Deutsche Talente

Für Wirtz und Musiala beginnt die Zukunft jetzt


Neu dabei in der Fußball-Nationalmannschaft: Florian Wirtz (l.) und Jamal Musiala (r.). (Fotomontage)

Neu dabei in der Fußball-Nationalmannschaft: Florian Wirtz (l.) und Jamal Musiala (r.). (Fotomontage)

Von sid

Jamal Musiala und Florian Wirtz sind hochtalentierte Offensivspieler mit ganz unterschiedlichen Wegen zur deutschen Nationalmannschaft.

Florian Wirtz wirkte zwischen den "Großen" noch ein wenig verloren, als er im Rapper-Shirt sein DFB-Köfferchen in die Hotellobby zog. Das 17 Jahre alte Supertalent soll bei der Nationalmannschaft lernen, das hat ihm Bundestrainer Joachim Löw aufgetragen - nicht nur auf dem Platz. "Erstmals gehört zu unserem Betreuerstab ein Lehrer, weil Florian Abitur macht", berichtete DFB-Direktor Oliver Bierhoff am Montag.

Jamal Musiala, 18, büffelt hingegen derzeit für den Führerschein. Auch er kam schüchtern in Düsseldorf an, vielleicht erinnerte er sich an den Moment, in dem er im Allerheiligsten ehrfürchtig in der Ecke gestanden hatte. "Ich habe mich nicht getraut, mich auf den Platz von jemand anderem hinzusetzen", erzählte er über seinen ersten Besuch in der Kabine von Bayern München.

Gut, dass Musiala, wie Wirtz ein maximal talentierter Offensivspieler, sein halbes Team mitbringt. Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Leon Goretzka und drei weitere "Bayern-Bodyguards" werden dem Debütanten den Einstieg gewiss erleichtern. Musiala kann unbeschwert durchstarten, er kommt aus einer Blase des Erfolges - bei Wirtz sieht das anders aus.

Der Jungprofi von Bayer Leverkusen hat gerade eine Corona-Erkrankung überstanden, sein Vereinstrainer wackelt. Da fällt es schwerer, im Training die erfahrenen Mitspieler voller Zuversicht anzudribbeln. Lehnen kann sich Wirtz an die breite Brust seines Vereinskollegen Jonathan Tah.

Jamal Musiala und Florian Wirtz: Die Zukunft beginnt jetzt. "Es ist gut, wenn ich sie sehe, das ist ein Fingerzeig Richtung Turnier", sagte Löw vor dem Dreierpack in der WM-Qualifikation gegen Island am Donnerstag, in Rumänien und gegen Nordmazedonien. Es öffnet sich eine Riesenchance auf die EM-Kaderplätze 21 oder 22.

Musiala und Wirtz sollen Schritt für Schritt herangeführt werden

Löw wird seine Jungstars "mit riesigem Potenzial" keinesfalls ins kalte Wasser werfen. "Es gehört zu unserer Verantwortung, sie Schritt für Schritt heranzuführen", sagte er. "Sie sollen die Abläufe lernen."

Damit sie eben nicht hilflos herumstehen oder "sechs-, siebenmal den Wecker überprüfen", wie Musiala es vor seinem ersten Bayern-Training tat. Er darf sich willkommen fühlen: Bierhoff und Löw überzeugten ihn davon, dass eine Entscheidung für die deutsche Nationalmannschaft genau die richtige ist.

"Ich habe auf mein Gefühl gehört", sagt Musiala, der mit sieben Jahren aus Fulda für neun Jahre nach England zog: "Ich habe zwei Kulturen in mir vereint." Derzeit sei noch eher sein englischer Akzent im Deutschen zu hören als umgekehrt. Der Weg von Wirtz, der schon als Siebenjähriger Angebote von Bundesligisten hatte, führte hingegen über sämtliche U-Nationalmannschaften ohne Umwege nach oben.

Keine Versprechungen vom Bundestrainer

Löw hat beiden keine rosaroten Wölkchen gemalt. Es wäre reizvoll, Musiala mit einem ersten Pflichtspieleinsatz endgültig an den Deutschen Fußball-Bund zu binden, aber so denkt der Bundestrainer nicht. "Die Spiele sind zu wichtig", betonte er, "wir haben keinerlei Versprechungen gemacht."

Der Bayern-Block will Musiala im Wortsinne stärken. Goretzka, der sich 2020 selbst innerhalb weniger Monate vom Schmächtigen zur "Maschine" transformierte, gab Musiala mit: "Er wird zu leicht weggeschoben. Da werden wir sehen, dass wir ein bisschen was draufkriegen." Für einen breiteren Auftritt - auch in der Kabine.