Elegant wie das ewige Eis

Zu Besuch bei den jungen Eiskunstläufern des Deggendorfer Schlittschuh-Clubs


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Von Julia Gabauer

Nikola ist sehr sicher, mit stabilem Halt zeichnet sie gerade Linien. Das Mädchen neben ihr dagegen ist noch etwas wackelig, krakelige Spuren sind das Ergebnis. So lange bis der Eismeister über die Eisfläche fährt und ihre Übungslinien übermalt. Hier geht es nicht um Schriftübungen auf Papier. Diese Jugendlichen sind der Eiskunstlauf-Nachwuchs des Deggendorfer Schlittschuhclubs. Ihre Schlittschuhkufen sind ihr Stift, die Eisfläche ihr Papier.

Ein kühler Luftzug zieht durch das Deggendorfer Eisstadion, als hätte sich hier der Winter versteckt, der die vergangenen Monate auf sich warten ließ. Dabei sehen die Läufer auf dem Eis so gar nicht winterlich aus in ihren luftigen Eislaufkostümen und dünnen Sporthosen. Bei näherem Hinsehen aber sind die hautfarbenen Ärmel und Hosenbeine zu erkennen. "Außerdem frieren Eiskunstläufer schon deswegen nicht, weil sie sich auf dem Eis ständig bewegen und die Muskeln warm sind", erklärt Abteilungsleiterin und Trainerin Hannelore Schmid. Und wie sie sich bewegen! Die Jugendlichen üben Sprünge, Übertreten, Drehungen, Rückwärtslaufen. Das Geräusch der aufblitzenden Kufen schneidet sich metallisch ins Trommelfell: Mal wie blanke Felgen, die auf Schotter bremsen, mal wie ein gedämpft ratternder Hubschrauberpropeller.

"Arschpolster" als Fallschutz

Haben sie gar keine Angst vor einem Sturz? "Diese Angst vor dem Fallen legt man ab, je öfter man fährt. Der Spaß überwiegt", erklärt Nikola Loibl. "Außerdem gibt es spezielle Hosen mit ,Arschpolster', die einen schützen, wenn man doch mal hinfällt", sagt sie lachend. Die Figuren fordern die Läufer auf eine ganz andere Art. "Es kann über ein Jahr dauern, bis man schwere Sprünge draufhat", weiß die 14-Jährige. Das Gefühl für doppelte Sprünge, ein schnelles Drehmoment, das alles muss sich langsam entwickeln. "Eiskunstlauf ist eine der trainingsintensivsten Sportarten", pflichtet Hannelore Schmid Nikola bei. "Weil das erste Erfolgserlebnis oft lange auf sich warten lässt, braucht es sehr viel Geduld und auch von den Eltern viel Unterstützung." Man merke, ob es das Kind wirklich auch selber will oder nur die Eltern gerne hätten, dass es Eislaufen lernt.

Sitzen aber mal die Grundlagen, kann man darauf aufbauen und bald geht es an die Königsklasse: Die erste Kür wird einstudiert. Die zu erarbeiten, kann eine ganze Saison, also circa ein Vierteljahr, brauchen. Trainerin und Kind arbeiten dabei zusammen. Je nach Persönlichkeit des Kindes stimmen sie Musik und Figuren aufeinander ab. Ist alles passend zusammengestellt, heißt es üben, üben, üben. "Bei einem Auftritt hat man die Schrittfolge dann normalerweise so automatisch verinnerlicht, dass man gar nicht mehr nachdenken muss, welche Figur als nächstes kommt", erklärt die zwölfjährige Karina Sebald Stattdessen könne man sich ganz auf die perfekte Ausführung konzentrieren. "Man kann ihnen die Technik beibringen, aber mit Ausstrahlung müssen sie die Kür selbst füllen", sagt die Trainerin. Ohnehin sei das mit der Ausstrahlung so eine Sache: "Manche haben es und manche eben nicht." Wenn Ausstrahlung und Kür aber stimmen, erscheint die Vorstellung auf dem Eis beinahe schwerelos.

Diese Leichtigkeit und die tollen Kostüme täuschen oft den Eindruck vor, Eislaufen sei mehr Schein als Sein, kleine Prinzessinnen, die auf dem Eis Verkleiden spielen. Wer's glaubt! Was so einfach aussieht, braucht ernorme Kraft und Kondition. Die Jugendlichen wirken gekränkt, wenn man sie auf solche Klischees anspricht. "Es ist einfach unfair. Die, die sowas sagen, sitzen selbst oft nur zu Hause rum und machen selber gar keinen Sport oder können nicht mal Inlinern. Da brauchen sie sich gar nicht über jemand anderen lustig machen", findet die zehnjährige Emely Exner.

Den Hahn im Korb verteidigen

Auch Nikolas zwölfjähriger Bruder Jan kennt das. Er ist der einzige Junge in der Gruppe: "Andere nennen mich oft Eisprinzessin, wenn sie von meinem Hobby hören. Aber mir macht es Spaß, ich ignoriere sowas einfach." "Im Gegenteil, wir bräuchten viel mehr Jungs", verteidigt Karina mit den anderen Mädels ihren Hahn im Korb. "Sowohl für den Paarlauf, als auch weil sie die für diesen Sport nötige Kraft haben."

An dieser leidenschaftlichen Reaktion erkennt man, wie viel den Jugendlichen an ihrem Hobby liegt. "Eiskunstlauf ist so ein toller Sport, in dem man sich durch Wettbewerbe und Prüfungen sehr steigern und viel erreichen kann", erklärt Nikola. Die Trainerinnen achten darauf, dass der Spaß dabei nicht auf der Strecke bleibt. "Der Ehrgeiz kommt meistens von alleine. Wenn er aber mal da ist, muss man schon ab und zu nachdrücken", erklärt Hannelore Schmid mit einem mütterlichen Schmunzeln. "Trotz allem sollen sie immer mit einem Erfolgserlebnis nach Hause gehen."

Dass diese Methode funktioniert, merkt man daran, wenn die Jugendlichen an missglückte Auftritten denken. "Bei meinem allerersten Auftritt habe ich alles vergessen. Die Trainerin musste aufs Eis kommen und mir vorlaufen. Ich bin Letzte geworden", erinnert sich Nikola lachend. "Wenn sowas passiert hilft es, einfach zu lachen oder sich überhaupt nichts anmerken zu lassen", erklärt Karina. "Und außerdem: Nicht traurig sein! In der nächsten Saison kann man sich verbessern und es noch mal versuchen", fügt Emely hinzu.

Trockentraining im Sommer

Allerdings müssen die ambitionierten Jugendlichen bald runter vom Eis, bevor es ihnen unter den Kufen wegschmilzt. Anfang April beginnt die Sommerpause. Damit sie währenddessen nicht aus der Übung kommen, ist einmal die Woche Trockentraining. Da werden Kraft, Athletik und Kondition trainiert. "Die Zeit vergeht so schneller, in der Sommerpause fehlt einem das Eislaufen schon sehr", sind sich die Jugendlichen einig. Meldet sich der Herbst an, werden die Schlittschuhe wieder vom Nagel genommen und nach einer Woche Einlaufen geht es zurück aufs Eis. Endlich!

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Impressionen vom Training der Deggendorfer Eiskunstläufer. (Foto: Gabauer)

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Das ist der Eiskunstlauf-Nachwuchs des Deggendorfer Schlittschuhclubs mit Trainerin Irena Faiglová (2.v.r.) und Abteilungsleiterin Hannelore Schmid (4.v.l.). (Foto: Gabauer)

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Von der kleinen auf die großen Eisflächen dieser Welt: Die 16-jährige Maria Herceg hat ihre Ursprünge im Deggendorfer Schlittschuh-Club. Aufgrund ihres großen Talents zog sie für den Sport nach Regensburg. Jetzt trat sie für ihren Verein EC Regensburg vom 10. bis 16. März bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Bulgarien an. Seit knapp einer Woche ist sie wieder in der Heimat und erzählte Freistunde von ihren Erlebnissen.