Wiesbaden
Deutsche Wirtschaft wächst so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr
13. Mai 2016, 11:48 Uhr aktualisiert am 13. Mai 2016, 11:48 Uhr
Die deutsche Wirtschaft hat trotz der Abkühlung der Weltkonjunktur zum Jahresanfang den Turbo eingeschaltet.
Angetrieben von der Konsumfreude der Verbraucher und begünstigt vom milden Winter stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Es war das stärkste Wachstum seit zwei Jahren und mehr als von Ökonomen erwartet. Im vierten Quartal 2015 war die Wirtschaftsleistung noch um 0,3 Prozent gewachsen.
Wachstumsmotor waren zum Jahresanfang nach vorläufigen Berechnungen der Behörde der Privatkonsum und die staatlichen Ausgaben unter anderem für die Unterbringung und Integration Hunderttausender Flüchtlinge. Die Bauwirtschaft profitierte kräftig vom milden Winter. Auch die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungen stiegen deswegen deutlich. Der Außenhandel dämpfte hingegen das Wachstum, weil die Importe stärker stiegen als die Exporte.
"Auf die Binnendynamik ist unverändert Verlass, während der Außenhandel in einem weiter eher schwierigen internationalen Umfeld das Wachstum erneut belastete, aber wohl nur moderat", erklärte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW.
Vielen Verbrauchern sitzt das Geld seit Monaten locker, weil Sparen kaum noch belohnt wird und die gesunkenen Energiepreise die Haushalte zusätzlich entlasten. Löhne und Renten steigen und die Inflation ist im Keller - im April sanken die Verbraucherpreise erstmals seit Januar 2015 sogar wieder. Die Inflationsrate lag um 0,1 Prozent niedriger als im Vorjahresmonat.
China als Abnehmerland für Produkte "Made in Germany" schwächelt
Beflügelt wird die Kauflaune der Verbraucher auch von der günstigen Lage auf dem Arbeitsmarkt. Im April sank die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf den niedrigsten Stand in diesem Monat seit 25 Jahren.
Auch im Vorjahresvergleich wuchs die deutsche Wirtschaft: Das preisbereinigte BIP stieg um 1,3 Prozent, kalenderbereinigt um 1,6 Prozent, da ein Arbeitstag weniger zur Verfügung stand als ein Jahr zuvor.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte allerdings vor zu großer Euphorie. Die Bauproduktion sei wegen des ungewöhnlich milden Winters um 3,4 Prozent gestiegen. "Dies dürfte das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal um rund 0,3 Prozentpunkte überzeichnet haben."
Ökonomen erwarten, dass die deutsche Wirtschaft ihr hohes Tempo im zweiten Quartal nicht halten kann. Dagegen spreche unter anderem die schwache Nachfrage aus Schwellenländern und der nachlassende Schub der Euro-Abwertung des Jahres 2014, argumentierte Krämer. China als Abnehmerland für Produkte "Made in Germany" schwächelt, Russland und Brasilien stecken in der Krise. Zudem verteuert der zuletzt wieder stärkere Euro deutsche Produkte auf dem Weltmarkt, das kann die Nachfrage dämpfen.
"Investitionen in Bauten und Ausrüstungen, die witterungsbedingt ins erste Quartal vorgezogen wurden, werden im zweiten Quartal nun nicht mehr getätigt", erklärte die BayernLB. Auch das Bundeswirtschaftsministerium rechnet mit einem schwächeren Wachstum von April bis Juni.
Ausführlichere Ergebnisse zum ersten Quartal will das Statistische Bundesamt am 24. Mai veröffentlichen.