Parteitag der ausgebliebenen Aufstände

Freundlicher Empfang für Merkel bei CSU – Seehofer beharrt auf Flüchtlings-Obergrenzen


Angela Merkel wurde von der CSU freundlich empfangen. Den großen Beifall erhielt allerdings Horst Seehofer.

Angela Merkel wurde von der CSU freundlich empfangen. Den großen Beifall erhielt allerdings Horst Seehofer.

Der Aufstand ist ausgefallen. Eine Feier wie sonst bei Parteitagen der CSU üblich erlebte CDU-Chefin Angela Merkel am Freitagabend in München zwar nicht - dazu waren zuletzt die Gegensätze von CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik zu groß. Jubelstürme für die Bundeskanzlerin blieben aus, der Applaus war freundlich, Buhrufe gab es aber ebenfalls nicht.

Wirklich großen Beifall erhielt allerdings ein anderer: CSU-Chef Horst Seehofer, als er Merkel zu deren zehnjährigen Amtsjubiläum am Sonntag schon einmal gratulierte - dies seien gute Jahre für das Land gewesen - und als er das einforderte, wozu Merkel zumindest bis jetzt nicht bereit ist: eine Obergrenze bei der Zuwanderung. Darüber werde er mit Merkel weiter verhandeln.

"Zu diesem Thema sehen wir uns wieder"

Die Kanzlerin lieferte nicht, was die CSU-Delegierten wohl gerne gehört hätten: einen härteren Kurs bei der Zuwanderung. "Zu diesem Thema sehen wir uns wieder" entgegnete Seehofer und verwies darauf, dass er sich mit Merkel bisher noch immer geeinigt hätte.

Stattdessen sprach die Kanzlerin über den Terror, der in Paris so grausam zugeschlagen hatte, die Absage des Fußball-Länderspiels in Hannover und die Geiselnahme in Mali. "Unser freies Leben ist stärker als der Terror", betonte Merkel und sagte Frankreich die volle Unterstützung der Bundesrepublik zu.

Viel Lob fand die Kanzlerin für die Leistung Bayerns in der Flüchtlingskrise. Merkel verwies auf nationale, europäische und internationale Ansätze zur Lösung. So sei es dringend geboten, an der Grenze zu Österreich wieder zu "Ordnung und Steuerung" zurückzufinden. Die Verfahren müssten verkürzt und Migranten ohne Bleibeperspektive entschieden auch abgeschoben werden - auch das gehe "mit einem freundlichen Gesicht".

Europaweit gelte es, eine faire Verteilung von Flüchtlingen zu erreichen und Hotspots einzurichten, wo bereits sortiert werden soll und Menschen ohne Bleibeperspektive zurückgeschickt werden. Mit der Türkei will Merkel Absprachen treffen, um an der Grenze zur EU "Legalität herbeiführen" zu können. Auch der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat und die Verbesserung der Lage in Flüchtlingscamps könnte dabei helfen, Flüchtlingszahlen zu reduzieren. "Wenn Europa sich mit seinen Werten einbringt", seien Lösungen möglich. "Abschottung und Nichtstun ist keine Option im 21. Jahrhundert", sagte Merkel.

Auch ein weiterer Aufstand blieb aus. Stattdessen Shakehands zwischen Finanzminister Markus Söder und Parteichef Horst Seehofer. Beide waren wieder mal heftig aneinandergeraten - Seehofer erhob Zweifel an der Charakterfestigkeit Söders, da sich dieser kurz nach den Terroranschlägen in Paris ungeschickt geäußert und die Flüchtlinge in die Nähe von Terroristen gerückt hatte. Doch am Freitag alles vergeben und vergessen. Seehofer erklärte, er habe sich mit Söder ausgesprochen. Der Finanzminister und Anwärter auf die Seehofer-Nachfolge hält die Angelegenheit ebenfalls für erledigt. Kurz vor Beginn des Parteitags sagte er, in derart ernsten Zeiten gelte es zu arbeiten und nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. "Wir senden jetzt ein klares Signal der Geschlossenheit und der Stärke."

"Abstimmen und dann passiert wieder nix"

Und dieses Signal sandte die CSU auch. Die rund 850 Delegierten nahmen einen Leitantrag und eine Resolution an. Der Leitantrag hat zum Ziel, die Flüchtlingsströme zu begrenzen und eine Obergrenze für die Zuwanderung festzulegen. Die Resolution zielt darauf ab, als Reaktion auf die Anschläge von Paris die Sicherheit zu erhöhen. Doch lag Söder mit seinen Äußerungen so daneben? Der Applaus der Delegierten war ihm jedenfalls sicher, als er den Leitantrag verteidigte. "Abstimmen und dann passiert wieder nix", donnerte ein Delegierter, der wohl die Haltung vieler in der Messehalle widerspiegelte. Die Basis der CSU wünscht sich offenbar noch mehr Deutlichkeit in der Flüchtlingspolitik, obwohl der Leitantrag genau daran wenig Wünsche offen lässt: Obergrenze der Zuwanderung, Schutz der Grenzen, Aussetzen des Familiennachzugs, konsequente Abschiebungen.

Während Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger den Kurs der CSU in der Flüchtlingspolitik unterstützt, kam vonseiten der SPD Kritik. Natascha Kohnen, Generalsekretärin der Bayern-SPD, wetterte: "Die CSU sollte sich mäßigen und konstruktive Lösungsvorschläge bieten, statt als Konjunkturprogramm für die rechten Hetzer zu wirken."

Von einem Aufstand zum Thema dritte Startbahn am Flughafen München blieb Seehofer ebenso verschont. In der CSU-Landtagsfraktion gibt es eine starke Mehrheit für den Bau - Seehofer hatte zuletzt mit einigen Äußerungen erkennen lassen, dass er einen Bau zumindest derzeit für unnötig hält. Selbst eine Unterschriftenliste kursiert in der Fraktion, um eine Entscheidung pro dritte Startbahn zu erzwingen. Am Parteitag war davon kein Wort zu hören. Allerdings machten einige Unterstützer am Rande des Parteitags klar, dass sie in dieser Angelegenheit nicht lockerlassen wollten.

Entsprechend harmonisch verlief dann auch die Feier zu 70 Jahrem CSU. Und beim Delegiertenabend in der Messehalle waren die Querelen mit der Schwesterpartei wieder weit weg. Stattdessen stimmte man sich schon auf die am Samstag anstehenden Vorstandswahlen ein.