Tumultartige Sitzung

Schließung des Grafenwiesener Freibades ist vom Tisch

Der Gemeinderat segnete nach einstündiger Beratung, zähem Ringen und mit emotionalen Wortbeiträgen folgenden Beschluss ab: Die Gemeinde betreibt das Freibad weiter mit Unterstützung der Interessengemeinschaft Freibad.


Das Familienfreibad Grafenwiesen wird vorerst weiterbetrieben.

Das Familienfreibad Grafenwiesen wird vorerst weiterbetrieben.

Badenixen, Wasserratten, Sonnenanbeter und sonstige Fans des Familienfreibades Grafenwiesen dürfen sich freuen: Die Freizeiteinrichtung wird auch 52 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme ihre Türen für Gäste öffnen. Der Gemeinderat segnete am Montagabend nach einstündiger ausführlicher Behandlung und Beratung, zähem Ringen und mit emotionalen Wortbeiträgen folgenden Beschluss einstimmig ab: Die Gemeinde betreibt das Freibad weiter mit der personellen und finanziellen Unterstützung der Interessengemeinschaft Freibad Grafenwiesen.

Mehr als 30 Zuhörer

Es war eine schwere, aber letztendlich glückliche Geburt im Sitzungssaal des Rathauses, der mit mehr als 30 Zuhörern fast aus seinen Nähten platzte. Der Punkt, weshalb das Gros der Zuhörer gekommen war, war am letzten Punkt der Tagesordnung des öffentlichen Teils platziert. Mit 11:1 Stimmen (ein Ratsmitglied fehlte entschuldigt) entschied das Gremium, den Punkt „Freibad Grafenwiesen: Weiterbetrieb oder Schließung des Bades“ an die erste Stelle zu setzen. Mittlerweile fanden zwei Versammlungen, zu denen Pro-Freibad-Interessenten aufgerufen hatten, statt.

Wie Bürgermeisterin Sabine Steinlechner sagte, könnte das Bad bei finanzieller Bereitstellung der Betriebskosten, beispielsweise durch Spenden, im derzeitigen Zustand, nach den erforderlichen Begehungen und Reparatur der defekten Außenduschen, geöffnet werden. Die erforderliche Generalsanierung sei allerdings nur aufgeschoben. Laut Mitteilung des Landratsamtes sei eine Sanierung der Innenduschen nicht erforderlich, nur eine Wasserprobe des Schwimmbeckens müsse abgegeben und für in Ordnung befunden werden.

Die Wasserhygiene müsse während der Saison gesichert sein. Die Wartung der Chlorgasanlage sei letztes Jahr nicht mehr durchgeführt worden, müsse also ebenso noch erledigt werden wie unter anderem die Anschaffung von Chlorgas (Kosten zirka 3.000 Euro) und Reinigungsmitteln sowie einer frühzeitigen Reinigung des Beckens. Bei Übernahme von Reinigung, Kasse, Kiosk und Einlass sowie der Badeaufsicht während der Öffnungszeiten durch die Interessengemeinschaft oder einen Förderverein könnten die Betriebskosten deutlich gesenkt werden. Die Eintrittspreise müssten mittels Satzungsänderung angehoben werden.

Steinlechner gab an, dass die Gemeinde einen Bauantrag zur Nutzungsänderung für den Kioskbetrieb gestellt habe. Sie formulierte ihren Beschlussvorschlag wie folgt: „Wenn die notwendigen Voraussetzungen finanzieller und organisatorischer Art sichergestellt sind oder geschaffen werden, ist der Gemeinderat mit einer Öffnung des Bades für 2024 einverstanden. Die Gemeinde übernimmt nur die Pflege der Grünanlagen und stellt das Wasser unentgeltlich zur Verfügung.“
Zu einer Abstimmung darüber kam es nicht, denn Vize-Bürgermeisterin Kathrin Amberger bat darum, dass sie mit Ratsmitglied Benita Vogl die von der Interessengemeinschaft erstellte und bei der Versammlung am 8. März präsentierte Agenda als wichtig erachteten Teilbereich vorstellen dürfe. Der Bitte wurde entsprochen. Vogl beleuchtete die historische Seite des Freibades. Dauerhaft sinkende Übernachtungszahlen seien im Falle einer Schließung zu befürchten.

Im Verhältnis zum Gesamthaushalt der Gemeinde, welcher mit 5,25 Millionen angegeben wurde, seien die Freibad-Fixkosten mit 40.000 bis 45.000 Euro ein geringer Bruchteil. „Das sollte der Gemeinde das Bad doch weiterhin wert sein“, meinte Vogl. Verkannt werde nicht, dass die Gemeinde in den vergangenen Jahren mit Sanierungen am Ball hätte bleiben müssen. Amberger ließ wissen, dass die Gründung eines Fördervereins beabsichtigt sei. Man wollte ein „Okay des Gemeinderates“ abwarten. Sie ging auf Möglichkeiten der Kostensenkung an, führte insoweit unter anderem die Anschaffung eines Kassenautomaten ein. Eine Verlängerung der Badesaison mit einem Start schon im Mai würde außerdem für Mehreinnahmen sorgen.

36 Freiwillige

Es hätten schon 36 Personen ihre Bereitschaft zu einem Engagement signalisiert, weitere nach der Versammlung am Freitag. Falls das Bad weiter bestehen bleiben kann, kündigte sie eine dritte Versammlung an. „Das ist das, was wir alle leisten können, aber wir können nicht das ganze Bad alleine schmeißen“, es mangele den Mitgliedern der Interessengemeinschaft an Erfahrung und Zeit. Sie brachte den Vorschlag, zu beschließen, dass das Freibad wie bisher von der Gemeinde betrieben werde, mit Unterstützung der Interessengemeinschaft.

Gegen die Worte „wie bisher“ legte Bürgermeisterin Steinlechner sogleich ihr Veto ein. Das ginge nicht, weil zum 31. März keine Fachkraft für Bäderbetriebe zur Verfügung stehe und die Gemeinde kein Geld habe, diese Stelle neu zu besetzen.
Es entwickelte sich eine zeitintensive Debatte, im Laufe derer sich mehrere Ratsmitglieder zu Wort meldeten. Beispielsweise sagte Oliver Steger, der Vorsitzende des örtlichen Rechnungsprüfungsausschusses, „niemand will, dass das Bad geschlossen wird“. Er verwies jedoch darauf, wie „eng der Haushalt genäht ist“. Michael Haimerl meinte, ein Badbetrieb sei ja auch bislang möglich gewesen. Ein Bademeister sei auch nicht zwingend erforderlich, hier genüge eine mit Rettungsschwimmerabzeichen ausgestattete Badeaufsicht.

Dritter Bürgermeister Andreas Eiser gab den „offensichtlich gegebenen Bürgerwillen zum Erhalt des Freibades“ zu bedenken, „da sollten wir es auf einen Versuch ankommen lassen“. Angesprochen wurde, dass versucht werden soll, den Kiosk zu verpachten und von Pächterseite auch Reinigung und Einlass übernommen würden. Nach fast einer Stunde Tagespunktbehandlung fasste Ratsmitglied Michael Illichmann den Stand der Dinge zusammen: Wenn die Technik weiterhin vom Bauhof bewerkstelligt werde, bliebe die Badaufsicht, über deren Gewährleistung man sich Gedanken machen müsse. Hinsichtlich der Kasse müssten Möglichkeiten eruiert werden. Zu klären blieben die Punkte Kiosk und Einlass. Er schließe sich „der Meinung an, dass wir das versuchen sollten“.

Plötzlich ging es schnell: Ausformuliert wurde der erwähnte Beschlussvorschlag, den das Gremium in trauter Eintracht befürwortete. Die 30 Zuhörer quittierten die Entscheidung mit viel Beifall.