Nahostexpertin

Yahya: Direkter Angriff Irans auf Israel ist ein Wendepunkt


sized

US-Präsident Joe Biden telefonierte mit Netanjahu.

Von dpa

Die bekannte Nahostexpertin Maha Yahya hat den direkten und massiven Angriff des Irans auf Israel in der Nacht zum Sonntag als Wendepunkt in dem schon seit langem währenden Konflikt dieser beiden Ländern bezeichnet. "Wir stehen offen gesagt am Rande eines gefährlichen Abgrunds", sagte die Direktorin der US-Denkfabrik Carnegie Middle East Center am Sonntag dem US-Sender CNN. "Wir befinden uns nicht länger in einem Schatten- oder Stellvertreterkrieg zwischen diesen beiden Ländern."

Dass der Iran gleich mehr als 300 Drohnen und Raketen in Richtung Israel feuerte, bezeichnete Yahya als "riesige Eskalation". Sie glaube aber, dass "die Iraner wussten, dass das meiste davon gestoppt werden würde, dass die USA, Großbritannien, Frankreich, Jordanien und andere helfen würden, die Drohnen und Raketen abzuschießen". Die meisten Waffen seien außerhalb des israelischen Luftraums abgefangen worden. "Ich denke also, offen gesagt, ich sah es als einen großen Eskalationsschritt, aber es hatte sehr viel von einer Lichtshow."

Mit Blick auf die israelische Regierung sagte Yahya: "Sie streben nach einer militärischen Eskalation zu einer Zeit, in der uns nur eine diplomatische Lösung weg vom Abgrund eines umfassenden Krieges in der gesamten Region bringen kann.(...) Niemand kann gewinnen." Die USA müssten jetzt ihren Einfluss in der Region unter Beweis stellen, auch wenn dies jetzt noch schwieriger geworden sei. "Ehrlich gesagt, es muss eine regionale Waffenruhe geben."

sized

Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.

sized

US-Präsident Joe Biden (3.v.r)trifft sich mit Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsteams.

sized

Josep Borrell, Leiter der Außenpolitik der Europäischen Union, verurteilt Irans Angriff.

sized

Der britische Premier Rishi Sunak verurteilt den iranischen Angriff auf Israel.

China zeigte sich "zutiefst besorgt" über die jüngste Eskalation im Nahen Osten. Peking rufe alle betroffenen Seiten auf, Ruhe zu bewahren, um eine weitere Zunahme der Spannungen zu vermeiden, teilte das chinesische Außenministerium am Sonntag weiter mit. Die verschärfte Lage sei der jüngste Ausdruck dessen, dass sich der Gaza-Konflikt ausbreite. China rufe die internationale Gemeinschaft und vor allem einflussreiche Länder auf, sich in konstruktiver Weise für Frieden und Stabilität in der Region einzusetzen.

EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat den "inakzeptablen iranischen Angriff gegen Israel" im Namen der Staatengemeinschaft scharf verurteilt. "Dies ist eine beispiellose Eskalation und eine ernste Bedrohung für die regionale Sicherheit", schrieb der EU-Außenbeauftragte in der Nacht zum Sonntag auf der Plattform X (ehemals Twitter).

Auch EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilte den Angriff des Irans. Es müsse alles getan werden, um eine weitere regionale Eskalation zu verhindern, schrieb der belgische Spitzenpolitiker auf X. "Ein weiteres Blutvergießen muss vermieden werden. Wir werden die Situation gemeinsam mit unseren Partnern weiterhin aufmerksam verfolgen."

Nach dem Angriff sieht UN-Generalsekretär António Guterres das Risiko einer katastrophalen Zuspitzung der Lage in Nahost. "Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region. Ich fordere alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um Maßnahmen zu vermeiden, die zu größeren militärischen Konfrontationen an mehreren Fronten im Nahen Osten führen könnten", teilte Guterres am Samstag (Ortszeit) in New York. Er verurteilte den Angriff des Irans "aufs Schärfste" und forderte eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die schweren iranischen Luftangriffe auf Israel "mit aller Schärfe" verurteilt. "Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand", erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Sonntag nach der Ankunft des Kanzlers in der Wirtschaftsmetropole Chongqing, wo der SPD-Politiker seinen dreitägigen China-Besuch beginnt. "In diesen schweren Stunden steht Deutschland eng an der Seite Israels. Über weitere Reaktionen werden wir uns nun eng mit unseren G7-Partnern und Verbündeten besprechen."

Die Bundesregierung hat die iranische Attacke auf Israel verurteilt und die Führung in Teheran zur Beendigung des Angriffs aufgefordert. "Wir verurteilen den laufenden Angriff, der eine ganze Region ins Chaos stürzen kann, aufs Allerschärfste", schrieb Außenministerin Annalena Baerbock in der Nacht zu Sonntag auf der Online-Plattform X (vormals Twitter). Der Iran und mit ihm verbündete Kräfte müssten die Attacke "sofort einstellen". "Israel gilt in diesen Stunden unsere ganze Solidarität", ergänzte Baerbock.

Argentiniens Präsident Javier Milei bricht wegen der iranischen Luftangriffe auf Israel eine Auslandsreise ab. Er fliege aus den USA am Sonntag nach Argentinien zurück und nicht wie ursprünglich geplant nach Dänemark weiter, teilte sein Büro am Samstag (Ortszeit) mit. "In Anbetracht der jüngsten Ereignisse im Nahen Osten mit der iranischen Offensive gegen Israel" wolle Milei einen Krisenstab bilden und sich mit verschiedenen Präsidenten westlicher Länder in Verbindung setzen, um Maßnahmen zu koordinieren.

Nach den iranischen Luftangriffen erklärte sich Milei mit Israel solidarisch: Argentinien unterstütze Israel nachdrücklich bei der Verteidigung seiner Souveränität - "insbesondere gegen Regime, die den Terror fördern und die Zerstörung der westlichen Zivilisation anstreben".

Der britische Premierminister Rishi Sunak verurteilte den Angriff "auf das Schärfste". "Diese Angriffe bergen die Gefahr, die Spannungen zu verschärfen und die Region zu destabilisieren", sagte Sunak einer Mitteilung vom Samstagabend zufolge. "Der Iran hat wieder einmal gezeigt, dass er vorhat, Chaos in seinem eigenen Hinterhof zu stiften."

Sunak sagte, Großbritannien werde sich weiterhin für die Sicherheit Israels und aller regionalen Partner, einschließlich Jordanien und Irak, einsetzen. "Gemeinsam mit unseren Verbündeten arbeiten wir dringend daran, die Lage zu stabilisieren und eine weitere Eskalation zu verhindern. Niemand möchte mehr Blutvergießen sehen", sagte Sunak.

Ägypten hat sich "extrem besorgt" gezeigt mit Blick auf den Angriff gegen sein Nachbarland Israel und zu äußerster Zurückhaltung aufgerufen. Der vom Iran angekündigte Angriff sei Zeichen einer "gefährlichen Eskalation" zwischen den beiden Ländern, teilte das ägyptische Außenministerium am Samstagabend mit. Ägypten habe schon zuvor vor einer Ausweitung des Konflikts infolge von "Israels Krieg im Gazastreifen" gewarnt. Die Regierung in Kairo sei in ständigem Kontakt mit allen beteiligten Parteien, um die Eskalation zu stoppen. Ägypten hatte 1979 als erstes arabisches Land Frieden mit Israel geschlossen.

Der Iran hatte seine Drohung wahr gemacht und den erklärten Erzfeind Israel erstmals direkt angegriffen. Bei dem nächtlichen Großangriff feuerte der Iran nach Angaben des israelischen Militärs rund 200 Drohnen und Raketen ab. "Die große Mehrheit der Raketen wurde von unserer Raketenabwehr noch außerhalb der Grenzen Israels abgefangen", sagte Armeesprecher Daniel Hagari in der Nacht zum Sonntag. Nur eine kleine Anzahl von Raketen sei auf israelischem Gebiet eingeschlagen, Todesopfer oder größere Schäden gab es den Angaben zufolge nicht.


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.