Das Lernen hört nie auf

Studie: Lehrer müssen mehr über den Tellerrand blicken


Was sich Lehrer gegenseitig beibringen können: Profitieren tut am Schluss nicht nur einer.

Was sich Lehrer gegenseitig beibringen können: Profitieren tut am Schluss nicht nur einer.

Von Monika Müller

Der Lehrer als Einzelkämpfer im Klassenzimmer? Unterricht als geschlossene Veranstaltung? Das stimmt so an vielen Schulen in Deutschland längst nicht mehr. Dennoch könnten enge Zusammenarbeit und intensiver Austausch in den Lehrerkollegien noch besser werden.

Trotz wachsender Offenheit für Teamarbeit blicken Deutschlands Lehrer in ihrem Schulalltag noch zu wenig über den Tellerrand, um sich bei Kollegen etwas abzuschauen. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten repräsentativen Studie zur Lehrerkooperation hervor. Bei den 1015 befragten Lehrern der Sekundarstufe 1 waren demnach gemeinschaftlicher Unterricht (23 Prozent) oder Hospitationen in Kollegen-Klassen (9 Prozent) kaum verbreitet.

An Gymnasien sei die Kooperationskultur teilweise deutlich schwächer entwickelt als in anderen Schulformen, lautet einer der Befunde des Reports. Recht gut sieht es hingegen in Schulen mit Inklusion (gemeinsamer Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung) sowie in verpflichtenden Ganztagsschulen aus.

Von ihren durchschnittlich 42,8 Wochenarbeitsstunden verwenden Lehrer fünf auf Kooperationen - mit Kollegen, anderen Pädagogen, Eltern oder Institutionen. Gleichwohl finden fast alle befragten Lehrer (97 Prozent) Austausch und Zusammenarbeit wichtig, für neun von zehn (87 Prozent) lohnt sich der Zusatzaufwand.

Doch ein Großteil der Lehrkräfte in Deutschland "erhält keine oder nur sehr wenige Einblicke in den Unterricht anderer Kollegen", heißt es in der Studie der Stiftungen Mercator, Bertelsmann, Robert Bosch und Deutsche Telekom. Kritisch-konstruktive Rückmeldungen und Feedback innerhalb der Kollegien seien hierzulande noch unterentwickelt, stellten die Autoren, die Bildungsforscher Dirk Richter (Bergische Universität Wuppertal) und Hans Anand Pant (Humboldt-Universität Berlin), fest.

Nur jeder zweite befragte Lehrer gab an, zusammen mit Kollegen komplexe Unterrichtskonzepte oder -strategien zu entwickeln. Im internationalen Vergleich unterstützen sich in Deutschland zwar deutlich mehr Lehrer mit Materialien als im Mittelwert der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Bei Diskussionen über die Lernentwicklung von Schülern oder gemeinsamen Bewertungsstandards liegt im OECD-Maßstab hierzulande aber noch einiges im Argen.

Die Studie zeigt, dass intensive Kooperation von Lehrern deren Kompetenzen, berufliche Zufriedenheit und sogar Gesundheit verbessern kann. Es sei also im Interesse von Schulleitungen, beispielsweise feste Teamzeiten oder Strukturen für jahrgangsübergreifende Projekte zu ermöglichen. Gerade auch angesichts immer vielfältigerer Klassen mit Inklusion oder mit vielen Migranten- und Flüchtlingskindern sei Teamarbeit - womöglich unter Einschluss von Schulsozialarbeitern und Psychologen - ein Schlüssel zum pädagogischen Erfolg.