Führerschein

"Depperltest" auch unter 1,6 Promille: Gericht macht MPU zur Pflicht


Symbolbild: Bei einer Polizeikontrolle wird ein Alkoholtest durchgeführt

Symbolbild: Bei einer Polizeikontrolle wird ein Alkoholtest durchgeführt

Von Regine Hölzel

Wer in Bayern mit weniger als 1,6 Promille am Steuer erwischt wird, konnte bislang um den "Depperltest" herumkommen. Das dürfte jetzt vorbei sein. Laut einem Gerichtsurteil ist die MPU künftig quasi Pflicht.

Bayern geht mit Alkoholsündern im Straßenverkehr künftig härter ins Gericht. Fast jeder, der seinen Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer verliert, muss in Zukunft zum "Depperltest" - egal, wie viel Alkohol er im Blut hatte. Das geht aus einem Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hervor, über das am Freitag zunächst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte.

Darin heißt es: "Nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis (...), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, ist im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der bei der Verkehrsteilnahme vorgelegenen Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen." Das gelte auch, wenn der Fahrer weniger als 1,6 Promille im Blut habe und zum ersten Mal erwischt werde.

Eine Frau, die mit 1,28 Promille aus dem Verkehr gezogen wurde, hatte dagegen geklagt, zur im Volksmund "Depperltest" genannten medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) zu müssen. Die Klage wurde abgewiesen. Ähnlich hatte im Sommer dieses Jahres in einem anderen Fall auch schon der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof entschieden. Das bayerische Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Der VGH hat die Revision zugelassen. (Aktenzeichen: 11 BV 14.2738)

Die Frage, ob schon nach der ersten Trunkenheitsfahrt ein "Idiotentest" fällig wird, ist rechtlich umstritten. In den meisten Bundesländern wird die MPU bei Ersttätern erst ab einem Schwellenwert von 1,6 Promille angeordnet. Nur wenige Länder wie Baden-Württemberg, Berlin und jetzt auch Bayern handhaben dies strenger.

Das führe zu einer kuriosen Wanderbewegung, hatte der ADAC-Jurist Markus Schäpe bereits nach dem Urteil aus Baden-Württemberg im Sommer gesagt: Manche betroffene Berliner und Baden-Württemberger hätten nach einer Verurteilung einfach ihren Wohnsitz in ein anderes Bundesland verlegt, um ihren Führerschein ohne "Idiotentest" zurückzubekommen.

Die MPU soll klären, ob ein Fahrer geeignet ist, ein Fahrzeug zu steuern. Sie wird deutschlandweit jährlich mehr als 90 000 Mal angeordnet, in der Hälfte der Fälle nach Trunkenheitsfahrten. Rund 40 Prozent der Fahrer fallen laut ADAC durch den Test.