Verband Bairische Sprache

Kritik an "erbarmungsloser Dialektdiskriminierung"


Trachtenschmuck hängt an einer Lederhose eines Wiesnbesuchers.

Trachtenschmuck hängt an einer Lederhose eines Wiesnbesuchers.

Von dpa

Auch Mundart ist Muttersprache, finden Dialektpfleger in Bayern. Sie fordern mehr Offenheit gegenüber der regionalsprachlichen Vielfalt.

Der Verband Bairische Sprache setzt sich für die Pflege der Mundart ein und appelliert einmal mehr an Toleranz gegenüber Dialektsprechenden. "Die Zeiten der ebenso geist- wie erbarmungslosen Dialektdiskriminierung sind noch lange nicht vorbei", sagt der Verbandsvorsitzende Sepp Obermeier aus Konzell (Landkreis Straubing-Bogen) mit Blick auf den Internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar.

In etlichen europäischen Ländern gebe es Sprachschutzgesetze, die sich Deutschland zum Vorbild nehmen könnte. Als Beispiel nennt er Norwegen: "Dort wird die offizielle Hochsprache in sechs regionalen Standardvarietäten gesprochen und geschrieben. Das Sprechen lokaler Dialekte ist darüber hinaus in allen gesellschaftlichen Schichten und zu allen Anlässen üblich."

Das Sprachschutzgesetz verbiete es zudem Lehrern, Schulkinder zu maßregeln, wenn sie mündlich ihren angestammten Dialekt verwenden. In Deutschland dagegen würden Kinder in Schulen oder Kindergärten immer wieder angewiesen, hochdeutsch zu reden und ihren Dialekt nur zuhause zu sprechen. Damit müsse Schluss sein, fordert Obermeier. "Wenn heute die Gesellschaft immer sensibler auf Diskriminierungen von Minderheiten reagiert, muss auch die Verächtlichmachung der eigenen Kultur endlich ein Ende haben."

In der Öffentlichkeit werde Dialekt unterschwellig oft als "kurioses Idiom zurückgebliebener Hinterwäldler", dargestellt, sagt Obermeier und verweist auf Persiflagen dialektsprechender Politiker. "Eine Gesellschaftsschicht, die sich so viel auf ihren Kosmopolitismus, ihre Weltläufigkeit, ihre Toleranz einbildet, gerät völlig aus dem Häuschen, wenn sie mit ein wenig phonetischer Diversität konfrontiert wird. Was kann eigentlich provinzieller sein?"

Der Bezirk Oberfranken in Bayreuth startet zum Tag der Muttersprache regelmäßig eine Wahl zum "Oberfränkischen Wort des Jahres". Auch in diesem Jahr können Bürger Vorschläge einreichen, wie eine Sprecherin mitteilte. "Wir in Oberfranken reden gerne so, wie uns der Schnabel gewachsen ist", sagt Bezirkstagspräsident Henry Schramm. "Dabei bereichert uns der Dialekt, indem er das Gemeinte oftmals präziser, emotionaler, bildlicher und originell beschreibt."

2021 hatte bei der Oberfränkisch-Wahl das Wort "Erpfl" (Kartoffel) gewonnen, 2020 der "Fregger" (frecher, aber sympathischer Mensch/Frechdachs), 2019 waren es "Sternlaschmeißer" (Wunderkerzen).