Massive Zweifel

Bayerns Wolfsverordnung ignoriert Bundes- und EU-Recht


Ein Europäischer Grauwolf in einem Gehege vom Wolfcenter Dörverden.

Ein Europäischer Grauwolf in einem Gehege vom Wolfcenter Dörverden.

Von dpa

Seit 1. Mai können in Bayern Wölfe leichter abgeschossen werden. Möglich macht das eine Landesverordnung. Doch es gibt Zweifel an der Rechtmäßigkeit - auch vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags.

Die seit 1. Mai geltende umstrittene bayerische Wolfsverordnung ist laut einem Bundestagsgutachten wohl nicht mit dem geltenden Bundes- und EU-Recht vereinbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine 16-seitige Ausarbeitung des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags, der der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt. Zunächst hatten die Zeitungen der "Mediengruppe Bayern" (Samstag) darüber berichtet. Konkret moniert das Gutachten, dass die bayerische Verordnung die Entnahme eines Wolfes nach dem ersten Riss eines Weidetieres ermöglicht.

Aufgrund der vom Europäischen Gerichtshof geforderten restriktiven Auslegung des Ausnahmekataloges "dürfte eine letale Wolfsentnahme nach nur einem Riss mit den unionsrechtlichen Artenschutzvorgaben grundsätzlich nicht vereinbar sein", heißt es im Gutachten. Mit Blick auf das Bundesnaturschutzgesetz betonte das Gutachten zwar, dass dies in der Rechtssprechung bislang nicht abschließend geklärt sei, jedoch sei im entsprechenden Paragraf 45a der Plural ("Schäden bei Nutztierrissen", "bereits eingetretene[n] Rissereignisse[n]") genannt. Dies setze "bereits in Ansehung seines Wortlautes mehr als nur einen vorangegangenen Riss voraus".

Das Gutachten wurde von der FDP-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben. Es bezweifelt auch, dass in Bayern laut Verordnung Wölfe getötet werden könnten, obwohl erfolgte Schäden an Weidetieren diesen nicht eindeutig zugeordnet wurden oder werden können: Auf den Versuch der konkreten Zuordnung von vornherein zu verzichten, dürfte dem Bundesnaturschutzgesetz "und damit höherrangigem Recht widersprechen".

"Damit ist klar, dass nur der Bund eine rechtssichere Lösung für den Umgang mit dem Wolf schaffen kann", sagte FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr der "Mediengruppe Bayern". Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages habe mit seinem Gutachten zudem bescheinigt, "dass Markus Söder ein Schaumschläger ist: Seine Wolfsverordnung ist in mehrfacher Hinsicht nicht mit Bundesrecht und EU-Recht vereinbar". Dürr kündigte an, dass der Bund bis zum Sommer Eckpunkte für eine bundesweite Regelung erarbeiten und danach umsetzen werde.

Auch in Bayern gibt es massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wolfsverordnung. Der Bund Naturschutz (BN) hatte vor wenigen Tagen beschlossen, gegen die Neuregelung Klage einreichen zu wollen. Der Wolf ist nach europäischem und deutschem Recht eigentlich nach wie vor streng geschützt. Die bayerische Staatsregierung zweifelte den Schutzstatus aber wiederholt an, da es ihrer Meinung nach bereits zu viele Wölfe in Deutschland und auch in Bayern gebe.