Drei Jahre nach erstem Corona-Fall

Holetschek: Deutschland kaum besser auf neue Pandemien vorbereitet


Am 27. Januar 2020 wurde erstmals ein Corona-Fall in Deutschland nachgewiesen. Seitdem ist viel passiert. Doch was bedeutet das für die Zukunft? Bayerns Gesundheitsminister sieht noch große Baustellen. (Archivbild)

Am 27. Januar 2020 wurde erstmals ein Corona-Fall in Deutschland nachgewiesen. Seitdem ist viel passiert. Doch was bedeutet das für die Zukunft? Bayerns Gesundheitsminister sieht noch große Baustellen. (Archivbild)

Von dpa

Drei Jahre nach dem ersten Corona-Fall in Bayern sieht Gesundheitsminister Klaus Holetschek Deutschland und den Freistaat nur bedingt besser auf künftige Pandemien vorbereitet.

Zwar gebe es Erkenntnisse und Verbesserungen wie das neu geschaffene Pandemiezentrallager oder das Abwasser-Monitoring, "trotzdem bin ich der Meinung, dass es noch offene Punkte gibt", sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in München. "Zentrales Problem" sei nach wie vor der Personalmangel und die Arbeitssituation in der Pflege, dies habe "sich nicht wirklich verbessert".

Am 27. Januar jährt sich der Ausbruch der Corona-Krise zum dritten Mal. Spätnachts hatte damals das Gesundheitsministerium den bundesweit ersten Corona-Fall gemeldet - ein Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto in Stockdorf bei München. Inzwischen gilt die Pandemie aufgrund ihres Verlaufs und rückläufiger Infektionszahlen als weitgehend überwunden. Die meisten Auflagen wie Maskenpflichten oder zwischenzeitliche Ausgangssperren wurden zurückgenommen.

Welche Zäsur die Pandemie bedeutete, zeigen die offiziellen Zahlen des Robert Koch-Instituts. Bis zum 16. Januar 2023 verzeichnete das RKI allein in Bayern mehr als 6,6 Millionen bestätigte Infektionsfälle und 27 799 bestätigte Todesfälle. Rund 37,6 Millionen Mal wurden Corona-Tests in Laboren untersucht.

"Bei allen Reformvorhaben, die wir jetzt angehen, ist das zentrale Thema, "Wo kommen die Menschen her, die dort arbeiten?"", sagte Holetschek. Die Pandemie habe die Schwächen im Gesundheitssystem klar aufgezeigt. "Und wenn wir das jetzt nicht in den Griff kriegen, dann werden wir echt Probleme haben."

Dabei gehe es sowohl um die Arbeitsbedingungen als auch um die Gehaltsstrukturen. "Wir müssen aus der überzogenen Ökonomisierung raus. Die Frage ist auch, ob der Staat nicht mehr Geld in die Hand nehmen muss. Der Arbeitgeber ist das eine, wenn Pflege aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, müssen wir die Prioritäten neu setzen", sagte Holetschek. Die Belastungssituation der Menschen sei auch entscheidend. "Das ist auch Teil der Wahrheit. Die Menschen brennen aus, weil sie an ihr Limit kommen, aber keine Möglichkeiten haben, auch mal abzuschalten."

"Viel radikaler an die Probleme rangehen"

Für eine Veränderung müsse "viel radikaler an die Probleme" rangegangen werden - angefangen von bevorzugtem Wohnraum für Pflegekräfte oder bei der Kinderbetreuung. "Wenn wir das wirklich ernst meinen, müssen wir bis hin zum Rentensystem an jeder Stellschraube drehen. Nur so werden wir genug Menschen in der Pflege haben und für Pandemien gerüstet sein", sagte Holetschek.

Weiter: "Das System wird mit Ansage an die Wand fahren, wenn wir es jetzt nicht in den Griff kriegen. Auch Zuzug aus dem Ausland wird uns das Pflegeproblem nicht lösen. Was die Pflege angeht, sind wir 2023 genauso verletzlich wie 2020."

Darüber hinaus sei man inzwischen aber schon besser aufgestellt: "Das Zentrallager ist sicherlich eine der Lehren aus dieser Pandemie. Wir bevorraten uns hier mit Schutzausrüstung und anderen nützlichen Dingen, um künftig für Pandemien schneller gerüstet zu sein", sagte Holetschek. Inzwischen gebe es weit mehr Daten und mehr Erfahrungen, auch die Forschung sei massiv vorangetrieben worden "und wir haben versucht, das Thema Medikamente ein Stück weit zu forcieren. Diese Eckpunkte werden uns helfen, sollte wieder eine Pandemie kommen."

Die Pandemie habe auch gezeigt, dass das auf Wirtschaftlichkeit ausgelegte System bei Medikamenten große Schwächen habe. "Dies zeigt auch der Mangel an Fiebersäften im Moment deutlich", sagte Holetschek. Für die Zukunft brauche es daher ein Managementsystem, bei dem Experten schauen, "wie wir uns mit wichtigen Dingen bevorraten können", dazu gehörten auch Medikamente. Er denke da an ein digitalisiertes System, zusammen mit dem Großhandel, welches Dinge verfügbar mache und auch einen Umschlagmechanismus vorsehe.

Der Bund müsse zudem den nationalen Pandemieplan dringend aktualisieren. "Wir haben in der Corona-Pandemie viel gelernt und viele Konzepte erprobt. Diese Lehren sollten wir nutzen und in ein strukturiertes Konzept überführen", sagte Holetschek. Ziel müsse eine schnell anwendbare Strategie sein. Eine wichtige Lehre der Pandemie sei für ihn auch die Kommunikation, die auf jeden Fall verbessert werden müsse: "Das war bei Corona auch nicht immer gut. Wir müssen den Menschen wirklich auch auf Fakten basiert sagen können, was für eine Gefahr da ist und wie wir damit umgehen", so Holetschek.