Bayern

Mountainbiken statt Skifahren - Winterurlauber trotzen Schneemangel


Wanderer stehen in Garmisch-Partenkirchen (Bayern) unterhalb der Kramerspitze vor einer Winterwanderkarte im Grünen.

Wanderer stehen in Garmisch-Partenkirchen (Bayern) unterhalb der Kramerspitze vor einer Winterwanderkarte im Grünen.

Von Katharina Binder

Grüne Hänge, wo sonst im Winter alles weiß ist. Seit drei Wochen hat es in Bayerns Bergen nicht mehr geschneit. Und weil es nachts bisher nur wenig Frost gab, konnten auch die Schneekanonen kaum angeworfen werden. Doch die Urlauber nehmen es gelassen. Sie genießen die Sonne.

Auf der Startseite des Tourismusverbandes für Oberbayern wirft eine Urlauberin kess einen Schneeball, zwei Langläuferinnen drehen in herrlicher Winterlandschaft ihre Runden auf einer frisch gespurten Loipe - Idylle pur. "Die Berge Oberbayerns haben alles, wovon Skifahrer träumen", heißt es. Verschwiegen wird allerdings, dass etwas Entscheidendes in diesen Weihnachtsferien fehlt: der Schnee. In den bayerischen Alpen herrscht akuter Schneemangel, nur wenige Skigebiete ermöglichen derzeit Wintersport.

Der Geschäftsführer des Verbandes Tourismus Oberbayern München (TOM), Oswald Pehel, räumt ein: "Die jetzige Situation macht uns zu schaffen". Völlig ohne Schnee müsse die Region zwischen Berchtesgaden und Garmisch-Partenkirchen Einbußen hinnehmen. Allerdings könne Oberbayern gerade bei Schneemangel die ganze Breite seiner Angebotspalette ausspielen. Die Urlauber nutzten das sonnige Wetter für Winterwanderungen. "Das Landschaftskino Oberbayern hat dabei seinen ganz eigenen Reiz", ist sich Pehel sicher. Zudem verweist er auf die kulturellen Angebote von Städten wie Rosenheim oder Bad Tölz.

"Fahrräder werden kostenlos in der Gondelbahn zur Winklmoos-Alm transportiert", heißt es auf der Seite des Parade-Wintersportortes Reit im Winkl. Mountainbiken statt Skifahren lautet die Devise. "Sommerwanderwege auf der Winklmoos-Alm begehbar" - Naturfreunden wird so schmackhaft gemacht, frische Luft auch ohne Skier zu genießen.

Dabei hat sich die Gemeinde Mühe gegeben, wenigstens ein bisschen Wintersport zu ermöglichen. Im Tal sind drei Lifte in Betrieb, damit vor allem Kinder Skifahren können. Ein Rodelhang soll demnächst dazukommen, wie Hans Schuster von der Tourist-Info erklärt. Kunstschnee macht's möglich. Auch gibt es eine zwei Kilometer lange Loipe, die inmitten grüner Wiesen gespurt wurde. Mit der Belegung der 4500 Gästebetten ist Schuster zufrieden. Trotz Schneemangels seien nur an die 500 Betten leergeblieben. "Die Urlauber, die fest gebucht haben, sind gekommen. Sie genießen ganz entspannt das sonnige Wetter."

Auf der Zugspitze und im benachbarten Skigebiet Garmisch-Classic ist der Skibetrieb mit Einschränkungen möglich. Von Heiligabend bis einschließlich Sonntag zählte die Zugspitzbahn AG 28 000 Gäste. "Vor dem Hintergrund der aktuell gegebenen Bedingungen sind wir sehr zufrieden mit den Besucherzahlen", sagt eine Sprecherin. In einem Spitzenwinter wären freilich an die 15 000 Gäste mehr gekommen.

Auf dem vor allem bei Münchnern beliebten Brauneck in Lenggries ist derzeit keinerlei Skibetrieb möglich, obwohl das Gebiet in den vergangenen Jahren für 20 Millionen Euro mit einem Speichersee und Schneekanonen aufgerüstet wurde. Am Sudelfeld nahe Bayrischzell, in das trotz Protesten von Naturschützern ebenfalls Millionen Euro investiert wurden, sieht es nur geringfügig besser aus. "Letzter Schneefall 9. Dezember", sagt der Schneebericht auf der Seite "Skiparadies Sudelfeld", die mit Fotos von traumhaft schönen Pisten bestückt ist. Die Aufnahmen stammen freilich aus dem Archiv.

Die Skigebiete im benachbarten Österreich profitieren von den Gletschern. Aber auch für Tirol sagt der Schneebericht bei einer ganzen Reihe von Abfahrten: null Zentimeter.

Im Allgäu, wo nur die Hochlagen Skibetrieb ermöglichen, ist die Stimmung ebenso wie in Oberbayern ungetrübt. "Die schneearmen Bedingungen haben aktuell keine negativen Auswirkungen für die Buchungslage. Wir sind im Allgäu breit aufgestellt, gerade auch für nicht schneegebundene Aktivitäten", weiß Pfrontens Tourismuschef Jan Schubert. Das schöne Wetter beschere dem Ferienort einen Ansturm auf die Berghütten. "Unsere Gäste genießen die fantastische Fernsicht."

In Oberstaufen gibt es nach Angaben von Tourismusleiterin Heidi Thaumiller ebenfalls "nur zufriedene Gäste". Der Kurort war an den Weihnachtsfeiertagen komplett ausgebucht. "Es gab kaum Stornierungen. Und die freigewordenen Zimmer wurden durch eine große Nachfrage sofort wieder belegt."

Auch Füssen ist laut Tourismuschef Stefan Fredlmeier sehr gut gebucht. "Die Weihnachts- und Silvesterurlauber, die nach Füssen kommen, sind eher nicht auf einen reinen Skiurlaub fokussiert. Sie schätzen den Urlaub zum Jahresende als Auszeit nach dem Motto: Schnee in den Tallagen kann gerne, muss aber nicht sein." Nesselwang bietet ebenfalls ein umfangreiches schneeunabhängiges Winterprogramm an. Käsereibesuche oder Wildfütterungen gehören dazu.

Am Großen Arber, dem höchsten Berg des Bayerischen Waldes, ist Skifahren derzeit überhaupt nicht möglich. Lediglich Wanderer nutzen die Gondelbahn. So bleibt der Seilbahnbranche nach einem Supersommer nur das Warten auf Schnee. Nach einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern erhofft sich rund die Hälfte der Unternehmen auch für die Wintersaison ein Umsatzplus.