"Ein Kindheitstraum"

Dahlmeier krönt sich zur Olympiasiegerin


Auf den Punkt topfit: Die deutsche Biathletin Laura Dahlmeier.

Auf den Punkt topfit: Die deutsche Biathletin Laura Dahlmeier.

Von Guido Verstegen / Online

Was für ein Rennen, was für eine coole Nummer am Schießstand! Laura Dahlmeier hat in Pyeongchang die erste Goldmedaille für die deutsche Mannschaft erobert. Im Sprint über die 7,5 Kilometer siegte der Biathlon-Star souverän.

Pyeongchang - Nach ihrem phänomenalen Goldlauf sprang Laura Dahlmeier euphorisch auf das Siegerpodest, schrie immer wieder lauthals ihre pure Freude heraus. Deutschlands Biathlon-Königin hat im Sprint von Pyeongchang dem immensen Erwartungsdruck standgehalten und die Hoffnungen auf einen erneuten Goldrausch genährt.

Die 24-Jährige krönte sich am Samstag mit einer fantastischen und abgezockten Leistung erstmals zur Olympiasiegerin und bescherte dem deutschen Team am ersten Wettkampftag die erste Medaille.

"Es ist einfach unglaublich. Das ist wirklich ein Kindheitstraum, der für mich in Erfüllung geht. Ich habe so lange von diesem Tag geträumt. Ich freue mich auf alles, was noch kommt", sagte Deutschlands Sportlerin des Jahres sichtlich gerührt. So deutlich wie wohl nie zuvor war der Garmisch-Partenkirchnerin die Erleichterung anzumerken, denn auf ihr lastete der gesamte Druck.

"Die Erwartungen von außen waren mindestens so hoch wie meine eigenen. Trotzdem muss ich versuchen, locker zu bleiben. Das ist so ein Schlüssel zum Erfolg bei mir", sagte sie. "Dass ich das so umsetzen konnte, macht mich unheimlich dankbar und auch stolz."

Hönig: "Laura überstrahlt eine tolle Teamleistung"

Nach dem perfekten Auftakt könnte die Bayerin in Pyeongchang ähnlich erfolgreich sein wie im Vorjahr bei der WM, wo sie mit ihrem historischen Fünffach-Triumph Sportgeschichte schrieb. "Laura überstrahlt eine tolle Teamleistung. Mit einer Medaille wird vieles leichter, auch die folgenden Wettkämpfe", sagte Bundestrainer Gerald Hönig.

Zudem machten die Skijägerinnen damit endgültig ihr Debakel von Sotschi vergessen, wo sie erstmals ohne Medaille geblieben waren. Dahlmeier, die bereits als Sechsjährige ins Poesiealbum einer Freundin als einen Berufswunsch Olympiasiegerin schrieb, verwies am Samstag nach 7,5 Kilometern fehlerfrei die Norwegerin Marte Olsbu (1 Fehler/+ 24,2 Sekunden) und Veronika Vitkova aus Tschechien (1/+ 25,8 Sekunden) auf die Plätze.

Und sie verschaffte sich damit eine glänzende Ausgangslage für die Verfolgung am Montag, wo sie als klare Favoritin ihren zweiten Gold-Coup anpeilt. "Erster Tag, erstes Gold von einer wunderbaren Laura Dahlmeier. Mit stählernen Nerven beim Schießen hat sie das Rennen gewonnen. Herzlichen Glückwunsch", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der im Stadion war.

Vanessa Hinz auf Platz fünf

Ein ganz starkes Rennen lieferten auch Vanessa Hinz als Fünfte (1 Fehler/+ 40,3 Sekunden) und Franziska Hildebrand als Zwölfte (1/+ 53,7 Sekunden) ab. Die hochgehandelte Ex-Langläuferin Denise Herrmann musste sich nach zwei Strafrunden bei ihrer Olympia-Premiere bei denn Skijägern mit Platz 21 (+ 1:19,6 Sekunden) zufrieden geben.

In der Kältekammer des Alpensia Biathlon-Centers hoch oben in den Bergen zeigte Dahlmeier bei eisigen Temperaturen von sieben Grad unter Null, warum viele sie für die kompletteste Skijägerin halten, die es je gab. Denn nach einem zuvor eher durchwachsenen Winter mit zwei Krankheitspausen und zwei Weltcup-Siegen ist Dahlmeier auf den Punkt genau topfit.

Nervenstark am Schießstand

Neben der viertbesten Laufleistung unterstrich sie vor allem ihren Status der herausragenden Schützin. Denn bei den schwierigen Windbedingungen reagierte sie im Liegendanschlag genau richtig auf eine aufkommende Böe und blieb fehlerfrei. Zu diesem Zeitpunkt waren ihre ärgsten Kontrahentinnen wie die zweimalige Olympiasiegerin Anastasiya Kuzmina, Kaisa Mäkäräinen oder Darja Domratschewa schon mit Fehlern belastet.

Und auch stehend schien der tückische Wind zum Problem werden zu können. Dahlmeier blieb aber cool, wartete ab und setzte abgezockt alle fünf Patronen ins Schwarze. Wie einmalig ihren Leistungen sind, zeigt, dass Dahlmeier in den letzten zwölf großen Biathlon-Rennen immer auf dem Podium stand: Vor dem Olympiasieg hatte sie elf WM-Medaillen in Serie geholt. Und ihr erstes Olympia-Gold wird wahrscheinlich nicht ihr letztes sein.

Dahlmeiers Saison war ein Auf und Ab

Überfliegerin Dahlmeier war im Vorfeld als große Gold-Favoritin gehandelt worden, in ihrem insgesamt vierten Olympia-Einzelrennen zeigte sie ihre mit Abstand stärkste Leistung.

Vor vier Jahren in Sotschi hatte Dahlmeier bei ihrem Debüt bei Winterspielen nichts mit den Medaillenrängen zu tun und belegte nur die Plätze 46 (Sprint), 30 (Verfolgung) und 13 (Einzel). Dahlmeiers Saison war zuvor ein Auf und Ab. Von zwei Erkältungen geschwächt konnte die Bayerin in den vergangenen Monaten keine konstant guten Leistungen abrufen und musste krankheitsbedingt sogar Rennen auslassen.

Zwar feierte sie schon zwei Saisonsiege, lieferte mit Rang 48 im Einzel von Ruhpolding im Januar aber auch das bislang schwächste Resultat ihrer Karriere ab. Im Vorjahr hatte Dahlmeier bei der WM in Hochfilzen in sechs Rennen fünfmal Gold und einmal Silber gewonnen, keine andere Skijägerin war jemals zuvor so erfolgreich bei einer Weltmeisterschaft. In Südkorea hat sie fünf weitere Medaillenchancen.