Wer rennt, wenn's brennt?

Wo andere rauslaufen, laufen sie rein: die Freiwilligen bei der Feuerwehr


Die Feuerwehr hat verschiedene Einsatzwägen.

Die Feuerwehr hat verschiedene Einsatzwägen.

Von Julia Gabauer

Wo andere rauslaufen, laufen sie rein. Sie machen oft Hausbesuche und dürfen nicht auf dem Schlauch stehen. Kommst du drauf? Klar, es geht um die Feuerwehr! Freistunde hat sich eine Feuerwache angeschaut und zeigt, was vom Notruf bis zur Hilfe passiert.

THL 1, VU 2, BMA - hä, was soll das für eine Geheimsprache sein? Für Feuerwehrmänner im Einsatz eine sehr aussagekräftige. Diese Codes aus Zahlen und Buchstaben enthalten wichtige Infos, was sie vor Ort erwartet. Oberhalb der Hauptfeuerwache der Freiwilligen Feuerwehr Straubing gibt es eine sogenannte Integrierte Leitstelle. Da sitzen rund um die Uhr Mitarbeiter vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK). Wenn jemand die Notrufnummer 112 wählt, landet der Anruf hier. Der Mitarbeiter geht ran, fragt die wichtigsten Infos ab und schließt daraus etwa: "Das ist ein Wohnhausbrand, Personen sind nicht in Gefahr. Wir brauchen die Feuerwehr!" Für jede Situation gibt es eine entsprechende Abkürzung. Hier ist das "B3". Während er noch telefoniert, gibt der Mitarbeiter diesen Code in einen Computer ein. Darauf ist eine Software, in der alle verfügbaren Fahrzeuge plus Ausrüstung der umgebenden Feuerwehren vermerkt sind. Je nachdem, welche Geräte nötig sind, um in dieser Situation zu helfen, sucht der Computer blitzschnell das Fahrzeug mit der richtigen Ausstattung heraus. Das System benachrichtigt die dazugehörige Feuerwache. Die Hauptfeuerwache Straubing ist nämlich nicht nur in der Innenstadt vertreten, sondern hat noch Außenlöschzüge in anderen Stadtteilen. Wenn das benötigte Fahrzeug also in Alburg steht, schlagen automatisch die Taschen-Funkmeldeempfänger der dortigen Feuerwehrleute Alarm. Die wissen so "Wir haben einen Einsatz", lassen alles stehen und liegen oder springen aus dem Bett und düsen in die Feuerwache. Dort schlüpfen sie in ihre Uniformen, steigen in das Einsatzauto und ab geht's. Was jetzt lange klingt, geht in Wirklichkeit sehr schnell. Dafür darf ein Feuerwehrauto mit Blaulicht und Martinshorn auch über rote Ampeln fahren. Natürlich nur ganz vorsichtig, sogar die Feuerwehr muss sich an Verkehrsregeln halten. "Wir dürfen andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden. Deswegen fährt zum Beispiel oft ein kleineres Einsatzauto voraus und der Fahrer guckt, ob die Kreuzung frei ist", erklärt Stadtbrandrat Rainer Heimann von der Freiwilligen Feuerwehr Straubing. Nicht, dass die Feuerwehr auf dem Weg zur Rettung noch selbst gerettet werden muss.

Das eigene Leben riskieren

Am Einsatzort angekommen, muss es auch dort schnell gehen. Die Löschgruppe ist in verschiedene Trupps eingeteilt. Es gibt den Angriffstrupp, den Wassertrupp, den Schlauchtrupp, den Gruppenführer, einen Maschinisten und einen Melder. Sie alle haben verschiedene Aufgaben und jedes Mitglied weiß genau, was zu tun ist. "Das Zusammenspiel und Vertrauen untereinander ist sehr wichtig. Es kann im Extremfall um das eigene Leben gehen", gibt Rainer Heimann zu bedenken. "Wichtig ist außerdem, dass der Kommandant den Überblick behält und ruhig bleibt." In einem Gewusel von Polizei, Notarzt, Feuerwehr und Schaulustigen ist das gar nicht so leicht. Damit alles möglichst reibungslos klappt, üben die Feuerwehrleute viel. Sie spielen alle 14 Tage an Außenplätzen und in einer Übungshalle mögliche Einsatzsituationen durch.

In dieser Halle steht eine Endlosleiter. Ihre Sprossen laufen wie bei einem Laufband durch und die Feuerleute müssen sie in voller Montur hochsteigen. In einer Dunkelkammer gilt es, versteckte Personen zu finden. Unter künstlichem Rauch müssen sie jemanden evakuieren und ein demoliertes Dummy-Auto bergen. All das kann in einem richtigen Einsatz passieren. "Diese Abläufe müssen sitzen, auch wenn wir um vier Uhr früh aus dem Bett geschmissen werden", betont der 60-Jährige. Außerdem pauken die Feuerwehrleute Rechtstheorie und sie haben einen eigenen Notfallseelsorger. Das ist die schwierige Seite dieser Tätigkeit: Der Seelsorger kümmert sich um Angehörige. Was die Feuerwehrler erleben, kann auch für sie selbst belastend sein. Deswegen können sie ebenfalls eine Betreuung bekommen und nach einem Einsatz über das Gesehene reden. Der erfahrene Feuerwehrmann entgegnet: "Bei der Feuerwehr sieht man, was einen im Leben alles treffen kann. Wir sind für jeden Einsatz dankbar, der gut ausgeht."

Wenn ein Einsatz vorüber ist, geht es zurück in die Feuerwache. Die Männer haben aber noch nicht Feierabend. Sie kümmern sich jetzt um die Ausrüstung: nasse Schläuche durch trockene ersetzen, Wasser wieder auffüllen, in der hauseigenen Tankstelle Diesel auftanken und vieles mehr. Bis alles bereit ist für den nächsten Einsatz - wenn es wieder schnell gehen muss.

Aufgaben: Mehr als "Wasser marsch!"

Die Feuerwehr hat noch andere Aufgaben als nur Feuer zu löschen. "Wir helfen immer. Wer gar nicht mehr weiter weiß, kann jederzeit die Feuerwehr rufen", sagt Stadtbrandrat Rainer Heimann von der Freiwilligen Feuerwehr Straubing. Die Aufgaben der Feuerwehr lassen sich mit den Schlagworten "Retten, löschen, bergen, schützen" gut zusammenfassen.

1. Brandbekämpfung
Die älteste Aufgabe der Feuerwehr macht gleichzeitig den kleinsten Teil ihrer Einsätze aus. "Das liegt daran, dass die Leute mittlerweile viel vorsichtiger sind, was Feuer angeht, und die Technik so hoch entwickelt ist", weiß der Feuerwehrmann.

2. Technische Hilfeleistung
Das bildet den Großteil der Einsätze. Hier gilt es zum Beispiel, eingeklemmte Personen mit speziellen Geräten aus Fahrzeugen zu befreien, Ölspuren und Benzin von Straßen zu entfernen, vollgelaufene Keller auszupumpen oder auch Wespennester zu entfernen.

3. Rettungsdienst
Feuerwehrleute befreien Menschen aus Lebensgefahr, leisten Sofortmaßnahmen und Erste Hilfe. Außerdem bergen sie Sachgüter und Tiere.

4. Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz, Brandschutzerziehung und -aufklärung

Der Feuerwehr liegt viel daran, Brände zu vermeiden. Deswegen prüft sie, ob geplante und bestehende Gebäude den Brandschutzvorschriften entsprechen. Bei öffentlichen Großveranstaltungen hält die Feuerwehr für den Fall der Fälle Wache. Oft bietet die Feuerwehr sogar Führungen durch die Feuerwache an und erzählt dort etwas über richtiges Verhalten in Notsituationen. Auch in Straubing geht das.

5. Zivil- und Katastrophenschutz
Bei Naturgewalten wie Hochwasser ist die Feuerwehr zur Stelle. Sie kann Menschen evakuieren und sorgt auch für sehr unwahrscheinliche Extremsituationen vor, zum Beispiel die Ausbreitung einer Seuche.

Die Ausrüstung: Sicher und feuerfest verpackt

Der Helm mit Lampe und Nackenschutz schützt den Kopf vor herunterfallenden Gegenständen. Das Atemschutzgerät mit Maske schirmt den Feuerwehrmann von giftigen Dämpfen und Rauch ab. Der Overall mit Brandschutzjacke und Überhose ist aus einem nicht brennbaren Material namens Nomex. Das hält bis zu 500 Grad aus. Hinten auf der Jacke ist der Name der jeweiligen Feuerwehr aufgedruckt. Die komplette Ausrüstung ist mit Reflektoren versehen, die das Licht widerspiegeln. So ist der Feuerwehrmann in der Nacht gut zu sehen, zum Beispiel bei einem Rettungsein-satz auf der Straße. Handschuhe bewahren die Finger vor Schnitten und Verbrennungen. Auch wichtig sind Hose und Stiefel. Feuerwehrleute tragen die Hose über den Stiefeln, damit nichts hineingeraten kann. Die Stiefel selbst haben eine Sohle mit Metall, damit sich keine Nägel durchbohren, eine Kappe schützt die Zehen und die Schuhe sind feuerfest.

Zusätzlich ist dabei:

  • Am Hakengurt hängen Karabinerhaken und eine reißfeste Leine, damit der Feuerwehrler sich und andere sichern kann.
  • Je nach Einsatz nimmt der Feuerwehrmann noch mit, was er braucht. Zum Beispiel einen Leinenbeutel, Holzkeile, um Türen offenzuhalten, oder eine Brandfluchthaube. Die zieht er Personen über, wenn er sie durch den Qualm führt.
  • Gerät der Feuerwehrmann selber in Gefahr und wird etwa bewusstlos, schlägt der Totmannwarner Alarm. Mit einem lauten Piepton meldet er, dass sich der Träger länger nicht mehr bewegt hat. Damit ihn seine Kameraden finden, blinkt das explosionsgeschützte Gerät.
  • Mit einem Funkgerät können sich die Kameraden über große Entfernung untereinander verständigen und abstimmen.

Die Ausrüstung wiegt zwischen 25 und 30 Kilo. Ganz schön viel zu schleppen! Seine PSA hat der Feuerwehrmann aber nicht daheim im Schrank hängen. Sie wartet in der Hauptfeuerwache Straubing in einem von 100 Spinden. Die sind durchdacht eingeräumt. Zum Beispiel ist die Hose schon über die Stiefel gestülpt, um Zeit beim Anziehen zu sparen. So springen die Männer bei einem Einsatz nur rein, ziehen die Hose hoch und fertig. Ein neuer Kamerad wird in der Kleiderkammer ausgestattet. Dort lagern verschiedene Ausrüstungsgegenstände, jeweils circa zehn Exemplare in den gängigsten Größen. Außerdem steht hier eine Nähmaschine für Reparaturen. So eine Ausrüstung kostet komplett nämlich ungefähr 2.500 Euro. Da kann man nicht jedes Mal eine neue kaufen, wenn was kaputtgeht.