Kommentar

Kommunikationsdefizit - Merkel erreicht die Menschen nicht mehr


Bundeskanzlerin Angela Merkel erreicht die Menschen nicht mehr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erreicht die Menschen nicht mehr.

Die AfD ist Siegern der drei Landtagswahlen vom Sonntag. Politiker aller Couleur geben sich nun entsetzt über das gute Abschneiden der Rechtspopulisten. Eine Überraschung war das Ergebnis nicht.

CSU-Chef Horst Seehofer gibt der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel Schuld an dem Ergebnis. Das stimmt sicher, doch die Ursachen liegen noch tiefer: Die Politik hat den Kontakt zu den Bürgern verloren. Politik zu erklären ist ein mühsames Geschäft. Daher scheuen es auch so viele. Nicht nur in der Flüchtlingspolitik herrscht ein hohes Erklärdefizit. Schon in der Euro-Krise, der Griechenland-Rettung, den Entscheidungen über Wehrpflicht und Atomausstieg, oder auch militärisches Engagement kamen die Erklärungen zur kurz. Einige der Entscheidungen mögen ja durchaus richtig sein. Doch will die Bevölkerung schon auch gerne wissen, warum die Dinge so entschieden werden und sich nicht mit Allgemeinplätzen, angeblicher Alternativlosigkeit oder hohlen Phrasen abspeisen lassen.

Wahlziele wurden nicht erreicht

Das Erklären mag der Union und der nach wie vor bei vielen anerkannten Kanzlerin noch etwas besser gelingen als anderen Parteien. Doch für Merkel wird es nun sicher nicht leichter. Die Wahlziele wurden nicht erreicht. Die CDU hat in Sachsen-Anhalt gewonnen und in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zumindest Werte erzielt, mit denen sie als politischer Faktor relevant bleibt - allerdings gehörig zurechtgestutzt. Die Kanzlerin sperrt sich aber weiter vehement dagegen, ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik zu überdenken und auch nationale Maßnahmen zu erwägen. Warum es offenbar sein muss, dass grundsätzlich auch weiterhin Menschen weitgehend unkontrolliert im Land unterwegs sind, bleibt ihr Geheimnis. Die Flüchtlingspolitik sei kompliziert und man müsse sie den Menschen erklären, heißt es seit Monaten. Doch dann bleibt es bei dieser Feststellung. Zwar versucht Merkel, ihre Flüchtlingspolitik mit ihrem europäischen und internationalen Ansatz ständig zu erläutern. Sie erreicht aber die Menschen nicht mehr. Der Mangel an greifbaren Ergebnissen tut sein Übriges.

Solange es hier nicht mehr Klarheit gibt, wird die CSU zu Recht den Druck weiter erhöhen und die simplen Botschaften der AfD auf fruchtbaren Boden fallen. Die CDU wiederum wird immer mehr unter Druck geraten. "Aus dem Sinkflug kann ein Sturzflug werden, kann auch ein Absturz werden", warnt CSU-Chef Seehofer am Morgen nach den Wahlen.

SPD hat sich geradezu marginalisiert


Bei den Landtagswahlen hat sicher auch der unklare Kurs der CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf und Julia Klöckner ihren Anteil an der verlorenen Wahl. Grüne und SPD haben in zwei Personenwahlen gewonnen. In den anderen Ländern aber zum Teil rund die Hälfte an Stimmen eingebüßt. Gerade die SPD hat sich geradezu marginalisiert. Einzig der Mangel an aussichtsreichen Alternativkandidaten hält Parteichef Sigmar Gabriel im Amt. Die AfD kann von all dem profitieren. Sie muss nämlich nicht lange erklären. Einfache Lösungen reichen schon aus, um zweistellige Ergebnisse einzufahren, etablierte Parteien zu überflügeln und Nichtwähler wieder zum Kreuzchen-Machen zu animieren. Und wie reagieren Union, SPD und Grüne darauf? Mit Verbalattacken gegen die AfD. Das wird aber nicht ausreichen, um die Rechtspopulisten in die Schranken zu weisen. Die Probleme müsse man eben lösen, dann werde sich alles von selbst erledigen, ist ein häufig geäußertes Argument.

Ein ständiges Vor-sich-hin-wursteln aus Berlin

Also bitte: Probleme lösen und erklären, warum es so läuft, wie es ist! Was sagte stattdessen die Kanzlerin? Sie verkündet ein "Weiter so”. Politik muss erklären, muss gestalten, muss Visionen aufzeigen und sagen, wo die Reise hingehen soll. Was derzeit in Berlin geboten wird, ist dagegen ein ständiges Vor- sich-hin-wursteln. Längst getroffene Entscheidungen - siehe Asylpaket II - müssen noch einmal verhandelt und dasselbe erneut beschlossen werden. Neue Gesetze, sei es die Rente mit 63 oder Entscheidungen zu Zeitarbeit und Werkverträgen, mögen ja wichtig sein, treffen aber nicht den Nerv. Denn auch in den kommenden Jahren wird das Rentenniveau weiter sinken. Zudem steigen die Gesundheitskosten immer weiter. Die Krankenkassen greifen den Versicherten immer tiefer in die Tasche. Als Erfolge werden stattdessen Betreuungsgeld und höhere Hartz-IV-Leistungen verkauft. Lösungen? Fehlanzeige!

Mit einer solchen Politik kann man schon heute vorhersagen: Bei der Bundestagswahl 2017 werden sich die Ergebnisse wiederholen. Die AfD wird mit zweistelligem Ergebnis in den Reichstag einziehen. Die kopflosen Grünen werden um die Fünf-Prozentmarke bangen und die SPD froh sein, wenn sie noch ein zweistelliges Ergebnis einfährt.