Missbrauchsgutachten

Münchner Betroffene wirft Marx "Missachtung" vor


Das Gutachten zu Fällen von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising.

Das Gutachten zu Fällen von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising.

Von dpa

Die Münchner Betroffenen-Vertreterin Agnes Wich wirft Kardinal Reinhard Marx Missachtung der Opfer sexuellen Missbrauchs vor.

Dass der Erzbischof von München und Freising das am Donnerstag vorgestellte Gutachten zu Missbrauchsfällen in seiner Diözese nicht persönlich entgegennahm, kritisierte sie scharf. "Das finde ich persönlich ein ganz deutliches Zeichen der Missachtung und Verachtung der Opfer", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Sie warf ihm vor, als Auftraggeber die öffentliche Annahme des Gutachtens verweigert zu haben.

Wich war im vergangenen Jahr nach wenigen Wochen aus dem Betroffenenbeirat des Bistums ausgetreten, der dabei helfen soll, die Fälle in der Diözese aufzuarbeiten.

Das vom Erzbistum München und Freising selbst in Auftrag gegebene Gutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt wurden und wirft den ehemaligen Erzbischöfen Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger, dem heute emeritierten Papst Benedikt XVI., konkret und persönlich Fehlverhalten in mehreren Fällen vor.

Auch dem aktuellen Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, wird Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen. Von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern sprechen die Gutachter, gehen aber von einem deutlich größeren Dunkelfeld aus. Marx war der Vorstellung des Gutachtens ferngeblieben, hatte seinen Vertreter, Generalvikar Christoph Klingan, geschickt und sich später in einem kurzen Statement "erschüttert und beschämt" gezeigt. Wich betonte: "Durch das Gutachten ist unmissverständlich deutlich geworden, wie Betroffene behandelt wurden."