Aktuelle Studie gibt zu Bedenken

Wie schlecht ist das Essen in Kliniken wirklich?


Skeptisch beäugt dieser Patient das, was sich unter der Warmhaltehaube verbirgt. Am Essen in Krankenhäusern, auch in München, wird oft gespart.

Skeptisch beäugt dieser Patient das, was sich unter der Warmhaltehaube verbirgt. Am Essen in Krankenhäusern, auch in München, wird oft gespart.

Von Sven Geißelhardt

Die Verpflegung in Krankenhäusern hat keinen guten Ruf. Ein Vorurteil? Nein, zeigt eine aktuelle Studie. Wie schlimm die Lage ist.

Ins Krankenhaus legt sich niemand gerne. Neben schnarchenden Zimmergenossen denken dabei viele auch an schlechtes Essen. Das, was einem in Kliniken meist auf Tabletts in wenig lebensbejahendem Grau aufgetischt wird, hat keinen guten Ruf. Zurecht? Ja, sagt eine Studie des Deutschen Krankenhausinstituts über die das ARD Mittagsmagazin zuerst berichtet hatte. Demnach hat die Qualität der Verpflegung in deutschen Kliniken keine hohe Priorität. Die Ergebnisse:

Das Essen in Krankenhäusern sieht schlecht aus

Lieblos auf eine graubraune, dünne Brotscheibe geklatschte Käsescheiben, ein undefinierbarer Brei: Das sieht "künstlich" und "eklig" aus, sagen Passanten, als sie vom Mittagsmagazin mit Fotos von Krankenhausessen konfrontiert werden. Einer erzählt, er lasse sich von Besuchern mit Essen versorgen, wenn er ins Krankenhaus muss.

Der Speiseplan bietet wenig Abwechslung

Die Studie zeigt zwar, dass ein vegetarisches Angebot mit 97,8 Prozent mittlerweile zum Regelleistungs-Standard zählt, vegane Gerichte gibt es aber nur in jedem dritten Krankenhaus, zusätzlichen Kaffee, eine Brotzeit oder kulturell angepasste Ernährung wird ebenfalls nur in knapp einem Drittel der Häuser angeboten.

Die Mahlzeiten sind vitaminarm

Nahrungsmittel im Krankenhaus sollten gesund sein: Gerade für Kranke oder Menschen, die gerade operiert wurden, sind bestimmte Vitamine besonders wichtig, etwa zur Wundheilung, darunter Folsäure und Vitamin E.

Das Mittagsmagazin lässt die Mahlzeit (Fleisch in dunkler Soße, dazu Kartoffeln mit Rübchen), die es bei einer Krebspatientin in einer Berliner Klinik gab, in einem Lebensmittellabor untersuchen. Das Ergebnis: Die benötigten Vitamine sind nicht nachweisbar, die Mahlzeit enthält aber zu viel Salz.

Eine Ernährungsmedizinerin, die das Magazin mit den Ergebnissen und auch den beiden weiteren Mahlzeiten der Krebspatientin konfrontiert, sagt: "Das Essen ist gesundheitsgefährdend."

Am Essen wird gespart

"Die schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen der Krankenhäuser treffen die Küchen besonders hart", sagt Dr. Karl Blum von Deutschen Krankenhausinstitut dem Magazin. Für Lebensmittel gaben Krankenhäuser 2018 im Durchschnitt 3,84 Euro pro Tag und Patient aus. 2005 waren es noch 4,45 Euro. Im gleichen Zeitraum sind aber die Preise für Lebensmittel und Personalkosten stärker gestiegen.

Immerhin: Laut der Studie wird in 65 Prozent der Krankenhausküchen noch vor Ort gekocht und serviert. Aber: Die Küchen sind oft alt, im Durchschnitt sogar 29 Jahre.

Im Süden Deutschlands ist der Investitionsstau demnach am höchsten, besonders die Küchen in Häusern mit 80 bis 199 Betten werden am wenigsten modernisiert, so die Studienergebnisse.

Gekocht wird zentral

Der Trend, das hat die AZ bereits 2017 berichtet, geht zur Zentralisierung: Mahlzeiten werden in Großküchen zubereitet, tiefgefroren und ausgeliefert. Einzelne Küchen produzieren mehr. Einheitliche Standards fürs Krankenhausessen, die bundesweit gelten, geschweige denn überprüft werden, gibt es übrigens nicht.

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