Netzfundstück der Woche

Von Söders Tasse und Deutschlands Corona-Zukunft


Markus Söder (CSU), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, sitzt beim virtuellen Parteitag vor seiner Rede in seinem Büro in der CSU-Landesleitung. Auf seinem Schreibtisch steht eine Tasse mit der Aufschrift "Winter is coming/Winter is here" und einem Motiv aus der fernsehserie "Game of Thrones". Die Teilnehmer des Parteitages können die Rede in einem Stream verfolgen. Es ist bereits der zweite Parteitag, den die CSU seit Beginn der Corona-Pandemie nur im Internet durchführt.

Markus Söder (CSU), Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, sitzt beim virtuellen Parteitag vor seiner Rede in seinem Büro in der CSU-Landesleitung. Auf seinem Schreibtisch steht eine Tasse mit der Aufschrift "Winter is coming/Winter is here" und einem Motiv aus der fernsehserie "Game of Thrones". Die Teilnehmer des Parteitages können die Rede in einem Stream verfolgen. Es ist bereits der zweite Parteitag, den die CSU seit Beginn der Corona-Pandemie nur im Internet durchführt.

Von Redaktion idowa und mit Material der dpa

Es ist eine besondere Parteitagsrede und überhaupt ein besonderer Parteitag: Markus Söder schwört die CSU und das ganze Land auf einen harten Corona-Winter ein. Und er hat dafür eine subtile Art der Botschaft gewählt - unser Netzfundstück der Woche.

Es ist vielleicht die entscheidende Passage dieses ohnehin denkwürdigen CSU-Parteitags, die noch länger in Erinnerung bleiben wird. Eine halbe Stunde hat Markus Söder schon gesprochen, als er plötzlich ungewohnt persönlich wird. Der Parteichef berichtet von Drohungen und Anfeindungen, die ihn wegen seines konsequenten Anti-Corona-Kampfes regelmäßig erreichen. Und zitiert dann daraus.

"Sie werden den morgigen Tag nicht mehr erleben", liest Söder vor. "Ich werde Sie erschießen, in Scheibchen schneiden und Tigern zum Fraß vorwerfen." Oder: "Dieser größenwahnsinnige Psychopath muss unbedingt schnellstmöglich am nächsten Baum aufgehängt werden." Noch einige weitere Zuschriften, eine kruder als die andere, liest der bayerische Ministerpräsident vor. "Schon ziemlich krass, oder?"

Söders Tassen-Botschaft

Und dann kommt Teil zwei dieser Szene: Söder schenkt sich Tee ein, in eine Tasse mit der Aufschrift "Winter is coming" aus dem auch von Söder überaus geschätzten US-Serien-Epos "Game of Thrones". "Durchschnaufen" müsse er erstmal, sagt Söder nach dem Vorlesen der Morddrohungen. Und dann, just als er den heißen Tee in die Tasse gießt, ist darauf plötzlich zu lesen: "Winter is here".

Dass die im Internet ab rund 15 Euro erhältliche und nach der Rede zumindest zwischenzeitlich ausverkaufte Tasse ihr Aussehen beim Einfüllen heißer Flüssigkeit verändert, habe Söder nicht gewusst, heißt es später, sie sei ein Geschenk gewesen. Doch ob gewollt oder nicht: Zwei zentrale Botschaften dieser Parteitagsrede hat Söder mit dem Zitieren der Morddrohungen und mit den Aufschriften der Tasse jedenfalls gesetzt. Zur Erläuterung: In der Serie steht die Aussage "Der Winter kommt" für eine tödliche Bedrohung der Menschen durch eine vermeintlich unbesiegbare Armee von Untoten.

Im Netz sorgt die Tasse des Ministerpräsidenten ebenfalls für Aufsehen - mal sind Nutzer begeistert, dass sich Söder für die beliebte Serie zu interessieren scheint, mal hagelt es aber auch Kritik. Der bayerische Politiker solle lieber die Effekthascherei lassen, schreibt beispielsweise ein Nutzer.

Botschaft eins, und das ist ja Söders zentrale Warnung seit Wochen angesichts der wieder steigenden Corona-Zahlen: Der Winter kommt - mit all den damit verbundenen Gefahren und drohenden Rückschlägen im Kampf gegen das Virus. Botschaft zwei: Das Land müsse zusammenstehen, um in dieser "Naturkatastrophe" (O-Ton-Söder), in dieser "Prüfung" für die heutige Zeit und die heutigen Generationen, zu obsiegen. Und in diesem Kampf will Söder allen Verschwörungstheoretikern, auch allen Demokratiefeinden und besonders Neonazis die Stirn bieten.

Corona-Krise und Kampf gegen Virus

In Söders am Ende fast einstündiger Rede geht es natürlich in weiten Teilen um die Corona-Krise und den Kampf gegen das Virus. Wegen der hohen Infektionsgefahr hatte die CSU nach einem kleinen Parteitag im Mai auch diesen großen Parteitag zum ersten Mal in der CSU-Geschichte komplett ins Internet verlegt. Rund 700 Delegierte sind zugeschaltet, aus Wohnzimmern und Dachstudios, manche mit Kindern auf dem Schoß. Später werden zahlreiche Anträge diskutiert und verabschiedet. Doch im Fokus der Öffentlichkeit stehen Söder und dessen Rede, die er wie im Mai von seinem Schreibtisch im Parteivorsitzenden-Büro aus hält.

Söder will die breite Öffentlichkeit, aber offenbar auch noch manche Zweifler in seiner Partei, einschwören auf einen noch langen Kampf. "Corona ist mit voller Wucht, aller Macht wieder da, in ganz Europa", warnt er. "Die zweite Welle läuft." Man solle aber nicht ängstlich und kopflos sein, sondern besorgt - und optimistisch: "Wir sind viel stärker, als wir glauben. Wir können mehr, als wir denken", sagt er.

Söder weiß vor allem eines: Bis zur Wahl ist es noch ein Jahr hin. Vor allem in Zeiten von Corona ist das eine halbe Ewigkeit. Und wie steht schon auf Söders Tasse: Erst einmal kommt bald der Winter.