Bayerischer Experte

Coronavirus in Deutschland - wie wahrscheinlich ist das?


Ein Mundschutz und eine Schutzbrille in einem Besprechungszimmer der "Task-Force Infektiologie" am Flughafen München. Die AZ hat mit dem Regensburger Experten für Infektologie, Prof. Dr. Bernd Salzberger, gesprochen.

Ein Mundschutz und eine Schutzbrille in einem Besprechungszimmer der "Task-Force Infektiologie" am Flughafen München. Die AZ hat mit dem Regensburger Experten für Infektologie, Prof. Dr. Bernd Salzberger, gesprochen.

Von Markus Giese

Inzwischen hat das Coronavirus Europa erreicht. In Deutschland gibt es noch keinen bekannten Fall. Wie lange bleibt das so? Die AZ hat einen Experten gefragt.

AZ-interview mit Prof. Dr. Bernd Salzberger. Er ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie sowie Leiter der Infektiologie am Uniklinikum Regensburg. Nachdem das Coronavirus nun auch in Frankreich festgestellt wurde, ist die Frage, wie wahrscheinlich eine Ausbreitung nach Deutschland ist.

AZ: Herr Salzberger, können Sie kurz erklären, was der Coronavirus ist?
BERND SALZBERGER: Der Begriff Coronavirus beinhaltet eine Gruppe von Viren, die sowohl bei Menschen wie bei Tieren auftritt. Bei Menschen sind bisher sieben Typen bekannt, die nahezu alle Infektionen der Luftwege verursachen.

Wie verbreitet es sich?
Den genauen Übertragungsweg kennen wir noch nicht. Aber vermutlich in Analogie zu den bisher bekannten Coronaviren erfolgt jetzt die Ansteckung über die Atemwege, in der Regel durch kleine Tröpfchen, die beim Husten infizierter Menschen ausgestoßen werden und dann im Nasen-Rachen-Raum des nächsten aufgenommen werden. Eine Übertragung durch die Luft über mehrere Meter hinweg ist prinzipiell auch vorstellbar.

Wie würde das aussehen?
Zum Beispiel, wenn ein feiner Nebel von einer Infektionsquelle aus entsteht, unter anderem auf der Intensivstation beim Absaugen eines Patienten, wenn kein geschlossenes System verwendet wird.

Coronavirus auch in Deutschland? Man muss damit rechnen

Wie ist die rasende Ausbreitung in Wuhan zu erklären?
Dadurch, dass offensichtlich hier viele Kontakte waren, zum Beispiel durch das chinesische Neujahrsfest, bei dem viele Menschen gereist sind. Und Wuhan ist nun einmal eine wimmelnde Millionenstadt. Außerdem gibt es ja noch keine Immunität, das heißt, das Virus infiziert, wenn es denn in den Nasen-Rachen-Raum gelangt, mit hoher Wahrscheinlichkeit.

Wie wahrscheinlich ist es aus Ihrer Sicht, dass es auch Deutschland erreicht?
Das hängt davon ab, was die Chinesen jetzt tun. Bei raschen Reisebeschränkungen wird es unwahrscheinlicher, aber insgesamt ist das globale Reiseverhalten so, dass man damit rechnen muss, dass Infektionen auch nach Deutschland eingeschleppt werden.

Was sollten Menschen beachten, die in nächster Zeit nach China reisen?
Die WHO hat bisher keine Reisewarnung herausgegeben und auch keine Beschränkungen gefordert. Auch wenn die Fallzahl nun rasch hochgegangen ist, sind die Fälle in einem Land mit über einer Milliarde Menschen noch als extreme Seltenheit zu bezeichnen. Nach den neuesten Nachrichten scheint Wuhan derzeit nicht als Reiseziel in Betracht zu kommen - alles andere muss zunächst einmal eng beobachtet werden.

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