Landshut

Stieftochter jahrelang missbraucht - Täter kommt mit Teilfreispruch davon


Wegen Vergewaltigung wurde ein 59-Jähriger zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Wegen Vergewaltigung wurde ein 59-Jähriger zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Von kö

Wegen Vergewaltigung in 32 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung hat die vierte Strafkammer des Landgerichts den 59-jährigen Bernd K. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Seine Schuld wiegt ungleich schwerer: 15 Jahre lang verging er sich immer wieder an seiner Stieftochter, doch da diese es ab einem bestimmten Zeitpunkt "über sich hat ergehen lassen", fehlte für die angeklagten Taten nach 2004 die rechtliche Grundlage, wie Vorsitzender Richter Oliver Dopheide am Mittwoch in der Urteilsbegründung sagte. Es musste daher ein Teilfreispruch erfolgen.

Der von Staatsanwältin Anna Holzer vertretenen Anklage zufolge war es im Dezember 2001 zum ersten Übergriff gekommen. Trotz heftiger Gegenwehr hatte Bernd K. die damals 14-Jährige vergewaltigt. Fortan verging er sich regelmäßig an ihr. Der letzte Übergriff fand am 30. Juni 2015 statt, nachdem die junge Frau die gemeinsame Tochter zur Welt gebracht hatte. Da soll K. zu seiner Stieftochter gesagt haben, er wolle wieder mit ihr Schlafen, da sie ohnehin wegen der Schwangerschaft lang genug Ruhe gehabt habe. Die Staatsanwaltschaft war schlussendlich auf sexuellen Missbrauch in mindestens 152 Fällen gekommen, in etwa der Hälfte der Fälle soll es auch zum Geschlechtsverkehr gekommen sein. Dabei habe sich die Stieftochter die ersten Jahre noch verbal und körperlich gegen die Übergriffe gewehrt, so die Anklage. Doch aufgrund der Drohung, er werde ihr oder ihrer Mutter Gewalt antun, wenn sie etwas sage, sowie der vermeintlichen Aussichtslosigkeit ihrer Lage, erduldete die Stieftochter ab 2004 den Missbrauch. Der Zeitpunkt war daran festgemacht worden, dass sie damals auch die mittlere Reife absolviert hatte.

Nachdem es nach 2004 keinen Gewalteinsatz mehr gab, fehlte für diese Taten die rechtliche Grundlage, so Richter Dopheide. Erst bei der Vergewaltigung am 30. Juni 2015 habe K. seine Stieftochter wieder gewaltsam zum Geschlechtsverkehr gezwungen, weswegen er für diese Tat auch wieder verurteilt worden sei. Ein Zeuge habe von Druckstellen an den Oberarmen der Geschädigten berichtet, die er wenige Tage nach der Tat gesehen habe. Zudem sei die Kammer grundsätzlich den Angaben der Nebenklägerin gefolgt. Widersprüche habe es durchaus gegeben, so Dopheide, aber auch das aussagepsychologische Gutachten sei eindeutig zugunsten der Nebenklägerin ausgefallen. Dass diese sich den Missbrauch so viele Jahre lang habe gefallen lassen, sei der psychiatrischen Gutachterin zufolge einer dysfunktionalen Mutter-Tochter-Beziehung geschuldet. Die Mutter der Geschädigten soll bereits unmittelbar nach dem ersten Vorfall durch eine Bekannte von dem Übergriff erfahren haben, der sich das Mädchen anvertraut hatte. Statt ihrer Tochter zu glauben, erteilte sie ihr jedoch Hausarrest. Zugleich hatten Zeugen während der sechs Verhandlungstage umfassenden, teils schwierigen Beweisaufnahme berichtet, dass die Mutter kaum in der Lage sei, ein eigenständiges Leben zu führen und sich die Tochter daher verantwortlich für sie fühle. "Mutti war alles für sie", hatte ein Bruder der Geschädigten gesagt.

Bei der Strafzumessung berücksichtigte die Kammer laut Dopheide, dass die Taten bis auf die im Juni 2015 lange zurückliegen und die Gewaltanwendung sich "im unteren Bereich" bewegte. Zu Lasten des zahlreich vorbestraften Staplerfahrers wertete die Kammer aber, dass die Geschädigte zu Beginn des Missbrauchs noch sehr jung gewesen ist, dass es sich um eine mehrfache wiederholte Begehung gehandelt hat und dass K. seine Vertrauensposition als Stiefvater ausgenutzt hat. Zudem habe K. von einer vorrangegangenen Traumatisierung des Mädchens gewusst, so Dopheide. Der leibliche Vater war gewalttätig gegenüber seiner Familie gewesen. Er habe seine Stieftochter und ihre Brüder da raus geholt und ihnen Geborgenheit geboten, hatte Bernd K. dazu gesagt. Durch ihn hätten sie erst gelernt, was eine Familie sei.

Wie berichtet, hatte der 59-Jährige den ihm zur Last gelegten Sachverhalt vehement und wortreich bestritten. Seine Stieftochter habe schon immer gerne Lügengeschichten erzählt, und dass er sie missbraucht habe, sei eine solche Lüge. Dass er der Vater des Kindes ist, das seine Stieftochter 2015 auf die Welt gebracht hat, hatte K. allerdings nicht bestritten: Man habe ein paar Mal Sex gehabt, aber einvernehmlich, und beim ersten Mal sei seine Stieftochter bereits 19 gewesen.