Offener Brief

Verein Go-Vit wendet sich Ministerin


"Bahn und Bus sind nicht vergleichbar" sagt Wolfgang Schlüter, Go-Vit-Vorsitzender.

"Bahn und Bus sind nicht vergleichbar" sagt Wolfgang Schlüter, Go-Vit-Vorsitzender.

Von Redaktion Viechtach

Diesen offenen Brief an Ministerin Kerstin Schreyer hat Go-Vit-Vorsitzender Wolfgang Schlüter geschrieben:

"Sehr geehrte Frau Ministerin, mit größter Verwunderung haben wir die Pressemitteilung vom 24.08.2020 188/2020 gelesen, in der Sie bekannt geben, den Bahnbetrieb zwischen Gotteszell und Viechtach zum September 2021 beenden zu wollen. Auffallend ist sowohl der Zeitpunkt der Veröffentlichung in den Ferien als auch die Tatsache, dass kein politisch Verantwortlicher der Region in den Entscheidungsprozess einbezogen wurde. Die Pressemitteilung zeigt uns, dass Sie aus unserer Sicht nicht umfassend, dafür aber tendenziös beraten wurden. Sie enthält falsche Behauptungen und in keiner Weise werden die enormen Anstrengungen der Region zur Kenntnis genommen.

Wolfgang Schlüter bittet, die Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Wolfgang Schlüter bittet, die Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Mehr Fahrgäste

Wir haben vom Verein aus Zählungen durchgeführt, die zeigen, dass die Strecke gut angenommen wird und sie von deutlich mehr als 500 Fahrgästen pro Tag im Jahresdurchschnitt genutzt wird. Wir konnten im Jahresdurchschnitt zwischen 500 und 600 Fahrgastkilometer nachweisen, was 650 bis 800 Fahrgäste mit Spitzen bis zu 1300 Fahrgäste am Tag bedeutet. Im Rahmen einer statistischen Ungenauigkeit stimmten unsere Ergebnisse mit denen der BEG, soweit sie uns vorlagen, überein. Auch waren deutlich Steigerungen mit den Jahren zu erkennen. Coronabedingt ist die Fahrgastzahl derzeit, wie wohl überall, eingebrochen. Erfreulicherweise nutzen zur Zeit dennoch viele Feriengäste die Bahn.

Wie auch die Studie, die der Landkreis, gemeinsam mit der BEG in Auftrag gegeben hat, zeigt, ist das Potential von 1000 Fahrgastkilometern vorhanden. Um es zu erschließen, müssen jedoch einige Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV getroffen und die Verkehrsträger besser vernetzt werden, wozu der Landkreis bereits seine Bereitschaft beschlossen hat.

"Fahrangebot verbessern"

Auch ist das Fahrangebot deutlich zu verbessern, denn es ist derzeit auf Schüler, Rentner und Touristen abgestellt. Für Berufspendler und Alltagsnutzer besteht weiterhin Verbesserungsbedarf, der auch möglich ist. Solche Maßnahmen benötigen Zeit, die über den Rahmen eines Probebetriebs hinaus gehen. Wir erachten mit der Aussage des Gutachtens die Kriterien, die das Ministerium fordert, als erfüllbar und sehen es als Frage des politischen Willens, den Dauerbetrieb umzusetzen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an den Antrag vom 29.05.2019 Drucksache 18/2107, dem der Landtag zustimmte und beschloss, auch andere Kriterien gerade für den ländlichen Raum miteinzubeziehen. Ihr Ministerium favorisiert Lösungen mit Bussen. Das mag für einige Regionen auch richtig sein. Im Landkreis Regen bestehen Schienenverbindungen, Viechtach - Gotteszell ist der am besten angenommene Zubringer, der einen deutlichen Zuwachs an Fahrgastkilometern im gesamten Waldbahnnetz bringt. Unseren Umfragen nach beträgt der Zugewinn mindestens 30 Prozent der Fahrgastkilometer.

"Falsche Argumente"

Die Argumente Ihres Hause sind falsch: Bahn und Bus sind nicht vergleichbar. Fährt die Bahn nicht mehr, wird mit einem Bus nur ein kleiner Bruchteil der Fahrgäste fahren. Das sind die sozial Schwächsten, die keine Alternative haben. Viele werden dann wieder mit dem Auto fahren oder gar nicht mehr mobil sein.

Feriengäste, die derzeit die Attraktion des Regentals genießen, bleiben aus. Auch werden Feriengäste kaum mit einem Linienbus anreisen. Die Bahn ist einer der passgenauen Verkehrsträger für den ÖPNV in unserer Region, zukunftsfähig und umweltfreundlich. Die Schließung ist ein gewaltiger Rückschlag für die Region.

"Sache überdenken"

Mit Ihrer Entscheidung widersprechen Sie der landes- und bundesweit geplanten Förderung des ÖPNV, besonders des Schienenverkehrs und der Förderung des ländlichen Raums. Die Regionalpolitiker aller Parteien haben sich für die Bahn vor Ort ausgesprochen. Bei dem Bürgerentscheid 2015 haben zweidrittel der Wähler für die Bahn gestimmt. Diese Strecke zu schließen, ist für die meisten Bürger nicht nachvollziehbar.

Wir bitten Sie, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Gerne laden wir Sie ein, um sich selbst vor Ort über eine der schönsten Strecken Deutschlands ein Bild zu machen. (red)