Mord statt Totschlag?

Der Fall Dominik R. soll neu aufgerollt werden


Dominik R. bei der damaligen Gerichtsverhandlung. Er hatte gestanden, seine Ex-Freundin erstochen zu haben.

Dominik R. bei der damaligen Gerichtsverhandlung. Er hatte gestanden, seine Ex-Freundin erstochen zu haben.

Von Redaktion idowa

Im November 2017 wurde Dominik R. vom Landgericht Passau zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt, weil er seine Ex-Freundin und Mutter seines Kindes getötet hatte. Das Urteil lautete damals auf Totschlag. Drei Jahre später könnte der Fall nun aber eine überraschende Wendung nehmen. Denn die Staatsanwaltschaft Deggendorf hat nun eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. War es Mord statt Totschlag?

In den frühen Morgenstunden des 27. Oktober 2016 tötete Dominik R. seine Ex-Freundin und damit gleichzeitig die Mutter des gemeinsamen Sohnes in einer Wohnung in Freyung durch mehrere Messerstiche. Die Frau verblutete im Schlafzimmer innerhalb von Minuten. Die Staatsanwaltschaft Passau erhob damals Anklage wegen Mordes. Er soll die Getötete im Schlaf heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen umgebracht haben. Er habe nicht akzeptieren wollen, dass seine ehemalige Lebensgefährtin eine neue Liebesbeziehung eingegangen sei, ihm sein Sohn entzogen werden und der neue Partner seine Vaterrolle einnehmen könnte.

Das Landgericht Passau ließ die Anklage zu und eröffnete die Hauptverhandlung vor der 2. Strafkammer als Schwurgericht. Das Gericht wies bereits im Eröffnungsbeschluss darauf hin, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags in Betracht kommt. Am 20. November 2017 verurteilte das Gericht Dominik R. nach einer umfangreichen Beweisaufnahme wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Das Urteil ist rechtskräftig.

Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt

Die Kammer war damals allerdings davon überzeugt, dass sich Dominik R. und die Getötete in den frühen Morgenstunden des 27. Oktober 2016 über den zukünftigen Umgang mit dem Sohn stritten und die Messerstiche spontan aus diesem Streit heraus stattfanden, die Getötete also nicht schlief, sondern wach war. Niedrige Beweggründe sah die Kammer nicht als erwiesen an, weil die Tat einer Situation der Verzweiflung und des Zorns über den drohenden Verlust seines Sohnes entsprang.

Knapp drei Jahre später könnte aber noch einmal die Wendung in dem Fall kommen. Denn die Staatsanwaltschaft Deggendorf hat die Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten von Dominik R. beantragt. Der Grund: Am 9. Dezember 2019 und am 25. Februar 2020 wurden zwei Zeugen, die im Prozess gegen Dominik R. aussagten, vom Amtsgericht Passau wegen falscher uneidlicher Aussage rechtskräftig zu Bewährungs- beziehungsweise Geldstrafen verurteilt. Das Amtsgericht Passau war davon überzeugt, dass beide Zeugen zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen Aussage vor dem Landgericht Passau Kenntnis davon hatten, dass die Getötete im Schlaf erstochen wurde. Dieses Detail soll einer der Zeugen direkt von Dominik R. kurz nach der Tat erfahren haben.

Geschlechtsverkehr mit der Leiche?

Beide Zeugen verschwiegen allerdings ihr Wissen über den Tatablauf vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft geht nun davon aus, dass das Urteil des Landgerichts Passau bei wahrheitsgemäßer Aussage der Zeugen anders ausgefallen und Dominik R. wegen Mordes verurteilt worden wäre. Zusätzlich sollen die Zeugen gewusst haben, dass Dominik R. die Tötung geplant und er nach der Tat den Geschlechtsverkehr mit der Leiche ausgeübt haben soll. Im Anschluss sei die Getötete zum Ausbluten in die Wanne gelegt und schließlich in Müllsäcke verpackt worden.

Hätten die Zeugen bereits damals diese Details mitgeteilt, wäre die Tötung nicht nur heimtückisch, sondern auch aus niedrigen Beweggründen erfolgt. Davon geht die Staatsanwaltschaft heute aus. Dominik R. habe der Getöteten ohne eine Beziehung zu ihm das Lebensrecht abgesprochen und deutlich gemacht, dass er sie als seinen Besitz betrachtet.

Nun muss das Gericht eine Wiederaufnahme des Verfahrens prüfen.