Ostereier

Legehennen müssen für Ostern ordentlich viel leisten


Frisch gefärbte Hühnereier laufen am 04.03.2015 in Breckerfeld (Nordrhein-Westfalen) in der Geflügelzucht Baumeister durch eine Maschine zum Färben von Ostereiern.

Frisch gefärbte Hühnereier laufen am 04.03.2015 in Breckerfeld (Nordrhein-Westfalen) in der Geflügelzucht Baumeister durch eine Maschine zum Färben von Ostereiern.

Von Monika Müller

Das Geschäft mit dem Hühnerei brummt hierzulande. 233 Stück vertilgt jeder Bundesbürger pro Jahr, ob direkt als Frühstücks- und Spiegelei oder indirekt etwa im Kuchen. Die Branche meldet eine gute Lage. Um die Herkunft der Eier allerdings tobt immer stärker eine Debatte.

Pünktlich zu Ostern kann Deutschlands Eierbranche mit einer Rekordmeldung aufwarten: Der Pro-Kopf-Verbrauch an Eiern ist hierzulande so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung: 232 Eier entfielen 2014 rein rechnerisch auf jeden Bundesbürger, und das vergangene Jahr übertrumpfte diesen Wert mit 233 Eiern pro Kopf noch einmal knapp, wie der Bundesverband Deutsches Ei mitteilt.

"Die Stimmung in der deutschen Eierwirtschaft ist gut", sagt Verbandschef Günter Scheper. "Wir haben aktuell eine stabile, ausgeglichene und für Erzeuger gute Marktsituation." Das sind Worte, die in der Agrarbranche in diesen Tagen keinesfalls die Regel sind. Die Bauern klagen etwa über Preisverfall bei Milch und Schweinen.

Laut den Branchenexperten von der Marktinfo Eier und Geflügel (MEG) wird das Absatzplus zu Ostern übrigens meist überschätzt. Demnach kauft der Durchschnittshaushalt im Ostermonat nur etwa zwei Eier mehr als sonst üblich. Seit Jahresanfang zögen die Preise leicht an: Zehn Eier aus Bodenhaltung (Gewichtsklasse M) kosteten im Durchschnitt im Januar und Februar 1,26 Euro - 17 Cent mehr als zwölf Monate zuvor. Auch Bio-Eier verteuerten sich: Zehn Bio-Eier kosteten in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 3,00 Euro, 16 Cent mehr als im Vorjahr.

Über das ganze Jahr 2015 gesehen kosteten zehn Eier aus Bodenhaltung 1,08 Euro, aus Freilandhaltung 1,66 Euro und im Bio-Siegel 2,85 Euro. Auslöser der jüngsten Preiserhöhung seien höhere Beschaffungskosten des Handels. Denn die Anbieter hätten zuletzt wegen einer zeitweise knapperen Versorgung höhere Preise durchsetzen können. In der Branche seien langfristige Verträge üblich, so dass heftige Schwankungen die Ausnahme blieben. Trotz der jüngst spürbaren Verteuerung kosten Eier aus Bodenhaltung derzeit laut MEG aber immer noch weniger als 2013.

Eier-Verbandschef Scheper sagt: "Besonders positiv für die deutschen Legehennenhalter ist die Tatsache, dass die deutschen Verbraucher so großen Wert auf die deutsche Herkunft der Eier legen." Die Branche wolle sich daher stark machen für eine ausgeweitete Kennzeichnung der Herkunft: Nicht nur auf Schaleneiern in der Packung, sondern auch auf eierhaltigen Lebensmitteln wie Nudeln oder Keksen soll erkennbar sein, aus welcher Haltungsform und welchem Land die Eier stammen. Zu Ostern herrscht Hochbetrieb in der Branche: 40,1 Millionen Hennen gab es laut Statistischem Bundesamt 2015 zwischen Alpen und Küste. Gezählt sind dabei nur die industriellen Betriebe ab 3000 Legehennen. Kleinere Höfe oder private Bestände kommen noch obendrauf. Damit entfällt in Deutschland auf zwei Einwohner mindestens ein Huhn. Fast 11,8 Milliarden Eier produzierten die deutschen Betriebe ab 3000 Legehennen im vergangenen Jahr - nach 11,5 Milliarden im Jahr 2014.

Einen klaren Trend gibt es zum Bio-Ei. Laut MEG brachte die Öko-Form 2015 den Höchstwert von knapp 12 Prozent Anteil im Verkauf. Mit gut 60 Prozent sorgt die Bodenhaltung immer noch für den Löwenanteil. Auf die Freilandhaltung entfallen rund 18 Prozent bei steigender Tendenz. Während die Bio-Haltung jüngst merklich zulegte, ist die Käfighaltung in der sogenannten Kleingruppe auf dem absteigenden Ast. Nur jede zehnte Henne lebte 2015 auf dieser Haltung, 2010 waren es 16 Prozent gewesen. Laut dem Bundesverband ist die Kleingruppenhaltung im Käfig hierzulande noch bis Ende 2025 erlaubt, in Härtefällen bis Ende 2028. Die Debatte ums Legehennen-Tierwohl ist ein Politikum. Der Deutsche Tierschutzbund etwa ist gegen die "Kleingruppenhaltung", die er als beschönigenden Begriff sieht und daher "Kleingruppen-Käfige" nennt. Umfragen zeigten, dass fast alle Verbraucher Käfighaltung ablehnten.

Die Verbraucherschützer von Foodwatch sagen, dass eine Käfighenne in der klassischen Legebatterie knapp ein DIN-A-4-Blatt Platz habe und in der Kleinvoliere auch nur eineinhalb DIN-A-4-Blätter. Foodwatch kritisiert, dass keine Haltungsform - auch Bio nicht - tiergerechte Bedingungen garantiere. Hohe Krankheits- und Sterberaten, Verhaltensstörungen wie Federpicken oder Kannibalismus und auch das millionenfache Töten unerwünschter männlicher Küken "sind in allen Haltungsformen an der Tagesordnung". Somit hätten Verbraucher keine Möglichkeit, ein garantiert tiergerecht erzeugtes Ei zu finden. Auch dem hoch umstrittenen Schnabelkürzen bei den Legehennen hat die Politik mitunter schon den Kampf angesagt. Die rot-grüne Regierung in Niedersachsen etwa gewährt Landwirten 1,70 Euro Zuschuss je Henne, falls Auflagen für eine besonders tiergerechte Haltung erfüllt sind.

Im Mittelalter waren Eier übrigens ein gängiges Zahlungsmittel. Zu Ostern schrieben viele Klöster Eier als Naturalzins vor. Aus einer wichtigen mittelalterlichen Quelle, dem Falkensteiner Codex, geht hervor, dass zahlreiche Hofstätten an den Ostertagen jeweils 100 Eier abzuliefern hatten. Die Fastenzeit vor dem Fest erleichterte das - die Bauern sammelten die Eier für den Zins ganz einfach wochenlang.