Doktortitel entzogen

Berliner Verkehrssenatorin tritt zurück


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Die Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner verliert ihren Doktortitel und will nun zurücktreten.

Von dpa

Nach nur einem Jahr verliert Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine seiner wichtigsten Mitstreiterinnen im schwarz-roten Senat. Umwelt- und Verkehrssenatorin Manja Schreiner zog am Dienstag Konsequenzen aus dem Entzug ihres Doktortitels im Zuge einer Plagiatsaffäre und trat zurück. Wegner nahm ihr Entlassungsgesuch "schweren Herzens" an, wie er sagte. Gleichzeitig kündigte er Gespräche über eine Nachfolge an. "Da geht es um Gründlichkeit, nicht um Schnelligkeit."

Schreiner (46) verantwortete als Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt - so die offizielle Bezeichnung - eines der größten Ressorts im Senat mit zahlreichen in der Stadtgesellschaft heiß umkämpften Themen. Kritiker warfen ihr vor, nach den Bemühungen der rot-grün-roten Vorgängerregierung um eine ökologische Verkehrswende wieder stärker Mobilitätspolitik für das Auto zu machen.

Schreiner und Wegner betonten stets, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt zu betrachten. "Es geht darum, eine Person zu finden, die für diese unideologische Verkehrspolitik weiter eintritt", sagte der Regierungschef zur Nachfolge Schreiners.

Die Juristin trat am Vormittag vor die Presse: Die Universität Rostock habe ihr mitgeteilt, dass sie ihr den 2007 verliehenen Doktorgrad entziehen werde. Deshalb habe sie Wegner um Entlassung aus dem Amt gebeten. "Dies tue ich, um Schaden vom Berliner Senat abzuwenden." Als Senatorin habe sie stets große Verantwortung gegenüber der Stadt und ihren Menschen empfunden. "Diese Verantwortung gibt mir nun diesen Weg aus dem Amt vor."

Die Universität begründete den Entzug des Doktortitels kurze Zeit später mit dem Ausmaß an nicht ausreichend gekennzeichneten Textübernahmen in Schreiners Dissertation. Die Menge der Fehler und ihre qualitative Gewichtung ließen den Fakultätsrat zu dem Schluss kommen, dass das Werk den Ansprüchen an eine wissenschaftliche Arbeit nicht genüge, teilte die Juristische Fakultät mit. "Daher hätte Frau Schreiner der Doktorgrad nicht verliehen werden dürfen." Der Entzug sei einstimmig beschlossen und ihr am Montag (29. April) mitgeteilt worden - an dem Tag feierte die Politikerin ihren 46. Geburtstag.

Schreiner selbst betonte: "Ich habe an keiner Stelle meiner Dissertationsarbeit vorsätzlich getäuscht oder betrogen. Als Privatperson werde ich deshalb gegen diese Entscheidung der Fakultät Widerspruch einlegen."

Schreiner war zeitweise stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner CDU und gilt als Vertraute des Parteichefs und Regierenden Bürgermeisters Wegner, der sie im April 2023 aus der Wirtschaft in den neuen schwarz-roten Senat holte. Schon im Sommer 2023 gab es Berichte über Unregelmäßigkeiten und mögliche Plagiate in ihrer Dissertation zum Thema "Arbeitnehmerberücksichtigung im Übernahmerecht". Daraufhin bat Schreiner die Uni Anfang August 2023 um Überprüfung ihrer Doktorarbeit.

Von der Universität hieß es nun dazu, Schreiner habe zwar ganz überwiegend die Originalquellen angegeben und zitiert. In der Gesamtschau habe die Übernahme fremder Textpassagen aber quantitativ und qualitativ einen solch prägenden Einfluss auf die Dissertationsschrift, "dass deren Anfertigung nicht mehr dem Gebot der Eigenständigkeit entsprochen hat".

Schreiners Plagiatsaffäre ist nicht der erste einer prominenten Berliner Politikerin. Die jetzige Wirtschaftssenatorin und frühere Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sah sich ebenfalls mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Die Hauptstadt-SPD wählte sie zusammen mit Raed Saleh Ende 2020 dennoch an die Spitze der Landespartei. Ein halbes Jahr später wurde Giffey ihr Doktortitel in Politikwissenschaft wegen Täuschung bei der Übernahme fremder Inhalte in ihrer Doktorarbeit aberkannt. Kurz zuvor hatte sie im Zuge der Plagiatsaffäre ihr Amt als Bundesfamilienministerin aufgegeben.


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.

1 Kommentare:


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Frank H.

am 30.04.2024 um 16:40

Liegt der Fall hier nicht etwas anders als in üblichen Plagiatsaffären ? In der Regel sollte jede wissenschaftliche Arbeit auf vorhandenem Wissen aufbauen, das man mit Zitaten und Erklärungen belegt, und dieses Wissen um eigene Erkenntnisse erweitern. Wenn jemand ohne Zitierhinweise abschreibt stellt er fremde Erkenntnisse als die eigenen dar und begeht damit eine Art Betrug, was nachträgliche Sanktionierung rechtfertigt. Hier stellt die Uni jedoch weitgehend korrekte Zitierung fest und schließt damit Täuschungsabsichten aus. Ihr gefällt nur die Gewichtung zwischen altem und neuen Wissen nicht mehr - diese war den Prüfern aber bei Vorlage der Arbeit offen ersichtlich und sollte entsprechend in die Note eingeflossen sein. Ich weiß nicht ob es zulässig ist formal korrekte Arbeiten nachträglich neu zu bewerten - was jedoch stinkt ist der fälschliche Plagiatsvorwurf als Anlass der Überprüfung, und das Einknicken der Uni.



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