Quo vadis

Falsches Signal


Was Koalitions- und Kabinettsbeschlüsse derzeit noch wert sind, zeigt sich in der Flüchtlingspolitik.

Was Koalitions- und Kabinettsbeschlüsse derzeit noch wert sind, zeigt sich in der Flüchtlingspolitik.

Von Monika Müller

Was Koalitions- und Kabinettsbeschlüsse derzeit noch wert sind, zeigt sich in der Flüchtlingspolitik. Während das Familienministerium von Ministerin Manuela Schwesig bereits die Verantwortung für das gegenwärtige Chaos auf sich genommen hat, versucht SPD-Chef Sigmar Gabriel weiter, Kapital aus der Verwirrung zu schlagen. Eigentlich, so war vereinbart, sollte der Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige, die nur subsidiären Schutz genießen, ausgesetzt werden. Nun will der SPD-Chef eine Einzelfallprüfung. Die Regelung betrifft sicher nicht viele. Eine spürbare Verringerung der Migrationszahlen hätte diese Maßnahme ohnehin nicht gebracht. Dennoch ist das neue Zögern gefährlich. Es zeigt in vollem Maße das Unvermögen der Regierung und setzt das falsche Signal: Wir können es nicht.

Dabei wären zumindest Symbole so wichtig gewesen. Die Stimmung in der Gesellschaft ist längst am Kippen und die ständigen Parolen, man strebe eine europäische Lösung an, verfangen nicht mehr. Auch wenn der EU-Gipfel in der kommenden Woche Entscheidungen produzieren könnte - wohlgemerkt könnte -, tut sich derzeit viel zu wenig, um eine nachhaltige Reduzierung der Flüchtlingszahlen zu erreichen. Die Politik kommt seit Monaten nicht aus dem Wurstelmodus.

Auch der Türkeibesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat offenbart, wie hilflos sie gerade agiert. Mit der Türkei zu reden und das Land als Partner zu verstehen, ist ja richtig. Aber derzeit begibt sich Merkel zu sehr in Abhängigkeit von Ankara. Ohne Recep Tayyip Erdogan wird ihr europäischer Ansatz zur Lösung der Flüchtlingskrise scheitern. Europa hat die Türkei jahrelang am langen Arm politisch verhungern lassen. Nun kann sie Forderungen stellen, die ansonsten bestenfalls ein müdes Lächeln auslösen würden. Die gesamte Außenpolitik Deutschlands und Europas ist in vielen Teilen verkorkst und hat zu all den Problemen geführt, mit denen wir jetzt konfrontiert sind. Man hätte die Türkei viel früher als Partner einbinden müssen. Und bei den drei Milliarden Euro, die die Türkei zur Versorgung von Flüchtlingen nun bekommen soll, wird es sicher nicht bleiben. Den Türken kann es recht sein.

Merkel gehen die Ideen und die Optionen aus. Und viel Zeit hat sie auch nicht mehr. Merkel muss endlich Ergebnisse liefern. Das gilt für die Flüchtlingskrise ebenso wie für die Zusammenarbeit in der Koalition. Die Regierungschefin macht es dem Koalitionspartner SPD zu leicht, die CDU immer wieder in die Bredouille zu bringen. An all dies wird auch die CSU die Kanzlerin heute am Aschermittwoch sicher sehr eindringlich erinnern.

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