Wildbad Kreuth

Einsam in Kreuth


Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt am Mittwoch zum zweiten Mal nach Wildbad Kreuth.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt am Mittwoch zum zweiten Mal nach Wildbad Kreuth.

Von Monika Müller

Wenn Angela Merkel heute zur Klausur der CSU-Landtagsfraktion nach Wildbad Kreuth kommt, muss sie sich warm anziehen. Das liegt weniger an den frostigen Temperaturen und den hohen Schneehaufen, die das Hochtal am Tegernsee in ein Winterwunderland verwandeln. Vielmehr dürfte der Bundeskanzlerin die Stimmung im wohltemperierten Saal einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen. Denn die Geduld der CSU mit Merkels Flüchtlingspolitik ist am Ende.

Seit Wochen schießt die CSU aus allen Rohren gegen die Politik der CDU-Chefin. Vor gut zwei Wochen haben ihr schon die Mitglieder der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth deutlich zu verstehen gegeben, dass nun endlich etwas passieren müsse. Und CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer ist sich am Tag vor dem hohen Besuch aus Berlin sicher: Eine europäische Lösung kommt nicht kurzfristig und daher dürfe sich die Bundesregierung nicht länger gegen nationale Maßnahmen zur Flüchtlingsbegrenzung wehren.

Nach einem Brandbrief von 44 Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekommt Merkel auch noch ein Schreiben von 30 bei der letzten Wahl neu ins Landesparlament eingezogenen CSU-Abgeordneten überreicht, dessen Tonlage nicht weniger dramatisch ist. Grund für den Brief sei "die tiefe Sorge um die Zukunft unseres Landes". Die CSU-Landespolitiker halten der Kanzlerin vor Augen, dass "das Stimmungsbild in der Bevölkerung so schlecht wie nie zuvor" sei. Druck kommt auch vom bislang letzten Verbündeten Merkels, aus Österreich. Nicht nur dessen Außenminister Sebastian Kurz mag nicht mehr an die Willkommenskultur à la Merkel glauben, auch die ÖVP-Fraktion im österreichischen Parlament fordert zusammen mit der CSU-Landtagsfraktion, dass nun endlich gehandelt werde. Das bedeutet: konsequente Grenzkontrollen, Abweisen von Personen ohne Bleibeperspektive, Abschiebungen und verstärkter Druck auf die europäischen Partner. Nur so lasse sich der derzeit weitgehend rechtsfreie Zustand überwinden.

Recht gibt der CSU ferner eine aktuelle Umfrage, wonach eine Mehrheit der wahlberechtigten Bayern den Kurs der Bundesregierung für falsch hält. Ohne Obergrenze wird es aus der Sicht von 71 Prozent der Befragten nicht gehen. Merkel indes bittet um Zeit. Doch wofür? In Europa hat sich in den vergangenen Monaten kaum etwas bewegt. Angesichts der heftigen Dauerkritik wird es der Kanzlerin zunehmend schwerfallen, auch im Ausland für ihre Position zu werben. Bewegung erwartet auch CSU-Chef Horst Seehofer heute von der Kanzlerin zwar nicht. Aber sie wird erkennen müssen, für sie und ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik wird es immer einsamer. Und kaum jemand würde akzeptieren, bis nach den Landtagswahlen am 13. März zu warten. Dort nämlich könnte zwar die AfD der CDU die Mehrheiten sichern. Doch bis dahin kommen weiterhin zwischen 3 000 und 4 000 Migranten pro Tag über die Grenze. Das Verständnis dafür schwindet immer mehr.