Bad Kötzting

„Diese Sache ist noch nicht ausgestanden!“


In der Streitsache zwischen der Praxis Dr. Claudia Stahl (l.) und Dr. Elisabeth Lerche - hier im Interview mit einem Sat.1-Reporter - und der AOK Bayern gibt es Neuigkeiten: Ab nächstem Quartal führt die AOK den Hausarztvertrag fort. Doch damit geben sich die Ärztinnen nicht zufrieden. (Foto: Zitzelsberger)

In der Streitsache zwischen der Praxis Dr. Claudia Stahl (l.) und Dr. Elisabeth Lerche - hier im Interview mit einem Sat.1-Reporter - und der AOK Bayern gibt es Neuigkeiten: Ab nächstem Quartal führt die AOK den Hausarztvertrag fort. Doch damit geben sich die Ärztinnen nicht zufrieden. (Foto: Zitzelsberger)

Im Streit zwischen der Praxis Dr. Elisabeth Lerche/Dr. Claudia Stahl und der AOK Bayern wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen: Am Mittwoch erhielten alle Patienten der Ärztinnen ein Schreiben, in dem die Krankenkasse mitteilt, dass man "auf unbürokratischem Weg" ab 1. April wieder am AOK-Hausarztvertrag teilnehmen könne. Was auf dem ersten Blick wie ein Einlenken der AOK aussieht, ist in den Augen von Dr. Elisabeth Lerche höchstens "ein Zugeständnis". "Man merkt, dass es in die richtige Richtung geht. Aber das reicht uns noch lange nicht!", protestiert die Medizinerin.

In ihrer schriftlichen Mitteilung an die Patienten gibt die AOK den schwarzen Peter an den Bayerischen Hausärzteverband weiter. "Allein der Bayerische Hausärzteverband ist für die Richtigkeit der Daten und deren korrekten Übermittlung verantwortlich", heißt es hier. Und weiter: "Adressänderungen bewirken ein Teilnahmeende am AOK-Hausarztvertrag. Wir haben Sie deshalb mit Schreiben vom 15. Januar 2013 über das Ende Ihrer Teilnahme zum 31. Dezember 2012 am AOK-Hausarztvertrag informiert."

"Wie im schlechten Film"

Für Patienten, die - wenn sie wollen - ohne weiteres Zutun am 1. April wieder in das Hausarztmodell eingeschrieben werden, hat das ganze Hin und Her keinerlei Konsequenzen.

Anders sieht das aus für die Ärztinnen, für die nach dem "Umzug, der kein Umzug war" die Welt auf dem Kopf steht. "Das ist alles wie in einem schlechten Film", klagt Elisabeth Lerche. Die von der AOK vorgeschlagene Lösung ist für sie nicht akzeptabel: "Wenn für dieses Quartal der Hausarztvertrag gekündigt bleibt, hätte das für unsere Praxis verheerende Folgen", sagt sie und fügt erklärend hinzu, "in diesen drei Monaten müsste fast jede einzelne Behandlung anders abgerechnet werden."

Zum besseren Verständnis: Je nachdem, ob ein Patient am Hausarztmodell teilnimmt oder nicht, wird über den Bayerischen Hausärzteverband oder die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet. Die Ärztinnen müssten also für den Zeitraum von Januar bis März jede Behandlung rekapitulieren und, falls es sich um einen Teilnehmer an Hausarztmodell handelt, neu abrechnen. "Das wäre ein ungeheuerlicher bürokratischer Aufwand. Ich weiß gar nicht, wie wir das schaffen sollten", empört sich die Bad Kötztingerin.

War die Kündigung legal?

Zumal man sich, so Elisabeth Lerche, "nichts aber auch gar nichts" habe zuschulden kommen lassen. Ganz im Gegenteil. Sie sieht die AOK in der Pflicht, die rein rechtlich die Kündigung gar nicht hätte aussprechen dürfen. Der zwischen dem Bayerischen Hausärzteverband und der AOK vereinbarte Vertrag könne nämlich nur vom Patienten - falls ihm nach einem Umzug der Praxis der Weg zu weit ist - gekündigt werden, nicht aber von der AOK.

Die AOK ihrerseits beruft sich auf interne Statuten, die besagen, dass eine Kündigung möglich ist, wenn der Arzt den Sitz der Praxis verlegt. "Aber in diesem Fall gab es ja überhaupt keinen Umzug!", so Elisabeth Lerche, der Verzweiflung nahe.

"Wir wehren uns weiterhin"


Diese ganze Tragikomödie entstand, wie die Kötztinger Zeitung mehrmals berichtete, nur deswegen, weil die Hausnummer des Gebäudes, in dem die Praxis untergebracht ist, nach 28 Jahren aus formalen Gründen von Metzstraße 5 auf Metzstraße 6 geändert wurde.

Diese Adressänderung sorgte für einen medial begleiteten, aufsehenerregenden Rechtsstreit, der nach einem Beitrag im Bayerischen Fernsehen nun auch von Sat.1 aufgegriffen wurde: Am Mittwoch Nachmittag kam ein Reporter des Privatsenders in die Praxis, um einen Beitrag - der Sendetermin ist noch nicht bekannt - über diese possenähnliche Story zu drehen. Auch vor laufender Kamera bekräftigten die Ärztinnen: "Diese Sache ist noch nicht ausgestanden. Wir werden uns auch weiterhin vor Gericht gegen die ungerechtfertigte Kündigung wehren!"