Freising/München

Baldige Entscheidung: Seehofer kommt zu den Startbahngegnern


Horst Seehofer besucht am Donnerstag die Startbahngegner. Danach will er sich festlegen.

Horst Seehofer besucht am Donnerstag die Startbahngegner. Danach will er sich festlegen.

Sogar in der CSU gibt es Leute, die glauben, Ministerpräsident Seehofer habe sich längst gegen die dritte Landepiste am Münchner Flughafen entschieden. Doch der CSU-Chef dementiert. Nun kommt er zu den Startbahngegnern nach Attaching. Danach will er sich festlegen.

Für Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist es "eine der schwierigeren politischen Entscheidungen in meinem Leben". Demnächst muss er sich festlegen: Kommt die dritte Startbahn am Münchner Flughafen oder landet sie in der Schublade? Im November will Seehofer seine Entscheidung verkünden. Dass er sich bereits für einen Aufschub des Flughafenausbaus auf unbestimmte Zeit festgelegt habe, wie selbst CSU-Leute wissen wollen, dementiert er: "Das ist falsch", sagte er zu entsprechenden Berichten. "Ich wüsste im Moment nicht, was ich meinem Kabinett im November vorschlagen sollte."

An diesem Donnerstag (29. Oktober) beendet der Regierungschef erst einmal den im September begonnenen Dialogprozess. Zum Abschluss einer ganzen Reihe von Gesprächsrunden löst er sein Versprechen ein und trifft in Attaching die dort versammelten Startbahngegner. Das schon jetzt unter der direkten Flughafennähe leidende Dorf - es gehört zur Stadt Freising - wäre am schlimmsten vom Fluglärm einer weiteren Piste betroffen. Startende Düsenjets würden im Minutenabstand in geringer Höhe über die Häuser donnern, Teile des 1000-Seelen-Dorfes müssten umgesiedelt werden.

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Flughafengesellschaft München (FMG) mit Bund, Freistaat und Landeshauptstadt als Eigentümer hat seit dem Sommer höchstrichterlich bestätigtes Baurecht. Doch sieht sich die Münchner Rathausspitze an einen ablehnenden Bürgerentscheid zur Startbahn aus dem Jahr 2012 gebunden. Die vier Kilometer lange Piste soll nach neuen Berechnungen der FMG an die 1,6 Milliarden Euro kosten und damit deutlich teurer werden als zunächst geplant.

Zwar nutzen immer mehr Passagiere das neben Frankfurt einzige deutsche Drehkreuz im internationalen Luftverkehr. Die Zahl der Starts und Landungen stagniert jedoch, da die Maschinen immer größer werden und besser ausgelastet sind - für die Startbahngegner das Hauptargument in ihrem jahrelangen Abwehrkampf.

"Wir haben heute weniger Flugbewegungen als 2007/2008", sagte der Freisinger Abgeordnete und Umweltexperte Christian Magerl von den Grünen Anfang Oktober nach einem Treffen Seehofers mit der Landtagsopposition. Der Airport sei noch lange nicht an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Die bayerische Wirtschaft und das Flughafenmanagement betonen jedoch, die Piste sei zwingend erforderlich, damit sich der Airport als internationales Drehkreuz behaupten könne. Das Projekt schaffe 15 000 neue Arbeitsplätze.

Am Donnerstag kommt der Ministerpräsident nun nach Attaching, wo mehrere der unterlegenen Kläger gegen die dritte Startbahn wohnen. "Wir werden Herrn Seehofer einen friedlichen, hoffnungsfrohen Empfang bereiten", kündigte Hartmut Binner vom Aktionsbündnis "AufgeMUCkt" im "Münchner Merkur" an. Trillerpfeifen würden von den Dorfbewohnern nicht eingesetzt. "Es kann höchstens sein, dass jemand die Bayernhymne spielt", sagt Binner.

Das können die Attachinger: Noch im Sitzungssaal sangen sie das Lied der Bayern, als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Frühjahr 2014 sämtliche Klagen gegen das Projekt abschmetterte. Der Vorsitzende Richter war stinksauer und ließ den Saal räumen.

Das genaue Besuchsprogramm von Seehofer am Donnerstag steht noch nicht fest. Binner hat aber die Zusage, dass der Ministerpräsident sich die Sorgen der betroffenen Bewohner anhören wird. Ob Seehofer den Termin auch zu einem Rundgang durchs Dorf nutzen und an der einen oder anderen Haustüre klingeln wird, ist offen. Immerhin zweieinhalb Stunden will der Regierungschef sich Zeit nehmen. Einige Attachinger nehmen sich eigens Urlaub, um dabei sein zu können. In Freising kündigen Plakate das Ereignis an.

Mit dem für Seehofer nicht einfachen Besuch im Zentrum des friedlichen Widerstandes geht der Dialogprozess zur dritten Startbahn zu Ende. Im November will der Ministerpräsident seine mit Spannung erwartete Entscheidung verkünden. In jedem Fall werden dann die Sektkorken knallen. Es steht nur noch nicht fest, ob bei den Startbahngegnern oder bei den Befürwortern.