AZ-Interview

Partnerschaft in der Corona-Zeit


Dieses Paar hat den Dreh raus: Dietmar und Nellia Ehrentraut tanzen einen Boogie-Woogie. Ein Video davon ist ein viraler Hit geworden.

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Von Tabitha Nagy

Um die Infektionsgefahr zu senken, bleiben viele weiter daheim - für eine Partnerschaft kann die Corona-Zeit belastend sein.

München - AZ-Interview mit Sandra Neumayr: Die Paarberaterin in München betreut seit mehr als 20 Jahren Menschen, die in Lebens-, Ehe- und Beziehungskrisen stecken.

Alltag mit Beschränkungen - so lautet die Devise weiterhin, um die Anzahl der Coronavirus-Infektionen zu verlangsamen. Für manche zusammenlebende Paare kann das zu einer echten Belastungsprobe werden. Sandra Neumayr ist Paarberaterin und betreibt mit ihrem Mann eine Praxis im Norden Münchens. Mit der AZ spricht sie über die Herausforderungen für Paare und gibt Tipps.

AZ: Frau Neumayr, was löst es bei Paaren aus, wenn sie lange aufeinander hocken?
SANDRA NEUMAYR: Es gibt zwei Möglichkeiten. Die einen versuchen, wirklich zusammenzuhalten und legen ihre Konflikte erst einmal beiseite. Die anderen lassen die derzeitige Situation auf die Beziehung Einfluss nehmen. Neben der Gefährdung durch das Coronavirus machen vielen die wirtschaftliche Situation und die Betreuung der Kinder zu Hause zu schaffen. Dadurch liegen die Nerven blank und die alten Konflikte kommen hoch. Das sind Faktoren, die dazu führen, dass es sehr viel schneller zu Streit kommt als unter normalen Zuständen.

Glauben Sie, dass es wegen der Krise zu mehr Trennungen kommen könnte?
In China hat das Virus tatsächlich zu mehr Trennungen geführt. Viele Paare arbeiten nicht an ihrer Beziehung. Das führt dazu, dass immer wieder dieselben Konflikte entstehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das schlecht enden kann, wenn man soviel Zeit miteinander verbringt.

Sich genug Raum und Zeit zu geben war und ist in dieser Situation oft nicht möglich. Was raten Sie Paaren, wenn es zu Konflikten kommt?
Selbst wenn nicht viel Raum zur Verfügung steht, kann jeder erst einmal in ein Zimmer gehen, um runterzukommen. Auch alleine spazierengehen ist eine Option. Wenn es gar nicht mehr geht, rate ich, sich telefonisch Unterstützung zu holen, bevor es weiter eskaliert. Ein Gespräch hilft manchmal schon, die Perspektive zu wechseln und einen anderen Fokus zu bekommen.

Zeit für Zweisamkeit und Freiräume

Viele Aktivitäten wie Restaurantbesuche, Kinogänge oder Wellness-Wochenenden fallen seit Wochen weg. Gibt es Alternativen?
Romantische Abende lassen sich auch in den eigenen vier Wänden sehr gut inszenieren. Zusammen kochen, im Wohnzimmer tanzen oder einen Film schauen sind gute Alternativen. Die Kinder sind irgendwann im Bett und man kann die Zeit für ein bisschen Zweisamkeit nutzen.

Haben Sie noch mehr Tipps, wie Paare diese Zeit harmonisch verbringen können?
Das Wichtigste ist, einander Zeit zu geben und den Freiraum des Partners zu respektieren. Außerdem hilft es, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass man den anderen liebt. Bevor man einen Streit anfängt, ist es sinnvoll, sich Gedanken zu machen, wie sich der andere dabei fühlt. Besonders in dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, sich als Team zu verstehen, egal, ob es um den Haushalt oder die Kindererziehung geht. In schwierigen Zeiten brauchen viele Menschen mehr Zärtlichkeit und Nähe. Als Partner ist es wichtig, solche Bedürfnisse verständnisvoll zu gewähren und den anderen ernst zu nehmen.

Wie können Pärchen diese Zeit positiv nutzen?
Diese Zeit ist prädestiniert dafür, dass man seine Beziehung aufblühen lässt. Das funktioniert, indem man konstruktiv miteinander spricht. Es klingt vielleicht blöd, aber es bleibt einem ja sowieso nichts anderes übrig. Gerade jetzt können wir alle unsere Liebe zu unserem Partner zeigen, indem wir Verständnis haben und dem anderen beistehen, wenn es ihm nicht gut geht.

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