"Bayern ist mein Verein geworden"

Ajax-Architekt ten Hag: Warum er so gut zu Bayern passen würde


Ajax-Coach Erik ten Hag vor dem Spiel gegen Juventus Turin.

Ajax-Coach Erik ten Hag vor dem Spiel gegen Juventus Turin.

Von Niklas Braun

Coach Erik ten Hag erreicht mit seinem furiosen Team das Halbfinale der Champions League. Auch in München dürfte die Entwicklung des Ex-Trainers Thema sein: "Bayern ist mein Verein geworden"

München/Amsterdam - Ganz so euphorisch wie Sportdirektor Marc Overmars, der vor der Fankurve den Bauchrutscher machte und sich damit den feinen Anzug ruinierte, war Erik ten Hag nicht. Doch auch der Trainer von Ajax Amsterdam platzte fast vor Stolz nach dieser Gala seiner Mannschaft beim 2:1-Erfolg gegen Juventus Turin. "Das ist ein unglaublicher Abend für Ajax, seine Spieler und den niederländischen Fußball", sagte ten Hag: "Wir haben unsere Grenzen gesprengt."

Ajax Amsterdam im Champions-League-Halbfinale

Die Niederländer im Champions-League-Halbfinale. Tatsächlich. Und das auch noch völlig verdient gegen die Mannschaft um Cristiano Ronaldo, der erstmals seit 2010 ein Königsklassen-Semifinale verpasste. "Wir sind ein Team aus den Niederlanden und haben der ganzen Welt gezeigt, was wir drauf haben. Wir werden von Spiel zu Spiel besser", sagte Ajax-Kapitän Matthijs de Ligt, der im Sommer sehr wahrscheinlich zum FC Barcelona wechseln wird.

"Für Ajax ist kein Gegner zu gut", schrieb "Voetbal International".

Architekt des furiosen Ajax-Teams des Jahres 2019 ist zweifellos ten Hag (49), der von 2013 bis 2015 die Amateure des FC Bayern trainierte. Den Aufstieg in die Dritte Liga verpasste ten Hag zwar knapp, doch er machte sich in München einen Namen. Matthias Sammer hatte den Fußball-Lehrer damals zu Bayern geholt. "Jedes Wochenende" verfolge er die Spiele seines Ex-Klubs noch, verriet ten Hag jüngst im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" und ergänzte: "Bayern ist mein Verein geworden."

Logisch, dass der Name ten Hag nun auch bei den möglichen Trainer-Kandidaten für die Zeit nach Niko Kovac fällt. Zumal ten Hag einen Fußball spielen lässt, der nicht nur erfolgreich, sondern auch modern und schön ist - angelehnt an die niederländischen Trainer-Legenden Rinus Michels, Johan Cruyff und Louis van Gaal. "Die drei sind die Köpfe der Philosophie, der auch ich folge: Offensivfußball, der begeistert", sagte ten Hag der "SZ": "Ich sehe mich in deren Tradition."

Erik ten Hags große Inspiration: Guardiola

In seiner Bayern-Zeit ließ sich ten Hag von einem anderen großen Coach inspirieren: Pep Guardiola. Kaum ein Training der Profis verpasste ten Hag, er tauschte sich immer wieder mit Guardiola aus und nahm methodisch eine Menge von der Lehre des Katalanen mit. Wie Guardiola will ten Hag dem Gegner mit Ballbesitzfußball wehtun, am Dienstag in Turin kombinierte sich Ajax in manchen Phasen vom eigenen Sechzehner bis vors gegnerische Tor. Klar, dass die heimische Presse jubelte. Das "Algemeen Dagblad" etwa schwärmte nach dem "Mirakel" vom "Überraschungsteam für die Ewigkeit". Wobei: Ganz so überraschend kam der Sieg ja nicht. In der Vorrunde hatte ten Hag bereits "seine" Bayern geärgert (1:1/3:3), im Achtelfinale dann Titelverteidiger Real Madrid ausgeschaltet (1:2/4:1). Jetzt war eben Ronaldos Juventus dran.

Nun im Halbfinale: Ajax Amsterdam.

Nun im Halbfinale: Ajax Amsterdam.

Im Halbfinale trifft Ajax nun auf Tottenham Hotspur, das Pep Guardiolas Manchester City aus dem Wettbewerb warf. "Wenn wir spielen wie gegen Real Madrid und Juventus, sollten wir uns gegen die beiden auch selbstbewusst fühlen", sagte ten Hag.

Das Finale ist jetzt drin. Und dann?

Ajax wird nicht verhindern können, dass die aktuelle Mannschaft auseinanderbricht. Neben Abwehrchef de Ligt wechselt auch Mittelfeldstar Frenkie de Jong zum FC Barcelona, die Angreifer David Neres, Dusan Tadic und Hakim Ziyech werden ebenfalls bei Europas Topklubs gehandelt. Der Marokkaner Ziyech übrigens immer öfter beim FC Bayern. Ob er mit ten Hag nach München kommt?

"Ich weiß nicht, was die nächsten Jahre für mich bringen werden, hoffentlich viel Erfolg mit Ajax", sagt der Coach: "Was ich aber weiß: Ich werde nur dort arbeiten, wo ich eine Strategie erkennen und teilen kann."

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