Landtagswahl

Keine Experimente oder Zeitenwende - Bayern startet ins Wahljahr


Die Landtagswahl findet am 8. Oktober 2023 statt. (Symbolbild)

Die Landtagswahl findet am 8. Oktober 2023 statt. (Symbolbild)

Von Von Marco Hadem, Christoph Trost und Michael Donhauser, dpa

Auch wenn es immer wieder mal heftig zwischen CSU und Freien Wählern knirschte - für 2023 haben sie die Fortsetzung ihrer Koalition fest im Blick. Trotzdem stehen hinter dem Wahlausgang viele Fragezeichen.

Den 14. Oktober 2018 dürfte Markus Söder nicht gerade in guter Erinnerung behalten haben: Bei der Landtagswahl fährt seine CSU mit ihm als Spitzenkandidaten und amtierenden Ministerpräsidenten ein historisches Debakel ein. Er ist historisch, weil die bis dato alleinregierenden Christsozialen 10,5 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2013 einbüßten. In den Geschichtsbüchern hat es auch deshalb eine hohe Bedeutung, weil es (vorerst) den Abschied der CSU von der absoluten Mehrheit markiert, mit der sie den Freistaat seit 1966 mit nur einer Unterbrechung bis 2018 regierte.

Die nächste Wahl in Bayern steht am 8. Oktober an. An eine Trendwende wie 2013 glaubt in der CSU-Spitze wohl kaum jemand. Damals hatte die CSU unter Horst Seehofer nach der CSU-Pleite 2008 womöglich letztmals so viele Stimmen bekommen, dass es wieder für die Alleinregierung reichte. Unter den Namhaften in der Partei sind längst nur noch Aussagen von zwei Ehrenvorsitzenden bekannt, wonach die CSU das Ziel nicht für immer aufgeben dürfe (Seehofer) und das Potenzial nach wie vor vorhanden sei (Edmund Stoiber).

Von Söder, ansonsten nicht unter mangelndem Selbstbewusstsein leidend, sind derartige Aussagen nicht zu hören - selbst als die CSU in der Corona-Krise zwischen April 2020 und Februar 2022 in Umfragen die absolute Mehrheit holte, blieb er skeptisch, warnt seither lieber vor Selbstüberschätzung und lobt vielmehr die Koalition mit den Freien Wählern. So auch jüngst im Landtag: "Mein Wunsch wäre, dass wir das genauso fortsetzen." Und mehr noch: "Ich würde mir das übrigens nicht nur für das nächste Jahr, sondern auch für die Zukunft wünschen."

Während Söder für seine Schicksalswahl - ein schlechteres Ergebnis als 2018 bei der Landtagswahl oder der Bundestagswahl 2021 dürfte ihm die Partei nicht verzeihen - also bewusst kleine Brötchen backt, sieht die Lage bei den mitregierenden Freien Wählern anders aus: Parteichef und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger hofft darauf, 2023 die Grünen als zweitstärkste Kraft ablösen zu können - räumt aber ein: "Und wenn es nicht klappt, ist das auch kein Beinbruch."

Freie Wähler aktuell drittstärkste Kraft

In aktuellen Umfragen sind die Freien Wähler mit Werten um die zehn bis elf Prozent klar drittstärkste Kraft. Die CSU liegt an der Spitze mit 39 bis 41 Prozent, die Grünen stabil bei 18 Prozent. Bei der Wahl 2018 hatten die Freien Wähler mit 11,6 Prozent ihr bestes Ergebnis überhaupt erzielt. Die SPD liegt bei 10 Prozent, die FDP immer wieder unter 5 Prozent und die AfD bei 8 bis 10 Prozent.

Aiwanger betont stets sein Interesse an der Fortführung der Koalition: "Ich gehe davon aus, dass dies klappen wird und wir somit keine gesellschaftspolitischen Experimente in Bayern durchmachen müssen." Beide bürgerliche Parteien eint, dass sie sich damit auch künftig als Gegenentwurf zur Ampelregierung im Bund präsentieren können. Wäre Söder mit den Grünen, FDP oder SPD in einer Koalition, müsste er da ohne Zweifel mehr Disziplin an den Tag legen.

Es ist durchaus bemerkenswert, wie klar Söder die Koalition mit den Freien Wählern zum Wahlziel erklärt hat. Vor der Wahl 2018 machten sich in der CSU bei ähnlichen Äußerungen der Freien Wähler noch viele lustig und sprachen von einem überbordenden Wunsch nach Macht. Inzwischen glaubt Söder sogar, das bayerische Wahlvolk sähe absolute Mehrheiten skeptisch, eine Alleinregierung werde als nicht mehr zeitgemäß empfunden.

Trotz aller demonstrativer Einigkeit: Sollte der Plan aufgehen, dürfte es aber bei den Koalitionsverhandlungen wieder spannend werden. Mit einem verbesserten Wahlergebnis und dem Wissen um Söders Prämisse könnten Aiwanger und Co. bei den Verhandlungen auf einen höheren Preis - also mehr Ministerien oder Zuständigkeiten - hoffen. "Das hängt vom konkreten Ergebnis ab", sagt Aiwanger. Grundsätzlich seien die drei "schwergewichtigen Ministerien" der laufenden Wahlperiode eine gute Wahl gewesen.

"Wir Grüne sind bereit für die bayerische Zeitenwende"

Auch wenn die Regierungsparteien geschlossen und mit komfortablen Werten in Umfragen ins Wahljahr mit dem Motto "Weiter so" starten, hinter dem Wahlausgang stehen noch viele Fragezeichen. Schenkt man den Umfragen Glauben, muss das bürgerliche Lager keine Mehrheit gegen sich fürchten. Für eine Bayern-Ampel fehlt Rot-Gelb-Grün die Kraft - in Summe liegen sie gerade einmal bei 30 bis 33 Prozent.

Zudem muss die FDP erstmal wieder den Sprung in den Landtag schaffen. Dies ist ähnlich unklar wie 2018. Die SPD in Bayern konnte noch immer keinen Trendwechsel etablieren und dümpelt weiter am Rande der Einstelligkeit. Bei der AfD ist davon auszugehen, dass sie erneut ins Maximilianeum einziehen wird.

Bleiben noch die Grünen: "Wir Grüne sind bereit für die bayerische Zeitenwende", sagt Landeschef Thomas von Sarnowski und macht damit einmal mehr die Regierungsverantwortung zum erklärten Ziel. Doch dies dürfte wegen Bayerns Besonderheit mit den Freien Wählern als bürgerlichen Koalitionspartner erst einmal ein Wunsch bleiben.