"At The Movies" im Interview

80er-Soundtracks aus der Corona-Quarantäne


So sehen At The Movies samt Gastmusikern aus Schweden und Dänemark in Aktion aus.

So sehen At The Movies samt Gastmusikern aus Schweden und Dänemark in Aktion aus.

Von Redaktion idowa

Ohne Covid-19 würde diese Band nicht existieren: At The Movies. Denn als der schwedische Rock-Musiker und Musikproduzent Chris Laney, mit bürgerlichem Namen Ulf Lennart Larsson, selbst zwei Wochen in Quarantäne verbringen musste, kam ihm die Idee für dieses spannende Projekt. Bei At The Movies ist der Name Programm. Sie vertonen die besten 80er-Jahre-Soundtracks noch einmal neu - jedes Bandmitglied für sich, abgeschottet von den anderen. Die Bandbreite reicht dabei von "Rocky" über "Mad Max" bis "Dirty Dancing". Was darüber hinaus noch das Besondere an At The Movies ist und wie der 48-jährige Chris Laney die Corona-Krise in Schweden erlebt, das erzählt er im Interview mit idowa.

Was war Dein erster Gedanke, als die Corona-Pandemie Europa erreichte? Hättest Du es damals für möglich gehalten, dass es Deine Arbeit als Musiker derart einschränken würde?

Chris Laney: Ich hätte es damals nicht für möglich gehalten, dass es derart schwerwiegende Folgen haben würde. Mir war zwar schon klar, dass dadurch die ein oder andere Tour ausfallen wird, aber das tatsächliche Ausmaß hatte zu der Zeit wohl niemand auf dem Zettel. Trotzdem denke ich, dass man immer auch positiv denken und vor allem kreativ bleiben sollte.

Nun geht ja Schweden in der Corona-Krise bekanntlich einen anderen Weg als alle anderen europäischen Länder. Wie erlebst Du die Situation dort?

Laney: Ehrlich gesagt merkt man hier in Stockholm kaum einen Unterschied zu der Zeit vor Covid-19. Das Leben nimmt weitestgehend seinen normalen Gang. Restaurants, Bars und Geschäfte haben ganz normal geöffnet. Im Moment sitze ich auch gerade mit ein paar Freunden in einer Bar. Hier in Schweden haben wir lediglich die Vorschrift, dass wir uns nicht mit Menschen ab 70 Jahren treffen dürfen, weil diese als besonders gefährdet gelten. Daher darf ich seit einer Weile auch meine Eltern nicht besuchen. Es ist schon irgendwie eine seltsame Situation, wenn man bedenkt, dass bei unseren Nachbarn in Dänemark alles still steht, während hier fast schon Normalität herrscht.

Seit über 35 Jahren macht der Schwede Chris Laney bereits Musik. Eine derartige Herausforderung wie die aktuelle Corona-Krise hat aber auch er in dieser Zeit noch nicht erlebt. Deshalb hat er kurzerhand improvisiert. Mit Erfolg.

Seit über 35 Jahren macht der Schwede Chris Laney bereits Musik. Eine derartige Herausforderung wie die aktuelle Corona-Krise hat aber auch er in dieser Zeit noch nicht erlebt. Deshalb hat er kurzerhand improvisiert. Mit Erfolg.

Kommen wir zu At The Movies. Dort tummeln sich allerlei bekannte Rock- und Metal-Szenegrößen von Bands wie eben den Pretty Maids, aber auch King Diamond, Hammerfall oder Soilwork. Wer hatte denn die Idee für dieses Projekt und wie ist es letztendlich zustande gekommen?

Laney: Wir hatten ja in Schweden anfangs auch eine zweiwöchige Quarantäne-Zeit. Meine Frau war in dieser Zeit ziemlich krank und wir haben die meiste Zeit damit verbracht, Filme zu schauen. Eines Abends guckten wir dann den Film "Mitten ins Herz" mit Hugh Grant. Und darin kam eben der Song "PoP! Goes my heart" vor. Mir wurde in dem Moment erst so richtig bewusst, was für ein verdammt guter Song das ist. Ich wollte mir sofort meine Gitarre schnappen und eine rockigere Version davon machen. Das hat mir dann so gut gefallen, dass ich die Demoaufnahme davon dem früheren Pretty Maids-Schlagzeuger Allan Sørensen geschickt habe. Er war sofort Feuer und Flamme dafür. So entstand die Idee, spaßeshalber einen Soundtrack aufzupeppen, um dann zu schauen, wo die Reise hingeht.

"Haben uns teilweise in natura noch nie zuvor gesehen"

Und wie kam es zur Teilnahme der restlichen Musiker?

Laney: Das ist echt irgendwie eine kuriose Geschichte. Denn es ist tatsächlich so, dass wir uns untereinander gar nicht alle kennen. Allan und ich fragten den früheren Pretty Maids-Keyboarder Morten Sandager, ob er noch ein paar Musiker für dieses Projekt wüsste. Er stellte dann den Kontakt zu dem Bassisten Pontus Egberg und zum zweiten Gitarristen Pontus Norgren her. Ich wiederum konnte Björn "Speed" Strid als Sänger für At The Movies gewinnen. So machen wir nun also Musik zusammen, haben uns aber teilweise noch nie zuvor in natura gesehen.

War denn At The Movies von Beginn an auch in dieser Form geplant?

Laney: Absolut nicht. Wir wollten erstmal nur einen Song machen. Das hat uns allen dann aber derart viel Spaß gemacht, dass wir jetzt schon den siebten Song auf unserem YouTube-Kanal hochgeladen haben.

"Wir feiern virtuell"

Und wie ist das Feedback bislang?

Laney: Überschwänglich. Damit hätten wir nie gerechnet. Wir dachten anfangs, dass das kaum jemanden interessieren wird. Jetzt hat sich da aber schon eine regelrechte Fanbasis entwickelt und immer mehr Plattenfirmen fragen bei uns an, ob wir denn nicht auch ein Album veröffentlichen wollen.

Wäre das denn denkbar oder wird At The Movies nur so lange existieren, wie es die Corona-Beschränkungen gibt?

Laney: Man soll niemals "nie" sagen. Uns macht die ganze Sache wie gesagt dermaßen viel Spaß, dass wir damit sehr wahrscheinlich auch mal das eine oder andere Festival spielen werden - wenn das wieder möglich ist und wenn es dann unsere Zeit erlaubt. Für uns ist es mittlerweile schon eine Art Ritual geworden. Denn jeden Donnerstag um 18.30 Uhr stellen wir einen neuen Song auf unseren YouTube-Kanal. Etwa eine halbe Stunde vorher schon treffen wir uns via Skype im Gruppenchat und feiern virtuell.

So klingt die At The Movies-Version von "No easy way out":

Video zum Thema:

Wie kommt es denn zur Songauswahl bei At The Movies und wie darf man sich den Aufnahmeprozess vorstellen?

Laney: Wir reden da vorher darüber und ich mache dann in meinem Studio eine Demoaufnahme davon. Die schicke ich dann den anderen und die geben mir ihr Feedback, ob es sich ihrer Meinung nach lohnt, mehr daraus zu machen oder nicht. Falls ja, dann studiert jeder seinen Beitrag in dem Song ein und nimmt das in den eigenen vier Wänden auf. Bei den Aufnahmen lassen wir eine Kamera mitlaufen. Das Bild- und Audiomaterial schneide ich dann zusammen. Und wenn das Resultat dann passt, laden wir es auf YouTube hoch. Mittlerweile artet das Ganze für mich aber schon in eine Art Fulltime-Job aus, weil ich die verrückte Idee hatte, jede Woche einen neuen Coversong hochzuladen.

Kernige Rocker und "Dirty Dancing"

Besonders begeistert bin ich von eurer Version von Robert Tepper's "No easy way out", dem damaligen Soundtrack aus "Rocky IV". Fiel die Wahl auch deshalb auf diesen Song, weil der Titel angesichts der Corona-Krise nochmal eine ganz andere Bedeutung gewinnt?

Laney: Um ehrlich zu sein, denken wir nicht allzu viel darüber nach. Wir gehen nur nach unserem Gefühl für die Musik. Vielmehr konnte ich mir Björns Stimme zu diesem Song extrem gut vorstellen und deshalb wollte ich es unbedingt probieren. Erst als wir das Resultat hörten, wurde uns allen bewusst, dass dieser Titel perfekt zu dieser schweren Zeit passt. So interpretiert, kann man es also durchaus als eine Art Kampfansage an die Corona-Krise verstehen.

Was ist denn Dein Lieblings-Soundtrack und Film?

Laney: Das war eigentlich immer "Danger Zone" von Kenny Loggins aus dem Film "Top Gun". Den Song haben wir bei At The Movies auch schon heiß diskutiert. Rückblickend betrachtet, finde ich den Song aber irgendwie gar nicht mehr so zündend wie damals. Außerdem ist das Original schon so rockig, dass es schwer werden würde, dem Ganzen einen rockigeren Anstrich zu verpassen. Trotzdem ist da eine finale Entscheidung noch nicht gefallen. Ich kann allerdings sagen, dass wir vielmehr die Herausforderung lieben, Songs zu covern, die im ersten Moment niemand mit uns in Verbindung bringen würde. Wer würde schon damit rechnen, dass einige Rock- und Heavy Metal-Musiker plötzlich "Time of my life" aus "Dirty Dancing" spielen und dass dabei dann so die Post abgeht? Und genau das ist der Reiz für uns.

"Time of my life" in der Coverversion von At The Movies:

Video zum Thema: