Berlin

Mit Ramme und 130 Polizisten - Clan-Villa an Staat übergeben


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Sperrmüll liegt auf dem Gelände der Clan-Villa.

Von dpa

Die Gerichtsvollzieherin kam mit einem Polizei-Großaufgebot samt Ramme - und stieß auf einen Ort der Verwüstung. Nach fast sechs Jahren voller Prozesse musste ein bekannter arabischstämmiger Clan in Berlin-Neukölln die vom Staat beschlagnahmte Villa endgültig räumen.

Zurück blieb ein Haus im "desolaten Zustand", wie Bezirkssprecher Christian Berg sagte. Türen und Fenster des große Hauses im Stadtteil Buckow im Süden Berlins standen offen, Möbelstücke waren vor der Tür abgestellt. Das Innere war zu einem großen Teil zerstört, im Hof türmte sich Sperrmüll.

Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel sprach gleichwohl von einem guten Tag und einem "deutlichen Zeichen gegen Clankriminalität". "Wir haben gezeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert", so der SPD-Politiker. Die Villa mit großer Wohnfläche und Gartenhaus gehört zu 77 Immobilien, die im Jahr 2018 von der Berliner Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden.

Mehrere Urteile bestätigten, dass das Anwesen mit Geld aus kriminellen Geschäften gekauft wurde. Ausziehen wollte die Großfamilie R. nicht. Zu ihr gehören Männer, die unter anderem wegen des Diebstahls der großen Goldmünze aus dem Berliner Bodemuseum verurteilt wurden. Fünf Männer aus dem Clan wurden zudem 2023 wegen des Diebstahls von Diamanten aus dem Grünen Gewölbe in Dresden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Bis zuletzt versuchte die Familie vor Gericht, die Räumung abzuwehren. Einen letzten Antrag wies das Amtsgericht Neukölln in der vergangenen Woche zurück.

Am Mittwochmorgen um 10.00 Uhr rollte ein Dutzend Mannschaftswagen der Polizei vor der Villa an, die idyllisch gegenüber einer alten Dorfkirche samt Friedhof und nahe einem kleinen Teich liegt. 130 zum Teil vermummte Polizisten sperrten das Gelände und die Straße ab. Ein Spürhund war dabei, ein Polizist trug eine Ramme auf der Schulter, Zivilpolizisten vom Landeskriminalamt begleiteten die uniformierten Kollegen. "Wir haben uns auf alle Szenarien vorbereitet", sagte eine Polizeisprecherin.

Die Polizei konnte sich aber weitgehend passiv verhalten: Die Villa war seit dem Vortag nicht mehr bewohnt. Kurz vor 10.30 Uhr erschien die Gerichtsvollzieherin. Zusammen mit Polizisten und einem Vertreter des Bezirks Neukölln betrat sie das Haus durch die offen stehende Eingangstür. Damit war die Immobilie rechtmäßig an den Staat übergeben. Die Polizeisprecherin sprach von einem reibungslosen Einsatz. Und die Gewerkschaft der Polizei erklärte: "Das ist ein guter Tag für den Rechtsstaat, weil er sich langfristig durchgesetzt hat."

Nach einer ersten Begehung schilderte Bezirkssprecher Berg seine Eindrücke: "Das Haus befindet sich in einem sehr desolaten Zustand." Holzböden seien rausgerissen, Geländer weggerissen, Türen zerstört und Glasscheiben zerbrochen. Lose Elektrokabel hingen demnach in den Räumen herum. Berg sprach von mutwilliger Zerstörung. Im Garten war ein großer Sperrmüllhaufen inklusive Bauschutt zu sehen. Autoteile lagen herum. Mit der Familie müsse man nun klären, wer den Schaden bezahle, sagte Berg. Nach Zeitungsberichten soll die Großfamilie bereits ein anderes Haus im Nachbarbezirk gemietet haben.

Berg betonte aber: "Insgesamt sind wir erstmal sehr zufrieden." Das Bezirksamt freue sich, dass die Sache endlich abgeschlossen worden sei. Nun müsse das Haus gesichert werden. Die künftige Verwendung stehe noch nicht fest. Der Bezirk strebe eine soziale Nutzung an.

Erzieherinnen aus der benachbarten Kita, die neugierig durch den Zaun guckten, berichteten von einem Feuerwerk, das die Bewohner noch am Montagnachmittag veranstaltet hätten. Sie hätten nichts dagegen, wenn ihre Kita das Grundstück mitnutzen könne, sagten die Frauen.

Einige Jahre nach der Beschlagnahmung im Jahr 2018 und ersten Gerichtsverfahren war die Villa rechtskräftig in den Besitz des Landes Berlin übergegangen. Der Bezirk Neukölln wurde als Kommune dafür zuständig. Die Großfamilie blieb aber als Mieter weiter wohnen, bezahlt wurde die Miete vom Sozialamt. Mehrfach kündigte der Bezirk das Mietverhältnis und setzte Räumungsfristen. Bis diese vor Gericht durchgesetzt wurden, vergingen erneut Jahre.

In der Zwischenzeit kam es wiederholt zu Polizeieinsätzen auf dem Grundstück. Bei Durchsuchungen ging es unter anderem um Ermittlungen zu Diebstählen. Zuletzt erschien die Polizei im Januar im Zusammenhang mit einem Angriff auf eine Polizistin an Silvester. Eine 15-jährige Jugendliche aus der Familie wurde in der Nacht beim Feiern auf der Straße von einem Polizeiauto angefahren. Ein Verwandter der Jugendlichen soll daraufhin die Polizistin im Wagen brutal angegriffen und schwer verletzt haben.


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