Deutsches Führungspersonal

Goretzka, Kimmich & Co: Jogi Löws neue Leader


Niklas Stark, Leon Goretzka, Thilo Kehrer und Marco Reus nach dem Spiel gegen Serbien.

Niklas Stark, Leon Goretzka, Thilo Kehrer und Marco Reus nach dem Spiel gegen Serbien.

Von Steffen Trunk

Nach der Ausbootung von Hummels, Müller und Boateng braucht es in der Nationalelf neue Leader neben Neuer und Kroos - Goretzka, Kimmich, Gündogan und Reus beweisen Leitwolf-Potenzial.

Leon Goretzka stand am Mittwochabend als einer der letzten deutschen Spieler in den Katakomben der Wolfsburger Arena, der Zeiger auf der Uhr im Gang näherte sich Mitternacht. Doch Goretzka (24) hatte es nicht eilig. Geduldig gab er Auskunft über das 1:1 im Test gegen Serbien, das der Spieler des FC Bayern mit seinem Rechtsschuss in der 69. Minute gesichert hatte. Und das Goretzka "zu wenig" war: "Wenn man schaut, wie viele Torchancen wir haben, müssen wir gewinnen."

Es war ein reifer Auftritt des früheren Bochumers und Schalkers - auf wie neben dem Platz. Joachim Löw wechselte Goretzka erst in der 56. Minute für Julian Brandt ein, der Joker sorgte sofort für mehr Dynamik und Torgefahr. Goretzka ging als Anführer voran. Ein Fingerzeig für die Zukunft?

Goretzka: Erwachse Einstellung

"Es ist das Allerletzte, was ich mache: Mich neben dem Platz hinstellen und sagen, dass ich Verantwortung übernehme", sagte Goretzka: "Du musst zuerst auf dem Platz vorangehen und deine Leistung bringen. Dann kannst du vielleicht irgendwann anfangen, neben dem Platz das Wort zu ergreifen und mitzugestalten." Eine sehr erwachsene Einstellung. Doch Goretzka weiß, dass es nach dem DFB-Aus von Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng neue Leader in Löws Team braucht. "Natürlich ändert sich was", erklärte der Bayern-Star: "Wir haben drei Führungsspieler verloren. Das hat eine Lücke hinterlassen, die gefüllt werden möchte. Da wird sich in den nächsten Spielen was herauskristallisieren."

Deutsches Führungspersonal: Goretzka gehört neben Marco Reus (29), Joshua Kimmich (24), Ilkay Gündogan (28) sowie den Weltmeistern Manuel Neuer (32) und Toni Kroos (29) zu den Leitwölfen des Jahres 2019. In der Mannschaft ist er hoch angesehen. "Da gibt es einige Jungs, die das Potenzial haben, die Führung zu übernehmen", sagte Thilo Kehrer auf Nachfrage der AZ: "Leon gehört auf jeden Fall dazu. Er zeigt das auf dem Platz."

Reus und Goretzka in Startelf gegen die Niederlande?

Das Ausgleichstor gegen die Serben war eine Co-Produktion der besten Deutschen: Reus und Goretzka. Gut vorstellbar, dass beide am Sonntag im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande (20.45 Uhr/RTL) in die Startelf rücken. Reus als Zehner und Goretzka über die rechte Seite. "Für mich kein Problem", sagte Goretzka zu der Rolle. Am liebsten kommt er aber als Achter zum Einsatz.

Sorgen bereitet dem deutschen Team nach dem Jahresauftakt vor allem die Defensive. Nicht nur bei Luka Jovics Führungstor (12.) sah die Abwehr um Niklas Süle und Jonathan Tah schlecht aus. "In der Konstellation ist die Abstimmung noch nicht so klar. Das braucht ein bisschen Zeit", sagte Tah. Bayerns Süle agierte als neuer Abwehrchef nicht überzeugend. Ob die talentierten Niederländer das härter bestrafen als Serbien?

"An solchen Spielen kann man wachsen, das werden wir Sonntag versuchen", sagte Goretzka. "Das ist ein Prestigeduell, da wird keiner Probleme mit der Motivation haben." Tah meinte: "Wir brauchen uns vor Holland nicht verstecken, wir haben noch eine Rechnung mit denen offen. In dem Spiel machen wir die Dinger vorne rein und gewinnen." Ziemlich selbstbewusst. Im vergangenen Jahr gab es in der Nations League in Amsterdam ein deutliches 0:3.

Selbstvertrauen zieht die DFB-Elf aus der starken zweiten Halbzeit, in der sie ein "gutes Signal" zeigte, wie es Löw formulierte. Dortmunds Reus forderte für den Knaller gegen Holland einen "größeren Willen zur aggressiven Verteidigung". Der so oft verletzte Offensivstar untermauerte wie Goretzka seinen Status als Anführer. "Mein Anspruch ist, hier weiter Verantwortung zu übernehmen", sagte Reus. "Es ist ein Prozess, die Mannschaft muss sich neu finden. Sowas braucht ein bisschen. Aber natürlich fühle ich mich dazu bereit." Der Abend von Wolfsburg hat deutlich gemacht, wer Löws neue Leader sein werden.

Lesen Sie auch: Die DFB-Elf in der Einzelkritik