Landshut

Viele Wege führen zur Burg

Doch manche sind seit Jahrzehnten verschlossen – ein idealistisches Konzept soll das ändern


Die von einem LZ-Leser gestaltete Karte zeigt verschiedene Wege zur Burg: Weg Nr. 1 führt sehr steil direkt hinauf zur Nordostec

Die von einem LZ-Leser gestaltete Karte zeigt verschiedene Wege zur Burg: Weg Nr. 1 führt sehr steil direkt hinauf zur Nordostecke der Hauptburg. Weg Nr. 2 ist eine Treppe aus massiven Granitstufen, auch "Wach-Stiege" genannt. Er führt an der alten Stadtmauer vom Skulpturenmuseum hinauf zum Burgschanzl. Weg Nr. 3 besteht aus verlegten Ziegelsteinen und führt an der gesamten Nord- und Westseite der Burg entlang. Der Weg Nr. 4, wohl ein ehemaliger Wirtschaftsweg, ist so angelegt und ausgebaut, dass er auch mit kleinen Fahrzeugen, wie beispielsweise Eselskarren, befahren werden konnte. Weg Nr. 5 ist wohl die Verlängerung des Weges Nr. 4 hin zum Skulpturenmuseum, wo die ehemalige Malzfabrik stand. Dort ist wohl der eigentliche Anfang des Wirtschaftsweges. Weg Nr. 6 ist eine direkte Verbindung von der Neustadt aus, der vermutlich stillgelegt wurde, als die Jesuitenkirche gebaut wurde.

Im Herzen von Landshut gibt es eine rund zehn Hektar große Grünfläche, in die seit 70 Jahren niemand hinein darf. Die Rede ist von der Nordseite des Burgbergs. Sie wurde laut einem LZ-Leser, der ungenannt bleiben möchte, 1945 von den Amerikanern versperrt, um zu verhindern, dass es dort zu verschwiegenen Zusammenkünften unter Nazis kommen könnte. Anscheinend, so vermutet der Leser, hatte die Landshuter Bevölkerung damals andere Sorgen, als sich über versperrte Wege zu erregen, und schon bald hätte man sich daran gewöhnt. Er stellte der Redaktion eine Karte mit alten Wegverbindungen von der Stadt zur Burg zur Verfügung. Denn dort hinauf hat in alter Zeit ein regelrechtes Wegenetz geführt.

So verläuft ein ursprünglich mit Ziegelsteinen gepflasterter Weg in einer sanften Steigung in südlicher Richtung zur Burg Trausnitz, wo er unmittelbar vor dem Torwarthaus auf das Ende der Fürstentreppe trifft. Er ist so angelegt und ausgebaut, dass er beispielsweise von Eselskarren befahren werden konnte. Dort, wo dieser ehemalige Wirtschaftsweg seinen Anfang nimmt, am Nahensteig, ist die Pflasterung noch deutlich erkennbar. Sie verliert sich auf weiten Strecken unter Laub und Geröll und ist zum Teil ganz verschwunden. Man wandert hinter den Gärten von Nahensteig und Alter Bergstraße zur Burg hinauf. Der derzeit von dichtem Gestrüpp flankierte Weg bietet dem Betrachter bislang unbekannte Ansichten der Burg. Eingeweihte wollen entlang der Burgmauern sogar noch einige Rebenstöcke entdeckt haben, aus einer Zeit, als auf den Burghängen noch Wein angebaut wurde.

Und dann wäre da noch ein Weg, der sehr steil, jedoch auch schnell, direkt hinaufführt zur Nordostecke der Hauptburg, als buchstäblich "Naher Steig". Ein weiterer Weg ist eine Treppe aus massiven Granitstufen, der an der alten Stadtmauer hinter dem Polizeipräsidium hinauf zum Burgschanzl führt.

Ein weiterer Weg besteht aus verlegten Ziegelsteinen und führt an der gesamten Nord- und Westseite der Burg entlang, ein anderer führte von der Neustadt aus hinauf. Er wurde vermutlich stillgelegt, als ab 1631 in der Neustadt die Jesuitenkirche gebaut wurde. Die verschiedenen Wege auf der Nordseite des Burgberges wurden über mehr als ein halbes Jahrtausend hinweg von wahrscheinlich mehreren Millionen Füßen und Hufen begangen. Der Boden müsste eigentlich entsprechend verdichtet sein. Dennoch zeigen sich heute Spuren jahrzehntelanger Vernachlässigung.

Stadtarchivar und -heimatpfleger Gerhard Tausche bestätigt die Existenz der alten Wege. Was den angeblich "Nahen Steig" angeht, so bezweifelt er, dass es dort einen direkten Zugang in die Burg gegeben hat. "Man darf nicht vergessen, dass die Burg einst einen Festungscharakter hatte". Allzu viele Möglichkeiten dürfe es also nicht gegeben haben, in die Burg hineinzukommen.

Keine Alternative zu einem Burgaufzug

Bestrebungen, den Wirtschaftsweg vom Nahensteig aus wieder herzurichten, gibt es seit längerem immer mal wieder. Der Stadtrat hat ein entsprechendes Engagement von Seiten der Stadt jedoch bislang abgelehnt. Bauamtsleiter Johannes Doll sagt über diesen Weg, dass er sich in einem bedauerlichen Zustand befindet. Saniert und gepflegt werden könne er nur von Hand, weil man dort nicht mit schweren Geräten vorgehen könne. Der Weg gehört der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, die mit einer Sanierung nur dann einverstanden wäre, wenn die Stadt die Kosten sowie die Unterhaltsverpflichtungen übernähme. Eine Alternative zum Burgaufzeig sei die Sanierung des Weges nicht, so Doll.

Auch die Burgverwaltung sieht sich außer Stande, die Wiederherstellung des Weges zu finanzieren und den Unterhalt zu gewährleisten. Aus der Sicht von Burgverwalter Walter Rappelt wäre die Sanierung des Burgwegs vom Nahensteig aus zwar eine schöne Sache; er hält eine Realisierung jedoch für unwahrscheinlich. Denn zu groß sei allein der Sicherheitsaufwand. Wichtig sei vor allem eine entsprechende Hangverbauung, "weil der immer wieder abrutscht", wie Rappelt sagt. Obendrein sei mit einem öffentlichen Weg ein hoher Pflegeaufwand verbunden, den die Burgverwaltung mit ihrer derzeitigen Besetzung gar nicht bewältigen könne.

Die Wiederherstellung des Weges in seiner ursprünglichen Form, belegt mit Ziegeln und Trittstufen aus stehenden Steinen, dürfte nach Ansicht des Städtischen Gartenamts Kosten von etwa 100.000 Euro verursachen. Diese Schätzung wurde durch das Staatliche Bauamt bestätigt. An den Steilhängen am Hofberg seien die Wege zudem sehr pflegeintensiv. Für die Wintermonate müsste ein Winterdienst bestellt werden, der die gesamte Strecke von Hand zu räumen und zu streuen hätte.

Der Landschaftsarchitekt Helmut Wartner hat sich gerade bei einer gemeinsamen Ortsbegehung mit dem Verein Freunde der Altstadt ein Bild vom Zustand des Wirtschaftsweges gemacht. Er stellte fest, dass dieser sich in einem erstaunlich guten Zustand befinde. Durch die jahrelang vernachlässigte Pflege sei die Oberfläche mit Laub und eingeschwemmtem Kiesmaterial jedoch stark in Mitleidenschaft gezogen. Wartner schätzt die Kosten für die Wiederinstandsetzung auf lediglich rund 40.000 Euro netto. Er schlägt vor, den Weg von Mitte April bis Mitte November zugänglich zu machen, bei einer täglichen Öffnungszeit von 10 Uhr bis 17 Uhr. Entscheidend sei, dass der Weg zweimal jährlich gepflegt und die Wegeoberfläche auf ihre Verkehrssicherheit überprüft werde.

Die Kosten dafür veranschlagt der Landschaftsarchitekt bei einem Aufwand von rund 50 Stunden auf brutto gut 2000 Euro. Denkbar ist für Wartner, dass die Schlösser- und Seenverwaltung das Material und Gerätschaften stellt und Vereine wie die Altstadtfreunde die Arbeit ehrenamtlich beziehungsweise gegen eine Aufwandsvergütung ausführen.