Regierungsbildung wird schwierig

Linke gewinnt Landtagswahl in Thüringen, AfD zweitstärkste Kraft


Feiern ein historisches Ergebnis: Katja Kipping (l), Parteivorsitzende Die Linken, und Susanne Hennig-Wellsow, Landesvorsitzende der Linken in Thüringen.

Feiern ein historisches Ergebnis: Katja Kipping (l), Parteivorsitzende Die Linken, und Susanne Hennig-Wellsow, Landesvorsitzende der Linken in Thüringen.

Von Markus Giese

Ministerpräsident Ramelow würde gerne seine rot-rot-grüne Koalition in Thüringen fortsetzen. Doch daraus wird nichts - trotz eines historischen Ergebnisses seiner Partei bei der Landtagswahl.

Erfurt - Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow hat die Landtagswahl in Thüringen gewonnen - und ist erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft. Die bisherige Koalition aus Linke, SPD und Grünen verlor aber ihre Mehrheit.

Die CDU, die zuvor seit 1990 stets die meisten Stimmen bekommen hatte, stürzte am Sonntag auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Sie lag knapp hinter der AfD auf Platz drei, die ihr Resultat mehr als verdoppelte. Ramelow reklamierte den Regierungsauftrag erneut für sich. Die Suche nach einer neuen Koalition dürfte aber äußerst schwierig werden.

Nach dem vorläufigen Ergebnis verbesserte sich die Linke auf 31,0 Prozent (2014: 28,2) und kam auf das beste Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. Die CDU von Spitzenkandidat Mike Mohring sackte auf 21,8 Prozent (2014: 33,5 Prozent) - ein Minus von knapp 12 Prozentpunkten. Die AfD, die in Thüringen vom Wortführer des rechtsnationalen Flügels, Björn Höcke, geprägt wird, sprang von 10,6 auf 23,4 Prozent. Die SPD rutschte weiter ab: auf den neuen Tiefstand von 8,2 Prozent (12,4). Die Grünen lagen bei 5,2 Prozent (5,7). Die FDP kam auf 5,0 Prozent (2,5 Prozent) und zog damit wieder in einen ostdeutschen Landtag ein.

Ramelow sagte am Abend: "Ich sehe mich ganz klar bestätigt. Bei dem Zustimmungswert, den meine Partei bekommen hat, ist der Regierungsauftrag klar bei meiner Partei. Und ich werde diesen Auftrag auch annehmen."

Landtagswahl in Thüringen - wie ist die Sitzverteilung?

Der neue Landtag wird 90 Sitze haben. Dem Landeswahlleiter zufolge kommt die Linke auf 29 Sitze, die CDU auf 21, AfD auf 22. Die SPD könnte 8 Abgeordnete in den Landtag entsenden, Grüne und FDP lägen bei jeweils 5 Mandaten.

Rein rechnerisch wäre demnach eine Koalition aus Linke, SPD, Grünen und FDP möglich. Sie überschritt die erforderliche Mehrheit von 45 Sitzen. Rot-Rot-Grün verpasste die Mehrheit mit 42 Sitzen. Ebenfalls rechnerisch eine Mehrheit hätten Linke und CDU. CDU-Spitzenkandidat Mohring hatte vor der Wahl eine Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch mit der Linkspartei aber ausgeschlossen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bekräftigte am Sonntagabend: "Unser Wort gilt nach den Wahlen genau wie wir es vor den Wahlen gesagt haben."

Die wichtigsten Daten zur Thüringen-Wahl.

Die wichtigsten Daten zur Thüringen-Wahl.

Höcke schießt gegen Ramelow, Scholz enttäuscht über Klatsche

AfD-Spitzenkandidat Höcke sagte zu den Zugewinnen seiner Partei: "Das ist ein klares Zeichen der Thüringer: So geht es nicht weiter." Die AfD sei auf dem Weg zur gesamtdeutschen Volkspartei. "Fakt ist, die Regierung Ramelow ist abgewählt, und das ist gut für Thüringen." Mohring zeigte sich vom Ergebnis enttäuscht. "Dass die politische Mitte keine Mehrheit bekommen hat, ist das bittere Ergebnis dieses Wahlabends."

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) reagierte enttäuscht auf das historisch schlechte Abschneiden seiner Partei. "Das Ergebnis ist natürlich nicht schön. Am meisten bedrückt natürlich das Wahlabschneiden der AfD, das hier vorhergesagt wird", sagte er in der ARD. "Das ist etwas, was mich bedrückt."

2019 vier Landtagswahlen in Deutschland

Mehr als 1,7 Millionen Thüringer waren aufgerufen, mit ihrer Stimme über die Zusammensetzung des nächsten Landtags zu entscheiden. Thüringen wird seit 2014 als einziges Bundesland von einem Ministerpräsidenten der Linkspartei regiert. Nach der Wahl vom September 2014 trat Ramelow am 5. Dezember sein Amt als Chef der Landesregierung an. Vor ihm hatten vier CDU-Politiker Thüringen regiert. Im Erfurter Landtag hatte die rot-rot-grüne Regierung nur eine knappe Mehrheit von 46 der 91 Stimmen. Bis 2014 wurde Thüringen ununterbrochen von der CDU regiert. 1999 hatte sie mit 51,0 Prozent ihr bestes Ergebnis erreicht.

Die Landtagswahl in Thüringen beendet das Wahljahr 2019, in dem es insgesamt vier Landtagswahlen - darunter drei in Ostdeutschland - sowie die Europawahl gab.