Snowboarder beendet Karriere

Johannes Höpfl: Nach zwölf Jahren "Vollgas" ist Schluss


Ist mit sich und seiner Entscheidung im Reinen: Johannes Höpfl beendet seine aktive Karriere als Snowboarder.

Ist mit sich und seiner Entscheidung im Reinen: Johannes Höpfl beendet seine aktive Karriere als Snowboarder.

Johannes Höpfl macht Schluss! Mit 23 Jahren und nach zwei Olympia-Teilnahmen hat der Snowboarder aus Hauzenberg (Landkreis Passau) seine aktive Karriere beendet. Im idowa-Interview spricht der sympathische Bayerwäldler über die Beweggründe für seine Entscheidung, er erklärt, warum er das Karriereende nicht als früh einstuft und verrät, was er in Zukunft vorhat.

Herr Höpfl, wie reifte der Entschluss in Ihnen, Ihre aktive Karriere jetzt zu beenden?
Johannes Höpfl: Nach den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr war ich eigentlich noch fest entschlossen, weiterzumachen. Aber dann war ich bei der Bundeswehr und habe viel nachgedacht. Ich habe die letzten Jahre noch einmal Revue passieren lassen. Ich habe dann gemerkt, dass die Luft ein bisschen raus und die Motivation nicht mehr zu 100 Prozent da ist. Das Level in dem Sport ist mittlerweile aber so hoch, dass es nur zwei Optionen gibt: Ganz oder gar nicht. Larifari weiterzumachen, nur um weiter dabei zu sein, das geht nicht.

Haben Sie die Entscheidung spontan getroffen oder war es ein längerer Prozess?
Höpfl: Das war ein längerer Prozess. Ich habe über die letzten Jahre festgestellt, dass ich den Kopf teilweise schon bei anderen Sachen hatte. Man muss für Sport auf diesem Niveau auf viele Sachen verzichten, ob Zeit für Freunde oder andere Hobbys. Das habe ich vor allem in der Vorbereitungszeit gemerkt. Da war nicht mehr diese Vorfreude da, sondern mehr ein Gefühl des Müssens. Da habe ich mir schon manchmal gedacht, ich würde den Sommer jetzt lieber mit Freunden genießen.

Fiel es dennoch schwer, mit 23 Jahren Schluss zu machen, wenn man jahrelang sehr viel für den Sport investiert und auf vieles verzichtet hat?
Höpfl: Ich verstehe die Aussage von vielen nicht, dass ich mit gerade einmal 23 Jahren aufhöre. Ich fahre Snowboard seit ich fünf Jahre alt bin. Seit ich elf war, bin ich im Nationalteam. Das waren jetzt mehr als zwölf Jahre Vollgas für mich. Dennoch war es natürlich eine Entscheidung, die nicht so leichtgefallen ist und die ich auch nicht von heute auf morgen getroffen habe. Ich habe viel Rücksprache gehalten mit den Leuten im Verband und meiner Familie. Ich finde, dass das Timing jetzt echt gut ist und ich komme mit dem Entschluss sehr gut klar. Es ist allerdings nicht so, dass ich froh darüber bin, nicht mehr dabei zu sein. Es war ja eine überwiegend coole Zeit mit ganz vielen positiven Erinnerungen. Vielmehr ist es eine Freude über neue Freiheiten und das, was jetzt auf mich wartet.

Was werden Sie denn am meisten vermissen?
Höpfl: Ganz klar das Reisen. Das ist zwar teilweise auch stressig, aber ich bin gerne unterwegs. Gerade die großen Reisen im Winter nach Amerika oder Asien werden mir schon abgehen.

Und auf was werden Sie gerne verzichten?
Höpfl: (lacht) Das Schlimmste war für mich immer die Vorbereitung im Sommer. Gar nicht so sehr das Krafttraining, sondern vor allem wenn wir im Sommer unterwegs waren auf Gletschern in Frankreich oder der Schweiz.

Foto: imago

Foto: imago

Neben der abgenommenen Motivation sollen auch Verletzungsgründe eine Rolle bei Ihrer Entscheidung gespielt haben…
Höpfl: Das stimmt. Ich hatte in der Saison 2015/16 eine chronische Entzündung an der Patellasehne. Das waren teilweise höllische Schmerzen, aber ich bin die Saison dennoch unter Schmerzen zu Ende gefahren. 2017 wollte ich in den USA wieder einsteigen, aber die Schmerzen waren bei größerer Belastung sofort wieder da. Zu dieser Zeit hat es keinen Spaß gemacht, da war ich oft einfach nur froh, wenn der Tag vorbei war. Im Juni 2017 bin ich erst wieder eingestiegen. Dadurch habe ich fast zwei Saisons verloren im Vergleich zur Konkurrenz. Die Sportart hat sich enorm weiterentwickelt und die Sprünge sind inzwischen auf einem sehr hohen Niveau.

Trotz des Rückstands haben Sie sich 2018 zum zweiten Mal für die Olympischen Spiele qualifiziert.
Höpfl: Das hat mich sehr gefreut. Aber ich habe bei Olympia auch gemerkt, dass ich doch weit zurück bin im Vergleich zum Top-Level. Da überlegt man dann, ob man das nochmal auf sich nimmt und versucht, sich an dieses Level ranzuarbeiten. Man darf auch nicht vergessen: Die Tricks sind auf diesem Niveau inzwischen auch nicht mehr so ungefährlich.

Waren die beiden Olympischen Spiele im Rückblick Ihre sportlichen Highlights?
Höpfl: Ja, wobei mir die ersten Spiele in Sotschi noch mehr bedeuten. Das war mein Karrierehighlight. Ich habe viel trainiert und gearbeitet, um das zu erreichen. Niemand hat gedacht, dass ich das packe, aber ich habe es gepackt. Das macht mich im Rückblick schon stolz.

Und aus welcher Situation haben Sie am meisten gelernt?
Höpfl: Neben den Verletzungen war das die Situation nach Olympia 2014. Da gab es einen Trainerwechsel. Weil der Freestyle-Bereich im Snowboard als Leistungssport aber noch sehr jung ist, standen neue Trainer jetzt nicht gerade Schlange. Dadurch habe ich gelernt, dass auch eine gewisse Eigeninitiative sehr wichtig ist. Ich habe mir viel eigenes Wissen angeeignet, wie ich mich in den verschiedenen Situationen verhalten muss. Das sind Dinge, die kann ich sicher auch in meinem nächsten Lebensabschnitt gut brauchen.

Sprechen wir nochmals über Olympia. Was macht dieses Event für einen Sportler so besonders?
Höpfl: Es ist einfach einmalig und schwer in Worten zu beschreiben. Ich bin im Wettkampf ein Typ, der ganz selten wirklich nervös ist. Bei Olympia war das ganz anders, da war ich richtig nervös. Das ist eine ganz andere Nummer. Auch das Drumherum ist sehr besonders, das Feeling und das Flair sind einmalig.

Sie sind in Deutschland gewissermaßen Vorreiter in der Halfpipe. Wie hat sich die Situation in den vergangenen Jahren entwickelt?
Höpfl: Es ist nach wie vor schwierig. In Deutschland gibt es ja keine Halfpipe und es ist auch keine in Aussicht. Dadurch sind die Trainingsmöglichkeiten natürlich nicht einfach, man muss viel reisen und viel Aufwand betreiben. Im Verband hat sich in den letzten vier Jahren allerdings vieles getan, da ist man auf einem guten Weg. Es gibt viele Nachwuchssportler im Slopestyle und in der Halfpipe. Ich denke, dass bei Olympia 2022 zwei, drei Athleten dabei sein werden - vielleicht nicht nur dabei sein, sondern auch im Finale mitfahren.

Randsportarten wie das Snowboarden haben es in Deutschland nach wie vor schwer. Was würden Sie sich aus Sportler-Perspektive wünschen?
Höpfl: Für mich persönlich war das nicht so hart, weil ich allgemein eher ruhig und zurückhaltend bin. Ich muss nicht im Rampenlicht stehen. Aber natürlich würde es der Sportart guttun, wenn Medien mehr darüber berichten würden. Viele wissen gar nicht, welcher Aufwand hier im Hintergrund betrieben wird. Aber es ist nunmal so, dass irgendein Fußballspiel mehr Interesse weckt. Fakt ist auch, dass Randsportarten in anderen Ländern einen anderen Stellenwert haben. In Deutschland sind eben Fußball, Skifahren und Biathlon im Fokus, weil wir hier erfolgreich sind. Als Sportler ist das einzige, was man machen kann: gute Leistungen bringen. Solange wir in unserem Sport nicht vorne dabei sind, wird sich das Interesse nicht wesentlich verändern. Man hat es letztlich schon auch selbst in der Hand.

Johanens Höpfl kann sich eine Zukunft als Trainer vorstellen. (Foto: dpa)

Johanens Höpfl kann sich eine Zukunft als Trainer vorstellen. (Foto: dpa)

Im Gespräch ist, ob Sie der Sportart erhalten bleiben, vielleicht als Trainer. Wie sind Ihre Überlegungen?
Höpfl: Die Gedanken dazu gibt es definitiv und ich bin im Austausch mit dem Verband. Vielleicht steige ich erst einmal als Trainer im Nachwuchsbereich ein. Noch ist es aber nicht zu 100 Prozent fix, wie es weitergeht. Ich denke, dass eine Entscheidung in rund vier Wochen fallen wird.

Was würde Sie denn daran reizen, als Trainer zu arbeiten?
Höpfl: Zum einen würde ich mein Wissen und meine Erfahrung gerne weitergeben. Zum anderen wäre es tatsächlich hart, von heute auf morgen komplett auszusteigen und gar nicht mehr dabei zu sein. Wenn ich einen Posten bekommen könnte, wäre ich sehr motiviert und hätte Lust darauf.

In einem Interview auf der Verbandsseite haben Sie vor den letzten Olympischen Spielen gesagt, Sie könnten sich durchaus vorstellen, auch andere Sportarten leistungsorientiert zu betreiben. Sie nannten Motocross, Downhill Mountainbike oder Basketball. Gibt es hier Überlegungen?
Höpfl: Hobbymäßig fahre ich bereits Motocross-Rennen. Aber um das leistungssporttechnisch zu machen, bin ich, ehrlich gesagt, schon zu alt. Aber ich möchte das auch gar nicht mehr. Ich habe festgestellt: Wenn man im Leistungssport unterwegs ist, dann gibt es Tage, wo man die Lust an seinem Sport verliert. Ich möchte nicht, dass das mit einem meiner Hobbys passiert. Ich habe mit dem Leistungssport als Athlet abgeschlossen.