiel zurückfinden. Die Münchner leben vor allem von ihren beiden Giganten und Garanten, von Neuer im Tor und von Lewandowski im Angriff. Dazwischen klafft qualitativ eine Lücke.

"Wir sind wirklich froh, dass wir ihn haben. Er ist derjenige, der uns im Moment so weit oben hält", sagte Kovac über Lewandowski, der auch im neunten Bundesliga-Spiel dieser Saison traf und damit einen neuen Bundesliga-Rekord aufstellte. "Ich fühle mich unglaublich gut. Klar, das ist etwas Besonderes. Ich bin sehr stolz", sagte der Pole, inzwischen mit 19 Toren in 13 Spielen erfolgreich. "Er macht das, wofür er geboren wurde", schwärmte Müller.

Aber wie lang geht das gut? Man mag ja gar nicht dran denken, was Bayern im Falle einer Lewandowski-Verletzung drohen würde. "Nur als Mannschaft können wir gewinnen, nicht individuell mit meinen Toren", warnte Lewandowski. Doch genau das ist aktuell das Problem.

Es fehlen klare Ideen und Automatismen

Neuzugang Philippe Coutinho, zweifellos ein potenzieller Gigant, sucht noch seine ideale Form und Position. Coach Kovac hat bislang zudem keine funktionierende Formation fürs Zentrum gefunden, es fehlen klare Ideen und Automatismen, um den Ball aus der Abwehr heraus vor den gegnerischen Strafraum zu transportieren.

Richtig gefährlich und rasant wurde es gegen Union erst, als Serge Gnabry, der Gigant der Zukunft, in der 65. Minute eingewechselt wurde.

Kapitän Neuer hatte seiner Unzufriedenheit da schon Ausdruck verliehen. Der Keeper schrie seine sorglosen Kollegen nach einer Union-Chance (51.) zusammen, wedelte mit den Armen. So hatte man Neuer selten erlebt. Von den Fans gab es Applaus. "Wenn wir 4:0 gewinnen, kann sich keiner beschweren. Wir haben wieder einen Schritt in die richtige Richtung gemacht", sagte Neuer nach der Partie. Es wirkte wie eine Streicheleinheit für seine keineswegs überzeugenden Kollegen.

Auch Neuer weiß, dass die Bayern im Herbst 2019 von ihren beiden Giganten leben. Gigantischen Fußball spielen sie nicht. Maximilian Koch

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