Bayern

Mann soll Frau erstochen haben: Ein Prozess von vielen


Eine Figur der blinden Justitia.

Eine Figur der blinden Justitia.

Von dpa

Dass Ehepartner oder Ex-Geliebte zu Tätern werden, gehört in Deutschland fast schon zum Alltag. Die Statistik zeigt: In vier von fünf Fällen sind Männer die Täter.

Vor dem Landgericht Ingolstadt muss sich von diesem Donnerstag an ein 41-Jähriger in einem Mordprozess verantworten: Er soll seine Lebensgefährtin mit mehreren Messerstichen getötet haben. Für Gerichte in Deutschland stehen Kriminalfälle wie dieser fast auf der Tagesordnung: Im Schnitt des Jahres 2019 versuchte hierzulande einmal pro Tag jemand, seinen oder ihren Partner umzubringen. Alle drei Tage gelingt so eine Tat. In ungefähr vier von fünf Fällen sind die Opfer Frauen.

In dem in Ingolstadt verhandelten Fall ist nichts bewiesen, es sind noch sechs weitere Verhandlungstage bis zum 1. Oktober geplant.

Überkommene patriarchale Rolle

Grundsätzlich spielten bei Tötungsdelikten gegen Frauen überkommene patriarchale Geschlechterstereotypen eine zentrale Rolle, erklärt Gunda Wössner, Psychologin am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht. Mehr oder weniger bewusste Besitzansprüche von Männern gegenüber ihren Partnerinnen, die Haltung, Frauen hätten sich unterzuordnen, der subtile Wunsch nach Kontrolle über eine Frau.

Nicht alle, die solche Stereotype verinnerlicht haben, begehen aber solche Taten. Viele Täter zeigten eine Tendenz zu enormer Kränkbarkeit und einer starken Eifersucht, oft hänge der Selbstwert stark von der Beziehung ab, sagt Wössner. "Wenn das Selbstwertgefühl eines Mannes sehr davon abhängt, dass er die Kontrolle über die Frau nicht verlieren darf, dass er es als Niederlage empfindet, wenn sie sich abwendet, dann ist ein Tötungsdelikt wahrscheinlicher."

80 Prozent der Opfer weiblich

In der jüngsten Statistik des Bundeskriminalamts zu Partnerschaftsgewalt für das Jahr 2019 sind 111 Frauen und 29 Männer als Todesopfer aufgeführt. Dazu kommen rund 142.000 Fälle häuslicher Gewalt, bei denen niemand starb: hierzu zählen etwa Körperverletzungen, Bedrohungen und Stalking. Auch insgesamt gerechnet machen Frauen ungefähr 80 Prozent der Opfer aus. In Bayern waren es im gleichen Jahr nach LKA-Angaben 16.660 Fälle von häuslicher Gewalt, 13.081 der Opfer waren weiblich. Es gab acht Mordfälle an Frauen, im Vorjahr waren es noch 27 gewesen.

Bei den vergleichsweise seltener vorkommenden Fällen von Frauen, die ihren Partner töten, sind die Motive laut der Psychologin Wössner variantenreicher. Auch sie töteten mitunter aus Eifersucht. Aber Motive wie Hass auf den Mann nach jahrelanger Demütigung in einer missbräuchlichen Beziehung kämen bei Frauen häufiger vor.