Bund und Länder einigen sich

Das ist der Fahrplan für den Kohleausstieg


Steinkohle lagert im Kohlehafen vom Kohlekraftwerk Mehrum im Landkreis Peine, als der Schatten eines Mitarbeiters auf einer Brücke auf die Kohle fällt (Symbolbild).

Steinkohle lagert im Kohlehafen vom Kohlekraftwerk Mehrum im Landkreis Peine, als der Schatten eines Mitarbeiters auf einer Brücke auf die Kohle fällt (Symbolbild).

Von mit Material der dpa

Auf dem Weg zum Kohleausstieg haben die Bundesregierung und die vier Kohleländer einen Durchbruch geschafft. Sie einigten sich in der Nacht zum Donnerstag im Kanzleramt auf einen Abschaltplan für die klimaschädlichen Braunkohle-Kraftwerke und viele weitere Details.

Am Donnerstagvormittag wollen die zuständigen Fachminister sich öffentlich dazu äußern. Auch der genaue Zeitplan für das Abschalten soll voraussichtlich schon am Donnerstag bekanntgegeben werden, wenn die Betreiber der Kraftwerke und Tagebaue endgültig zugestimmt haben. Noch im Januar soll der Gesetzentwurf für den Kohleausstieg auf den Weg gebracht werden und bis Mitte des Jahres verabschiedet sein.

Deutschland soll bis spätestens 2038 aus der klimaschädlichen Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle aussteigen. Das hatte eine Kommission aus Politik, Wirtschaft und Klimaschützern vor einem Jahr entschieden. Die Kohleregionen sollen parallel insgesamt 40 Milliarden Euro für den Umbau ihrer Wirtschaft bekommen. Vor dem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten die Ministerpräsidenten der Kohleländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen auf verbindliche Zusagen gepocht - nun wurde ihnen eine Bund-Länder-Vereinbarung bis Mai zugesagt.

Wenn der genaue Abschaltplan bekannt wird, klären sich auch Fragen, die in der Nacht zum Donnerstag zunächst unbeantwortet blieben: Etwa, wie viel Entschädigung Unternehmen wie RWE und EPH fürs vorzeitige Abschalten bekommen, ob das neue Steinkohle-Kraftwerk Datteln 4 in NRW ans Netz darf oder was mit dem Braunkohle-Kraftwerk Schkopau passiert. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte befürchtet, dass Schkopau zugunsten von Datteln früher vom Netz muss. Für Steinkohle-Kraftwerke soll es zunächst Ausschreibungen geben, so dass Betreiber sich aufs Abschalten gegen Entschädigung bewerben können.

Worauf Bundesregierung und die vier Länder sich sonst geeinigt haben:

Überprüfung

In den Jahren 2026 und 2029 soll im großen Stil überprüft werden, wie es mit dem Kohleausstieg läuft. Eine Frage soll dabei auch sein, ob Stilllegungs-Daten nach 2030 um je drei Jahre vorgezogen werden können - damit vielleicht doch schon 2035 komplett Schluss ist.

Hambacher Forst

Der umkämpfte Wald in Nordrhein-Westfalen ist zum Symbol geworden für den Kampf deutscher Klimaschützer gegen die Kohlebranche. Der vorgesehene Pfad für den Kohleausstieg stellt sicher, dass der "Hambi bleibt", wie die Demonstranten es gefordert haben - dagegen hatte RWE sich lange gewehrt.

Umsiedlungen

Beim Tagebau Garzweiler in NRW gibt es dagegen keine Änderung. Was die rot-grüne Landesregierung 2016 beschlossen hat, bleibt gültig - inklusive der Umsiedlung von Menschen, deren Dörfer dem Kohlebagger weichen sollen. Das sei notwendig für die Sicherheit der Energieversorgung, heißt es im Beschluss von Bund und Ländern.

Ökostrom

Zum heftig umkämpften Thema Ökostrom-Ausbau gab es zunächst keine Details - nur das Bekenntnis, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien entsprechend im Rahmen einer Gesetzesnovelle beschleunigt werden soll.

Gas (nicht nur) in Jänschwalde

Zusätzliche Gaskraftwerks-Kapazitäten sollen an bisherigen Kraftwerksstandorten die wegfallende Energie ersetzen - zum Beispiel im brandenburgischen Jänschwalde. Weitere Orte dafür wurden zunächst nicht bekannt.

Anpassungsgeld

Beschäftigte in Braunkohle-Kraftwerken und -Tagebauen sowie in Steinkohle-Kraftwerken sollen bis 2043 von einem sogenannten Anpassungsgeld profitieren können. Wenn sie ihren Job verlieren, können sie damit die Zeit bis zum frühzeitigen Renteneintritt überbrücken. So etwas gibt es schon für den Steinkohle-Bergbau.

Geld für Strukturwandel

Für die Kohleregionen in den vier Ländern hatte der Bund schon Finanzhilfen und Investitionen von insgesamt 40 Milliarden Euro bis 2030 zugesagt, das wird im Strukturstärkungsgesetz festgeschrieben. Bis Mai 2020 soll es eine Bund-Länder-Vereinbarung dazu geben, die die Umsetzung regelt.

Stromkosten

Die Strompreise sollen über eine Absenkung der Ökostrom-Umlage gesenkt werden, wenn der CO2-Preis ab 2021 Diesel und Benzin, Erdgas und Heizöl verteuert. Über eine Förderrichtlinie sollen zudem Unternehmen mit extrahoher Stromrechnung, die im internationalen Wettbewerb stehen, ab 2023 durch einen "jährlichen angemessenen Zuschuss" entlastet werden.

Planung

Bayern hat bereits Bedenken angemeldet, dass längst geplante Bauprojekte auf der Strecke bleiben, wenn so viel Neues in den Kohlerevieren entstehen soll. Nun verspricht die Bundesregierung, "zusätzliche Planungskapazitäten" aufzubauen. Am Freitag kommen dem Vernehmen nach Vertreter der Koalitionsfraktionen und der Länder zusammen, um über Verkehrsprojekte zu verhandeln.

Projekte für den Strukturwandel

Das Strukturstärkungsgesetz enthält bereits eine lange Liste von Vorhaben in den Kohleregionen - nun kommen noch welche dazu: Ein "Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC)", je ein neues Helmholtz-Zentrum in der sächsischen Lausitz und im mitteldeutschen Revier sowie ein "Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft" in Jülich in NRW.