Diplomatie

Moskau wirft Berlin Ausweisung von Diplomaten vor


Russische Diplomaten haben Berlin verlassen, Moskau wiederum hat mehr als zwanzig deutsche Diplomaten ausgewiesen. Nach Angaben des Außenministeriums in Moskau hat Deutschland über eine "massenhafte" Ausweisung russischer Diplomaten entschieden. Es handele sich um neue "feindliche Handlungen" Deutschlands gegen Russland, teilte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa in Moskau mit. Eine russische Regierungsmaschine mit einer Sondergenehmigung landete am Samstag in Berlin und kehrte dann wieder nach Russland zurück.

Es war unklar, wie viele Russen Deutschland ausgewiesen hat, beziehungsweise wie viele ausgereist sind. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte zunächst nur, dass die Bundesregierung in den vergangenen Wochen Gespräche mit Russland zur Präsenz an den jeweiligen Auslandsvertretungen geführt habe, "mit dem Ziel einer Reduzierung der russischen nachrichtendienstlichen Präsenz in Deutschland". Weiter hieß es: "Die heutige Ausreise von russischen Botschaftsangehörigen steht damit in Zusammenhang." Dazu, ob es sich um eine Ausweisung handelte, machte das Außenamt auch auf Nachfrage keine Angaben.

Allerdings wurde bestätigt, dass ein russischer Sonderflug im Zusammenhang stehe mit Gesprächen mit Russland. Am Morgen war eine russische Regierungsmaschine mit Sondergenehmigung von Moskau nach Berlin geflogen. Das Flugzeug vom Typ Iljuschin Il 96-300 landete am Nachmittag wieder in der russischen Hauptstadt auf dem Flughafen Wnukowo. Eine Bestätigung dafür, dass die russischen Diplomaten an Bord dieser Maschine waren, gab es indes zunächst weder aus Moskau noch aus Berlin.

In Moskau sagte Ministeriumssprecherin Sacharowa dem staatlichen Militärfernsehsender Swesda, dass mehr als 20 deutsche Diplomaten ausgewiesen würden, ohne eine genaue Zahl zu nennen. Zuvor hatte sie aber angekündigt, dass Moskau auf die "massenhafte Ausweisung" russischer Diplomaten aus Deutschland ebenbürtig reagieren werde. Sie hatte gesagt, dass sich Deutschland zuerst zu dem "feindlichen" Schritt entschieden habe.

Sacharowa warf der deutschen Seite vor, die Ausweisung der Diplomaten vorab an Medien durchgestochen zu haben, obwohl es Versicherungen gegeben habe, die Sache diskret zu behandeln. Sacharowa sagte nicht, worauf und auf welches Medium sie sich konkret bezog. "Wir verurteilen dieses Vorgehen Berlins aufs Schärfste, das weiter demonstrativ die gesamte Bandbreite der russisch-deutschen Beziehungen zerstört, einschließlich ihrer diplomatischen Dimension", hieß es in der Mitteilung des Außenministeriums.

Es werde eine "bedeutende Begrenzung der maximal zulässigen Zahl an Mitarbeitern der deutschen diplomatischen Vertretungen" in Russland geben, sagte Sacharowa. Der deutsche Botschafter Géza Andreas von Geyr in Moskau sei darüber bereits Anfang dieses Monats in Kenntnis gesetzt worden.

"Wir weisen die Darstellung der Sprecherin des russischen Außenministeriums zurück", hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin - welche Darstellung genau zurückgewiesen wurde, blieb aber auch auf Nachfrage unklar. Die Aussage fiel im Zusammenhang mit dem Verweis auf die genannten Gespräche zur Reduzierung russischer Nachrichtendienstler in Deutschland.

Deutschland und Russland hatten im Zuge ihrer schweren Spannungen in der Vergangenheit immer wieder gegenseitig Diplomaten ausgewiesen. Schon jetzt sind die Vertretungen stark ausgedünnt, die Dienstleistungen für deutsche Staatsbürger sind deutlich reduziert oder mit längeren Wartezeiten etwa bei der Ausstellung von Dokumenten verbunden. Die Lage hat sich mit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine deutlich verschärft.

Russland hatte im April vorigen Jahres 40 deutsche Diplomaten zu "unerwünschten Personen" erklärt und damit deren Ausweisung verfügt. Insgesamt waren damals mehr als 100 Deutsche betroffen, weil auch Familienangehörige mit ausreisen mussten. Allein diese Zahl vor einem Jahr entsprach etwa einem Drittel des deutschen diplomatischen Corps in Russland. Dies wiederum war eine Reaktion auf die Ausweisung von 40 russischen Diplomaten Anfang April 2022, die nach Angaben Berlins in Deutschland als mutmaßliche Spione tätig gewesen sein sollen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges haben die EU und Russland jeweils Hunderte Diplomaten ausgewiesen.

Die Bundesregierung hatte auch schon vor dem Krieg mehrfach russische Diplomaten als Sanktion ausgewiesen. Im Dezember 2021 erklärte sie als Konsequenz aus einem Berliner Mordurteil gegen einen Russen zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft zu "unerwünschten Personen" und zwang sie damit zur Ausreise. Russland reagiert auf solche Ausweisungen, wie es in Moskau heißt, immer wieder "spiegelgerecht".

Der Flug der russischen Regierungsmaschine weckte am Samstag Interesse und wurde in sozialen Medien diskutiert. Das Flugzeug habe eine sogenannte Diplomatic Clearance gehabt, sagte ein Sprecher der Luftwaffe am Samstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zur Fracht oder zu Passagieren machte er keine Angaben. Nachdem die EU im Februar 2022 die Flughäfen und den Luftraum der EU für alle russischen Luftfahrtunternehmen gesperrt hat, sind russische Maschinen selten. Auch Russland hat seinen Luftraum gesperrt für Flüge aus der EU. Ausnahmen sind aber mit Sondergenehmigungen möglich.