Interview mit "Pax" Hobelsberger

Ein Niederbayer in der Super-Sport-Weltmeisterschaft


In seiner Debütsaison in der World Super Sport Championship könnte Patrick Hobelsberger für Überraschungen sorgen.

In seiner Debütsaison in der World Super Sport Championship könnte Patrick Hobelsberger für Überraschungen sorgen.

Patrick Hobelsberger aus dem Raum Landau an der Isar im Landkreis Dingolfing-Landau ist ein ambitionierter Motorsportler, der seit dieser Saison in der World Super Sport Championship an den Start geht.

Der 23-Jährige Fahrer des Teams "Dynavolt Honda" sprach mit idowa über seinen ungewöhnlichen Karriereweg, die aktuelle Corona-Krise und seine langfristigen Ziele. Die World Super Sport Championship, kurz World SSP, ist die mittlere Klasse der Superbike-Weltmeisterschaft. Zusammen mit der World Super Bike Championship und der World SSP 300 finden in der World SSP im Verlaufe einer Saison dreizehn Rennen in aller Welt statt.

Herr Hobelsberger, welche Bedeutung hat für Sie Ihre Nummer 521?

Hobelsberger: "Die Nummer 521 hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. Als sich ein kleiner Bub war, ist mein Vater beim Porsche Alpen-Cup mitgefahren. Er hatte damals auch die 521 und in meinem Kinderzimmer hingen viele Aufkleber mit dieser Nummer. Schon damals war für mich klar: Wenn ich mal Rennfahrer werde, dann auch nur mit der 521. Mein Vater hat also in dieser Hinsicht eine absolute Vorbildfunktion für mich eingenommen."

Die Rennserie

Welchen besonderen Reiz hat die World SSP für Sie?

Hobelsberger: "Grundsätzlich ist die Tatsache, dass die Rennserie eine Weltmeisterschaft ist, schon eine extreme Motivation für mich. Darüber hinaus schätze ich an der WorldSSP die enorme Chancengleichheit, die das Reglement herstellt, und die extreme Leistungsdichte. Im Gegensatz zur MotoGP fahren wir mit seriennahen Motorrädern, die man mit etwas Geschick auch nachbauen kann. Dahingegen sind MotoGP-Bikes absolute Prototypen, ähnlich einem Formel-1-Auto."

Was fehlt der World SSP im Vergleich zu anderen Rennserien Ihrer Meinung nach noch?

Hobelsberger: "Das Einzige, was ich mir für die World SSP und die beiden Schwesterserien noch wünschen würde, wäre mehr Berichterstattung. Gerade in Österreich und Deutschland wird das ganze noch sehr stiefmütterlich behandelt und viele Fans wünschen sich eine Übertragung von Qualifikation und freien Trainings, um mehr über die Hintergründe erfahren zu können. An Zuschauern neben der Strecke mangelt es nicht, so waren zum Beispiel vergangenes Jahr in Misano knapp 120.000 Fans mit dabei."

Der bisherige Karriereweg

Sie sind einen ungewöhnlichen Karriereweg über die CIV Supersport-Serie in Italien gegangen. Was war der Grund dafür und welche Probleme mussten Sie dort bewältigen?

Hobelsberger: "Der ausschlaggebende Grund für den Schritt nach Italien war, dass die CIV Supersport-Serie deutlich stärker ist als die deutschen Wettbewerbe. Die Leistungsdichte und das Niveau sind dort sensationell. Ein Beispiel: Im Qualifying von Misano waren sage und schreibe 17 Fahrer innerhalb einer Sekunde. Du musst dich also wirklich durchsetzen, nicht nur wegen des Niveaus, sondern auch die Harakiri-Aktionen mancher 18-jähriger Italiener bringen dich an deinen Grenzen und machen einen besseren Fahrer aus dir. Allgemein war es der richtige Weg, um anschließend den nächsten Schritt machen zu können."

Sie kommen ursprünglich aus dem Motocross-Bereich und sind erst relativ spät auf die Rennstrecke umgestiegen. Wie kam es dazu?

Hobelsberger: "Ja, das stimmt. Ich habe mit vier Jahren zum Spaß angefangen, Motocross zu fahren und im Alter von elf oder zwölf ging es dann auch zu Wettbewerben. Aber ich habe relativ schnell bemerkt, dass das ganze nicht so mein Ding war, wollte aber trotzdem beim Motorsport bleiben. Zum 18.Geburtstag habe ich dann von meinem Vater einen Gutschein für die Rennstrecke bekommen. Dort wurde dann mein Talent entdeckt und mir wurde gesagt, dass ich unbedingt weitermachen müsse."

Sie haben gemeinsam mit Ihrem Manager Andreas Ledermann einen Drei-Jahres-Plan entworfen. Wie sieht dieser aus und wie wirkt sich die aktuelle Rennpause auf Ihren Plan aus?

Hobelsberger: "Der Drei-Jahres-Plan sieht wie folgt aus: Das erste Jahr in der World SSP möchte ich dafür nutzen, möglichst viel zu lernen und ohne den großen Druck alle Abläufe zu verinnerlichen. Das zweite Jahr dient dem Aufbau und soll in den Rennen regelmäßig unter die besten Zehn führen. Im dritten Jahr heißt es dann Attacke auf das Podest oder vielleicht auch mehr, zumindest möchte ich dann laufend in die Top-Fünf fahren. Danach folgt dann die Frage, ob ich es als Profifahrer in der World SBK versuchen oder den Sport weiterhin nur als Hobby betrachten möchte. Sollte zweiteres eintreten ist mein Plan, den Meister im Zimmererhandwerk zu machen und den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Die momentane Rennpause ist für diesen Plan noch kein Problem, da nach aktuellem Stand die meisten Rennen nachgeholt werden können."

Die Corona-Pause

Wie halten Sie sich in der aktuellen Situation fit?

Hobelsberger: "Im Endeffekt läuft für mich derzeit einfach die Vorbereitungsphase weiter. Ich habe nach dem Rennen in Australien einen leicht angepassten Trainingsplan erhalten und trainiere mit verschiedenen Intensitäten fünf- bis sechsmal die Woche auf dem Rennrad."

Wie versuchen Sie sich auf die restliche Saison - insofern Sie stattfindet - vorzubereiten?

Hobelsberger: " Die Situation ist vor allem mental natürlich nicht einfach, aber ich sehe die Pause eher als Chance, meine kleinen Schwächen auszugleichen und dann beim Restart der Saison in optimalem Fitnessstand an den Start zu gehen. Aktuell ärgere ich mich noch nicht zu stark und habe auch immer noch Bock auf das Training."

Sind Rennsimulationen auf der Playstation tatsächlich ein probates Mittel zur Vorbereitung?

Hobelsberger: "Bei unbekannten Strecken sind Simulationen tatsächlich extrem hilfreich. Gerade bei blinden Kurven wie in Imola kann man das Layout aktiv lernen. Darüber hinaus sind die heutigen Simulationen extremst genau, das heißt auch die Abstände zwischen den Kurven und die Bremslinien stimmen exakt. Bei der Ankunft an einer eigentlich unbekannten Rennstrecke muss man sich dann nicht erst einen halben Tag einfühlen, sondern kann sofort mit dem Setup beginnen."

Zur bisherigen Saison

Wie war für Sie die Umstellung von Yamaha auf Honda und was sind die größten Unterschiede, die Sie bisher feststellen konnten?

Hobelsberger: "Insgesamt war die Umstellung nicht so schwierig wie vermutet. Beide Bikes haben ihre Vor- und Nachteile. Der größte Unterschied ist wohl, dass die Honda weniger verzeiht und man dadurch viel sauberer fahren muss. Locker zu bleiben, ist dabei sehr wichtig. Diese Eigenschaften der Honda haben mir in der Vorbereitung auf diese Saison aber definitiv bei meiner persönlichen Entwicklung als Fahrer geholfen."

Erzählen Sie uns von Ihrem Rennen in Australien. Sie waren zuvor noch nie auf der Rennstrecke von Philip Island zu Gast und haben doch auf Anhieb einen beachtlichen 13.Platz eingefahren.

Hobelsberger: "Die Rennstrecke von Philip Island hatte ich zuvor auch durch Simulationen und intensives Video-Studium kennengelernt. Mit dem Ergebnis war ich sehr zufrieden. Ich hätte mir niemals gedacht, so früh in der Saison schon in die Punkte fahren zu können. Punkte gibt es ab Platz 15 und es war das Ziel, vielleicht mal Mitte der Saison in diese Richtung zu kommen. Auf Anhieb als Rookie drei Punkte einzufahren, ist schon enorm."

Zukunftsmusik

Wann könnte es mit der Saison weitergehen?

Hobelsberger: "Ich denke das Rennen in Donington Anfang Juli könnte ein realistischer Zeitpunkt für den Restart der Saison sein. Mit etwas Glück und viel Optimismus vielleicht sogar der Grand Prix in Misano im Juni."

Wohin soll die Reise führen? Ist es das langfristige Ziel, um die Spitzenplätze der WorldSSP mitzufahren oder würde Sie auch eine andere Rennserie reizen?

Hobelsberger: "Das langfristige Ziel ist es, Profifahrer bei einem Werksteam der World SBK zu werden. Natürlich ist auch der Superbike-Weltmeistertitel ein Traum, aber wer diesen Traum nicht hat, ist im Rennsport ohnehin falsch. Für die Zukunft kann ich es mir aber genauso gut vorstellen, irgendwann in einer anderen Rennserie wie der British Superbike oder der AMA Superbike mitzumischen."