Parlamentswahl

Sanna Marin in Finnland abgewählt: Wahlsieg für Konservative

Die Sozialdemokraten haben ihre Position als stärkste politische Kraft verloren. Damit steht Finnland vor einem Regierungswechsel, zunächst aber vor schwierigen Sondierungsgesprächen. Was wird aus Marin?


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Ministerpräsidentin Sanna Marin reagiert auf die Ergebnisse der Parlamentswahl.

Sanna Marin ist eine Gewinnerin der Parlamentswahl in Finnland - und dennoch hat sie gleichzeitig verloren. 2,2 Prozentpunkte legten ihre Sozialdemokraten bei der Wahl am Sonntag zu, mit fast 20 Prozent der Stimmen erzielten sie ihr bestes Ergebnis seit 16 Jahren.

Das Problem der 37-Jährigen: Ihre beiden größten Konkurrenten - die Konservativen und die Rechtspopulisten - verzeichneten noch stärkere Zugewinne. Damit sieht es in Helsinki stark nach einem Regierungswechsel aus. Der konservative Ex-Finanzminister Petteri Orpo wird aller Voraussicht nach nächster Regierungschef in dem Land mit 5,5 Millionen Einwohnern. Die Koalitionsverhandlungen dürften jedoch lang und zäh werden.

"Das ist ein beträchtlicher Umschwung von links nach rechts", sagte der Politikwissenschaftler Juhana Aunesluoma von der Universität Helsinki der dpa. Während die populäre Regierungs- und Parteichefin Marin die sozialdemokratischen Wähler bei der Stange habe halten können, hätten alle vier weiteren Regierungsparteien sehr schlecht abgeschnitten. Ein Grund dafür sei, dass Marins Mitte-links-Koalition äußerst zerstritten gewesen sei.

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Petteri Orpo wird wohl der Nachfolger von Sanna Marin.

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Die Vorsitzende der rechtspoulistischen Finnen-Partei, Riikka Purra.

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Stimmabgabe in einem Wahllokal in Helsinki. Finnland hat ein neues Parlament gewählt.

Orpo sprach von einem "großen Sieg" seiner Konservativen. Dem 53-Jährigen kommt als Vorsitzendem der stärksten Partei die Aufgabe zu, als Erster die Möglichkeiten zur Bildung einer neuen Regierung auszuloten. Hat er damit Erfolg, dürfte Orpo neuer finnischer Ministerpräsident und damit Marins Nachfolger werden.

Für eine Mehrheit der 200 Sitze im Parlament werden jedoch mindestens drei Parteien benötigt - und solch ein Bündnis ist nicht leicht zu schmieden. Die Konservativen erreichten 48 Mandate, die Finnen-Partei 46, die Sozialdemokraten 43. Auf welche Partei Orpo zuerst zugehen wird, ist offen. Der 53-Jährige hat keine Koalitionsmöglichkeit ausgeschlossen - anders als Marin, die wie andere linksgerichtete Parteien schon im Wahlkampf klargemacht hatte, keine gemeinsame Sache mit der Finnen-Partei zu machen.

Marin ist seit Ende 2019 finnische Ministerpräsidentin. Sie führt eine aus fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition an und wird von vielen Finninnen und Finnen als moderne und schlagkräftige Regierungschefin geschätzt. Ihre Regierung führte das nördlichste Land der EU erst durch die Corona-Pandemie und dann gemeinsam mit Präsident Sauli Niinistö durch den in Kürze abgeschlossenen Nato-Beitrittsprozess: Alle 30 Bündnismitglieder haben der Aufnahme der Finnen zugestimmt, in wenigen Tagen wird Finnland offiziell 31. Mitglied der Verteidigungsallianz.

Im Wahlkampf spielte der Nato-Beitritt allerdings keine Rolle. Unter den Finnen hat sich seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ein parteiübergreifend breiter Konsens herausgebildet, den Anschluss an das westliche Verteidigungsbündnis zu unterstützen. Zuvor war das Land in dieser Frage über viele Jahre gespalten gewesen. Stattdessen ging es im Wahlkampf vor allem um innenpolitische Themen wie den Staatshaushalt. Marins Gegner warfen ihr vor, die Staatsschulden in die Höhe getrieben zu haben.