Haushalt
Zweiter Shutdown-Monat begonnen: Das sind die Konsequenzen
Seit einem Monat geht in vielen Behörden und Institutionen in den USA kaum noch etwas. Die Republikaner von US-Präsident Donald Trump und die Demokraten können sich nicht auf einen Bundeshaushalt einigen. Eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht.
Der bislang längste Shutdown dauerte 35 Tage. Experten halten es durchaus für wahrscheinlich, dass der jetzige Stillstand noch Wochen andauern könnte.
Das amerikanische Parlament - der Kongress - konnte sich bis Ende September nicht auf einen neuen Bundeshaushalt einigen. Ein Entwurf von Trumps Republikanischer Partei für einen Übergangsetat fand keine erforderliche Mehrheit. Zuvor war ein demokratischer Vorschlag gescheitert. Weil keine Mittel mehr zur Verfügung stehen, kamen Teile der Regierungstätigkeit zum Erliegen. Nicht als systemrelevant eingestufte Institutionen wie das Büro für Arbeitsmarktstatistik mussten schließen oder ihre Angestellten in Zwangsurlaub schicken. Die Regierungsarbeit kommt also bei einem Shutdown in großen Teilen zum temporären Stillstand, bis die Haushaltssperre gelöst ist.
Ein zentraler Knackpunkt ist die Debatte um die Gesundheitsausgaben:
- Medicaid: Die Demokraten wollen Kürzungen beim staatlichen Vorsorgeprogramm für einkommensschwache Menschen rückgängig machen. Diese Einschnitte waren Teil von Trumps großem Steuergesetz. Die Republikaner lehnen Änderungen ab, weil das Gesetz erst im Sommer verabschiedet wurde.
- Obamacare: Die Republikaner wollen die Subventionen für private Krankenversicherungen begrenzen. Die sollen nur noch zwei Jahre lang und auch nur für Menschen mit legalem Aufenthaltsstatus gelten. Die Demokraten halten dagegen eine dauerhafte Fortsetzung der Zuschüsse für angemessen, um Millionen von Amerikanern den Zugang zu einer bezahlbaren Krankenversicherung zu sichern. Denn in den USA gibt es im Gegensatz zu Deutschland keine allgemeine staatliche Krankenversicherung.
Ab heute werden dann neue Krankenversicherungsprämien festgelegt - weil über eine Verlängerung der Subventionen bislang nicht entschieden ist, könnten die Eigenanteile vieler Versicherter deutlich steigen.
Allerdings könnten sich die Republikaner damit selbst schaden: Laut gemeinnütziger Kaiser Family Foundation leben etwa drei Viertel der Begünstigten in Bundesstaaten, die Trump bei der vergangenen Präsidentschaftswahl gewonnen hatte. Steigende Kosten träfen die eigene Wählerbasis - und innerhalb der Partei dürfte die Debatte darüber stärker werden, ob ideologische Prinzipien oder die Interessen der eigenen Wählerinnen und Wähler schwerer wiegen.
Etliche Regierungsmitarbeiter erhalten kein Gehalt mehr, auch wenn es meist doch noch rückwirkend ausgezahlt wird. Viele von ihnen leben - wie auch zahlreiche andere Amerikaner - von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben kaum Rücklagen. Beschäftigte in wichtigen Bereichen wie Militär, Grenzschutz, Notfalldienste oder Luftsicherung arbeiten zunächst unbezahlt weiter - das Geld wird in der Regel nachträglich gezahlt. Kongressmitglieder und der Präsident bekommen ihr Gehalt weiter. Für Subunternehmer ist eine Nachzahlung nicht garantiert.
Der parteiübergreifende Think-Tank Bipartisan Policy Center schätzt, dass Ende Oktober mindestens 670.000 Regierungsmitarbeiter zwangsweise in den Urlaub geschickt wurden. Etwa 730.000 weitere Mitarbeiter arbeiten unbezahlt. Viele bangen zudem um ihre Jobs. Die Regierung wollte Stellen dauerhaft streichen. Entlassungen im Zuge des Shutdowns wurden vorläufig gerichtlich untersagt.
Für Regierungsmitarbeiter gibt es mittlerweile einige Hilfsangebote. Die gemeinnützige World Central Kitchen zum Beispiel teilte Essen an zwangsbeurlaubte Angestellte aus. Manche Restaurants und Bars in Washington bieten spezielle Rabatte bei Vorlage eines Dienstausweises an. An Flughäfen spendeten Airlines Mahlzeiten an betroffene Angestellte.
Die Haushaltssperre wirkt sich in mehrfacher Hinsicht negativ auf die Wirtschaft aus. Die vielen Regierungsmitarbeiter müssen ihre Ausgaben herunterfahren - die Konsumlaune im gesamten Land rutscht ab. Zudem vergeben Behörden und Institute keine Aufträge mehr, so dass auch die Privatwirtschaft unter den fehlenden Ausschreibungen leidet.
Das überparteiliche Haushaltsbüro des Kongresses schätzte jüngst, dass der US-Wirtschaft bei einer Shutdown-Dauer von vier und acht Wochen sieben bis 14 Milliarden Dollar (sechs bis zwölf Milliarden Euro) dauerhaft verloren gehen.
Das ist deutlich mehr als beim bisher längsten Shutdown über den Jahreswechsel 2018/19: Dem Haushaltsbüro zufolge gingen damals insgesamt drei Milliarden Dollar an Wirtschaftsleistung dauerhaft verloren. Mit „dauerhaftem“ Verlust ist jener Teil der entgangenen Wirtschaftsaktivität gemeint, der selbst nach dem Ende eines Shutdowns etwa durch nachträgliche Gehaltszahlungen und Projektvergaben nicht kompensiert werden kann.
Nach Regierungsangaben erhalten rund 42 Millionen Amerikaner Essensmarken - ihnen droht zu Beginn des Novembers der Ausfall von Lebensmittelhilfen. Betroffen sind vor allem Familien mit geringem Einkommen, Alleinerziehende und Ältere, die auf monatliche Leistungen des sogenannten SNAP-Programms angewiesen sind („Supplemental Nutrition Assistance Program“). Dutzende Städte klagen deswegen gegen die Regierung. Zuletzt hatte eine Bundesrichterin die Trump-Regierung in einer vorläufigen Anordnung dazu angewiesen, staatliche Lebensmittelhilfen aufrechtzuerhalten.
Ferner werden Medien zufolge Anträge bei Behörden nur verzögert bearbeitet. Im Flugverkehr häufen sich Verspätungen und Ausfälle. Touristen, die in die Vereinigten Staaten wollen, müssen etwa für die Visumbearbeitung oder die Einreise mehr Zeit einplanen. Auch das Kulturangebot ist beeinträchtigt: Zahlreiche Museen - auch die der Smithsonian Institution - sind geschlossen. Nationalparks bleiben zwar offen, allerdings nicht die Besucherzentren vor Ort.
Umfragen zufolge macht eine Mehrheit der Amerikaner die Republikaner für die Haushaltssperre verantwortlich. Das könnte wiederum den Demokraten bei den anstehenden Wahlen zugutekommen. Am 4. November 2025 werden die neuen Bürgermeister von New York und New Jersey sowie die neue Gouverneurin des Bundesstaates Virginia gewählt. Die Ergebnisse gelten als Stimmungstest für die wichtigen Kongresswahlen (Midterms) im November 2026.
Ende November steht mit Thanksgiving (Erntedankfest) einer der wichtigsten US-Feiertage bevor. Traditionell reisen dann Hunderttausende zu ihren Familien und Freunden. Angesichts der ohnehin schwierigen Personalsituation an den Flughäfen könnten dann kurzfristige Reiseänderungen die Stimmung im Land noch weiter trüben.
Mit dem 4. November würde der Shutdown so lange dauern wie 2018, als sich der Stillstand 35 Tage langgezogen hatte. Auch damals regierte Trump die USA. Erst, nachdem die Mehrheit der Bevölkerung die Republikaner für die Haushaltsblockade verantwortlich gemacht und sich wirtschaftliche Verluste angehäuft hatten, bewegten sich beide Parteien aufeinander zu. Trump unterschrieb am 25. Januar 2019 ein Gesetz, das die teilweise Wiederaufnahme der Regierungsgeschäfte ermöglichte.









