Umfrage gehackt

Wahlkampfauftritte türkischer Politiker: Unbekannte manipulieren idowa-Umfrage


Der Streit um Wahlkampfauftritt türkischer Politiker in Europa schwelt weiter. Vergangene Woche haben wir eine Umfrage zu diesem Thema gestartet - diese wurde aber von einem Unbekannten manipuliert (Symbolbild).

Der Streit um Wahlkampfauftritt türkischer Politiker in Europa schwelt weiter. Vergangene Woche haben wir eine Umfrage zu diesem Thema gestartet - diese wurde aber von einem Unbekannten manipuliert (Symbolbild).

Von Redaktion idowa

Was halten Sie von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland? Das wollten wir vergangene Woche von unseren Lesern wissen. Das Ergebnis unserer Umfrage ist überraschend - und das gleich in mehrfacher Hinsicht.

Obwohl unser Artikel "nur" knapp 1.700 mal gelesen worden ist, haben angeblich über 11.000 Teilnehmer abgestimmt. Diese Zahlen zeigen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Der Manipulationsverdacht wurde seitens Technik bestätigt: Bereits wenige Stunden nach dem Start der Umfrage wurde diese von einem Unbekannten mithilfe einer Software manipuliert. Normalerweise kann jeder User pro Umfrage nur einmal abstimmen. Diese Begrenzung wurde ausgehebelt, um massenhaft Stimmen verteilen zu können und so das Stimmungsbild zu beeinflussen.

Vor der Manipulierung - diese erfolgte am Abend des 15. März, bis dahin hatten 159 User abgestimmt - war das Ergebnis der Umfrage relativ eindeutig: Knapp vier Prozent waren dafür, Wahlkampfveranstaltungen von türkischen Politikern in Deutschland generell stattfinden zu lassen. Etwa neun Prozent hätten von Fall zu Fall entschieden. Und die überwältigende Mehrheit von 87 Prozent hätte solche Wahlkampfauftritte generell verboten. Nach der Manipulierung bot sich ein komplett anderes Bild: Nun waren plötzlich 96 Prozent der Teilnehmer dafür, die Wahlkampfveranstaltungen grundsätzlich stattfinden zu lassen. Nur noch vier Prozent waren für ein Verbot, der Anteil der Von-Fall-zu-Fall-Entscheidern sank gar auf 0 Prozent ab.

Dass es den Unbekannten gelungen ist, unseren Abstimmungsbaustein zu hacken, ist sehr ärgerlich. Wir arbeiten bereits an Lösungen, um solche Betrugsversuche in Zukunft zu erschweren. Wir haben uns aber dazu entschieden, das Ergebnis der Umfrage an dieser Stelle zu veröffentlichen. Denn immerhin macht die Manipulation eines klar: Das Thema war bis zum Verzicht auf Wahlkampfauftritte am Dienstag so brisant, dass mit allen Mitteln die öffentliche Meinungsbildung beeinflusst werden sollte. Durch wen und zu welchem Zweck dies passiert ist, lässt sich schlussendlich nicht mit Fakten belegen.

Die Kommentare, die auf unserer Seite und in Facebook zu dem Artikel abgegeben wurden, vermitteln nach wie vor das Stimmungsbild von vor der Manipulierung. Der Großteil unserer Kommentatoren stand den Wahlkampf-Veranstaltungen kritisch gegenüber. Einer unserer Nutzer ist der Ansicht: "Wenn Privatpersonen sagen: 'Leute, geht wählen', ist das okay. Aber wenn ein Politiker eine Wahlkampfrede in einem fremden Land halten will, sollte das verweigert werden". Ein anderer Nutzer meint: "In der Türkei (und leider auch bei uns) gibt es wohl tatsächlich eine Menge Bürger, die Erdogan zujubeln. Aber unsere Medien berichten auch von Blockaden von Zeitungen und Fernsehsendern in der Türkei, von Inhaftierungen von Journalisten und Oppositionellen, und von der Behinderung kritischer Lehrkräfte in Universitäten. Gleichschaltung von Medien, Unterdrückung intellektueller Eliten und Schaffung von Feindbildern sind wesentliche Merkmale von Diktaturen - warum sollten wir Werbeveranstaltungen für so eine Politik unterstützen? Eingedenk unser eigenen Vergangenheit sollten wir uns strikt dagegen wehren."

Diese Stimmen zeigen nur die Tendenz auf, die vor der Manipulation bestand. Die Zahlen sind aber eindeutig - eine Wahrheit, die wir belegen können. Eine Wahrheit, die sich nicht wegmanipulieren lässt.