Serie: Fußball in Zeiten der Coronakrise

Kolja Pusch: "Transfers haben aktuell nicht oberste Priorität"


Kolja Pusch spielt seit Januar 2019 für Admira Wacker.

Kolja Pusch spielt seit Januar 2019 für Admira Wacker.

Als der SSV Jahn Regensburg von 2016 bis 2017 von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga durchmarschiert ist, war Kolja Pusch einer der Aufstiegshelden. Inzwischen spielt der 27-Jährige beim österreichischen Erstligisten Admira Wacker. Im Interview mit idowa spricht er darüber, wie er die aktuelle Coronakrise erlebt, wie er sich fithält und wie er über seinen auslaufenden Vertrag denkt.

Herr Pusch, wie ist die Situation derzeit bei Ihnen?
Kolja Pusch: Ich bin aktuell in Deutschland, in der Heimat. Als klar war, dass nicht mehr gespielt wird, durften wir nach Hause reisen. Wir machen Trainingsbetrieb von zu Hause aus, bekommen vom Verein Trainingspläne zugeschickt. Anders als in Deutschland, dürfen die österreichischen Vereine noch nicht in Kleingruppen trainieren. Wir haben zwei Einheiten pro Tag, auch mal ein Livetraining per Video. Eines steht aber, nicht nur aktuell, ganz klar an erster Stelle: Die Gesundheit der Menschen und die Eindämmung der Pandemie.

Was bekommen Sie von der Situation in Österreich mit?
Pusch: Ich halte natürlich Kontakt zu meinen Teamkollegen und verfolge die Meldungen über die Medien.

Was hat der Verein den Spielern mit auf den Weg gegeben?
Pusch: Dass wir uns vorsichtig verhalten, unser Immunsystem stärken und uns an die allgemeinen Regeln halten sollen. Dazu halten wir uns alle an die Trainingspläne. Da macht es auch Spaß, fürs Training auch mal rauszugehen. Dann fühlt man sich wieder wie ein Sportler. Es ist aber auch wichtig und wir müssen uns immer bewusst sein, dass wir eine große Vorbildfunktion haben und uns an die Anweisungen und Vorschriften der jeweiligen Regierung des Landes beim Sport im Freien strikt halten.

Während Österreich Deutschland in der Krise zeitlich ein bisschen voraus ist, sind es die deutschen Clubs den österreichischen hinsichtlich des Trainings. Wann denken Sie, dass auch die österreichischen Mannschaften wieder ins Training zurückkehren können?
Pusch: Ich vertraue hier, wie auch in Deutschland, voll und ganz der Bundesregierung in Österreich. Jetzt etwas zu fordern, wäre völlig unangebracht. Wie vorhin schon gesagt, geht es um die Gesundheit der Menschen. Aber vielleicht geht sich ja im Mai etwas aus. In der kommenden Woche finden in Österreich zwei entscheidende Sitzungen statt, wie das weitere Vorgehen sein wird. Am Dienstag (14.4.) tagt der Aufsichtsrat der Liga und am Donnerstag (16.4.) findet die große Klub-Konferenz statt. Danach wissen wir mehr.

Gehen Sie davon aus, dass die Liga zu Ende gespielt werden kann?
Pusch: Dazu werden, wie vorhin schon erwähnt, in der kommenden Woche Fakten geschaffen. Es bringt jetzt nichts als Einzelner zu spekulieren. Aber natürlich hoffen wir, dass es weitergeht. In Österreich haben sich ja elf von zwölf Vereinen (Ausnahme: Tirol, Anm.d.Red.) für eine Fortsetzung ausgesprochen.

Nimmt sich der Fußball speziell in Deutschland nicht ein "Sonderrecht" raus, während andere Sportarten lahmliegen, der Amateursport ruht und auch viele Geschäfte weiter geschlossen sind?
Pusch: Hier sollte man Verständnis für beide Sichtweisen aufbringen. Ich möchte im Fußballsport nur daran erinnern, dass nicht nur viele ihrem Beruf als Profi nachgehen, sondern an einem Spieltag auch viele weitere Berufsgruppen ihren Job ausüben. Ich denke hier an die unzähligen Dienstleister oder auch an Ihre Berufssparte, den Journalismus.

In Deutschland sind die TV-Gelder ein großes Thema, auf die die Clubs angewiesen sind. Ist das in Österreich ähnlich?
Pusch: Diese Frage kann Ihnen am besten unser CEO, Thomas Drabek, beantworten. Es wäre nicht seriös darüber jetzt ins Grüne zu spekulieren. Klar ist aber, und das bekommt ja jeder aktuell mit, dass die TV-Gelder einen ganz großen Einnahme-Betrag darstellen. Egal ob in Deutschland oder in Österreich. Egal in welcher Profiliga.

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Viel wird derzeit auch über Solidarität gesprochen, etwa wenn Fußballer auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten. Ist das auch bei Ihnen ein Thema?
Pusch: Wir haben bei der Admira sofort - und zwar alle im Profibereich - der Kurzarbeit zugestimmt. Dies hat übrigens der komplette Verein gemacht. Dies ist ein unglaubliches Zeichen der Solidarität, der Verbundenheit. Ich finde das auch wichtig und ein richtiges Zeichen von vielen Vereinen.

Ihr Vertrag bei Admira Wacker läuft im Sommer aus. Beschäftigen Sie sich mit der vertraglichen Situation?
Pusch: Man muss sich schon damit beschäftigen. Von der FIFA kam vor kurzem die Empfehlung, die Verträge so lange laufen zu lassen, wie die Saison dauert. Damit würde mein Vertrag auch weiterlaufen, sollte im Juli noch gespielt werden. Aber danach bin ich im Sommer ablösefrei und im besten Fussballalter. Verlängerungen und Transfers haben aktuell nicht oberste Priorität. Es geht jetzt um die Gesundheit der Menschen, die Eindämmung der Pandemie und dass wir alle so schnell wie möglich wieder in die Normalität zurückkehren können.

Das letzte Spiel liegt nun schon über einen Monat zurück. Wie war die sportliche Situation bei Ihnen?
Pusch: Im Herbst/Winter waren wir auf einem guten Weg. Ende Februar gab es einen Trainerwechsel, Zvonimir Soldo hat übernommen. Den Impuls haben wir gut genutzt. Wir waren gut vorbereitet auf die Playoffs, waren motiviert, voller Tatendrang und topfit. Die Vorfreude war groß, leider wurden wir dann eingebremst.

Sie spielen seit Januar 2019 in Österreich. Wie haben Sie die Liga kennengelernt?
Pusch: Ich finde sie sehr stark und gut besetzt. Das sieht man auch an den internationalen Leistungen des LASK oder von Salzburg. Auch Rapid Wien hat eine sehr gute Mannschaft. Die Spiele in der Liga sind oft eng, am Ende des letzten Jahres haben wir zum Beispiel gegen LASK nur knapp verloren und gegen Salzburg unentschieden gespielt. Das Niveau ist vor allem technisch und fußballerisch gut. Ich bin froh, dass ich den Schritt damals gegangen bin.

War die Umstellung schwierig vom körperbetonten Fußball der 2. Liga in Deutschland zum technischen Fußball in Österreich?
Pusch: Nein, denn das kommt einem Spieler wie mir entgegen. Es war schwieriger, als ich aus dem Nachwuchs von Bayer Leverkusen kam, wo ich den technischen Fußball gewohnt war, und mich auf die 3. und 2. Liga in Deutschland umstellen musste. Da war der Schritt dieses Mal einfacher. Wenn man im Fußball von einfach sprechen kann und darf. Ich muss jeden Tag meine Topleistung abrufen.

Nochmal zurück zur Coronakrise. Was macht diese mit Ihnen? Macht man sich in einer solchen Phase auch mehr Gedanken über den Fußball hinaus?
Pusch: Auf jeden Fall, man beschäftigt sich den Großteil der Zeit mit Themen außerhalb des Fußballs. Es ist für alle eine schwierige Zeit, jeder muss kämpfen. Wichtig ist aktuell in erster Linie, dass jeder etwas zu Essen, zu Trinken und ein Dach über dem Kopf hat. Ich finde es auch klasse, wie die Leute in dieser Situation zusammenhalten. Ich hoffe und glaube fest daran, dass wir alle gemeinsam gestärkt aus dieser Krise herausgehen. Dies ist mein Wunsch.