Freistunde auf dem Holzweg

Woher kommen eigentlich unsere Christbäume?


Heidi und Helmut Stangl wissen genau, wie der Lebenslauf eines Christbaums aussieht. (Foto: Julia Gabauer)

Heidi und Helmut Stangl wissen genau, wie der Lebenslauf eines Christbaums aussieht. (Foto: Julia Gabauer)

Von Julia Gabauer

Ein golden leuchtender Harztropfen, in dem sich das Licht bricht, dunkelgrüne Nadeln, die den Raum mit einem schweren, süßlichen Geruch nach reiner Natur erfüllen - Weihnachten ohne einen schön geschmückten Christbaum ist für viele unvorstellbar. Jetzt im Dezember machen sich wieder viele Familien auf die Suche nach dem perfekten Exemplar. Aber welchen Weg gehen die Christbäume eigentlich, bis sie in unserem Wohnzimmer stehen - und was passiert mit ihnen, wenn die Geschenke ausgepackt sind und der Schnee geschmolzen ist? Heidi und Helmut Stangl von "Christbaum Schollerer" in Konzell wissen genau, wie der Lebenslauf eines Christbaums aussieht.

"Im Prinzip ist das mit dem Christbaumzüchten genau wie bei der Gartenarbeit - nur in viel größeren Dimensionen", erklärt Heidi Stangl. Sie und ihr Mann Helmut haben eine eigene Christbaumplantage, die circa zehn Hektar groß ist. Das ist ungefähr so groß wie 25 Fußballfelder. Also ziemlich groß! Doch noch größer ist die Zahl der Bäume, die darauf wachsen: auf einem Hektar ungefähr 9.000 Bäume. Für die beiden Christbaumzüchter bedeutet das also jede Menge Arbeit. Dabei beginnt der Lebensweg eines Christbaums ganz woanders als auf der Plantage der Stangls. Genau genommen oft nicht mal in Deutschland.


Zapfenernte hoch im Baum


Ein Tannenbaum entsteht, wie jede andere Pflanze auch, aus einem Samen. Um an diese Samen zu gelangen, fahren Tannenzapfenpflücker zum Beispiel in den Kaukasus oder nach Georgien, klettern dort auf die Bäume und ernten die Zapfen. Darin verbergen sich die Samen, aus denen neue Bäume entstehen können. Diese werden getrocknet und an sogenannte Baumschulen verkauft. "Schule" bedeutet in diesem Fall aber nicht "lernen", sondern "Wurzeln treiben". Eine Baumschule ist die erste große Station der zukünftigen Christbäume. Hier werden die Samen zum ersten Mal eingepflanzt. Manche einfach in die Erde, wie bei einem Blumenbeet, andere, die sogenannten Jiffy-Pflanzen, in spezielle Töpfchen. Nun heißt es warten, bis die Samen aufgehen. Ist das passiert, haben die kleinen Tannenbäume erst mal Zeit zu wachsen. Alle zwei Jahre werden sie "verschult", das heißt auseinandergesetzt. Wenn die Pflanze ungefähr vier Jahre alt ist, kommen Christbaumzüchter wie die Stangls ins Spiel.

Von der Baumschule zum Christbaumzüchter

Sie kaufen die kleinen Bäume von der Baumschule. Die Pflanze ist jetzt gerade mal zwischen 15 und 30 Zentimeter groß. Man erahnt also kaum, dass daraus mal ein großer Tannenbaum wird. Immer im Frühjahr oder im Herbst werden die Bäume mit einem Pflanzbohrer auf das umgeackerte Feld gepflanzt und zwar so, dass sie viel Platz für ihre Zweige haben. Und den brauchen sie auch, denn dort bleiben sie jetzt, bis sie groß sind. Für die Stangls beginnt nun die Feinarbeit. Sie gehen jeden Tag durch ihre Plantage und prüfen, ob es allen Bäumen gut geht. "Wir knipsen braune Triebe oft auch mit der Hand weg und achten darauf, dass die Bäume möglichst symmetrisch wachsen", erklärt Helmut Stangl. Manchmal gibt es auch Bäume mit zwei oder keiner Spitze, das müssen die Christbaumzüchter dann korrigieren. Sie halten das Unkraut gering und stellen durch Bodenanalysen fest, welchen und wie viel Dünger die Bäume brauchen. "Nur beim Wasser muss man sich bis auf Ausnahmefälle auf die Natur verlassen", wissen die Experten. Alle Bäume bringen sie aber nie durch. Gefährlich ist zum Beispiel Frühjahrsfrost, der junge Triebe erfrieren lässt. Oder Schädlinge, wie der Hallimasch-Pilz oder bestimmte Käfer. Passen die Stangls da nicht auf, können diese nacheinander alle Bäume befallen. Wenn aber alles glatt geht, wachsen die Bäume zwischen acht und zwölf Jahre auf der Plantage. Es dauert also sehr lange, bis ein Baum zum Christbaum geworden ist. Schlagreif ist er ungefähr mit gut zwei Metern. "Das ist aber wie bei den Menschen", weiß Heidi Stangl. "Da sind auch alle unterschiedlich groß."

Futter für Zootiere

Ab Mitte November geht es den Bäumen dann an den Stamm. Mit einem sogenannten Christbaumfäller werden sie umgelegt und aus der Plantage getragen. Dabei packen Helfer mit an, denn so ein Baum wiegt ungefähr 20 Kilo. Dann wird der Stamm unten ausgeschnitten und die Bäume aufgestellt, fertig zum Verkauf. "Den perfekten Baum zu finden, das ist wie Liebe auf den ersten Blick", sagt Heidi Stangl schmunzelnd. Die beiden Christbaumzüchter importieren auch Bäume, zum Beispiel aus Dänemark. 16 Millionen Bäume werden in Deutschland zu Weihnachten gebraucht, zehn Millionen davon wachsen dort. Ist ein Christbaum verkauft, wird er mit einer Maschine in ein spezielles Christbaumnetz eingetütet. Die Stangls exportieren auch Bäume zum Beispiel nach Österreich oder Holland. Dann geht es für sie ab auf den LKW, bevor sie ihren Platz in einem Wohnzimmer finden. Die Christbäume bleiben dann bei vielen ungefähr bis Heilig Drei könig stehen. Und dann kommt die Frage: Was passiert mit ihnen? Sie aus dem Fenster zu werfen wie in der bekannten Ikea-Werbung, löst das Problem ja nicht. "Viele Bäume landen zum Beispiel als Tierfutter in Zoos", erklärt Helmut Stangl. Oder sie werden klein gehäckselt und im Wald entsorgt, wo sie verrotten und wieder eins mit der Natur werden. Vielleicht als Nährboden für zukünftige Verwandte?

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Groß, größer, am größten

Sie sind zur Winterzeit oft das Highlight auf vielen Weihnachtsmärkten und Stadtplätzen: Meterhohe Christbäume, oft so riesig, dass man den Kopf in den Nacken legen muss, um die Spitze zu sehen. Wo kommen die eigentlich her? Tatsächlich auch von Christbaumzüchtern und nicht etwa aus dem Wald. Sich dort einfach einen Baum zu schlagen ist nämlich Diebstahl, wenn einem das Waldstück nicht selbst gehört. Die riesigen Christbäume wachsen also einfach nur länger auf einer Plantage als ihre kleineren Kollegen, die in ein Wohnzimmer passen. Der größte Baum, den die Stangls je verkauft haben, war zehn Meter groß. Das ist schon ziemlich hoch! Noch viel größer ist aber der größte Christbaum Deutschlands. Der steht in Dortmund und ist 45 Meter hoch. Zum Vergleich: Damit ist er fast doppelt so hoch wie das Brandenburger Tor in Berlin.

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Warum Nadeln nicht nadeln, Blätter aber blättern

Darüber hat sich bestimmt jeder schon mal gewundert: Warum behalten die Nadelbäume ihre Nadeln im Herbst, während die Laubbäume ihre Blätter abwerfen? Zuerst einmal: Man unterscheidet Nadelund Laubbäume je nach Art ihrer Blätter. Nadeln sind also genau genommen auch Blätter. Ihre Struktur ist aber ganz besonders. Sie haben eine feste Oberhaut und sind mit einer Wachsschicht überzogen. Dadurch verlieren sie weniger Wasserdampf aus ihren Spaltöffnungen und sind gegen Kälte quasi isoliert. Wenn also im Winter das Wasser im Boden friert, bleiben die Nadeln durch ihre Schutzschicht grün und trocknen nicht aus, obwohl die Wurzeln kein neues Wasser nachliefern. Die Laubbäume dagegen bereiten sich schon im Herbst auf die winterliche Ruhepause vor. Der grüne Farbstoff in den Blättern wird abgebaut, sie färben sich herbstlich bunt. Wenn die Tage dann kürzer werden und die Blätter weniger Licht abkriegen, verkorkt der Baum die Löcher an den Blattstielen, durch die normalerweise das Wasser durchgeht, und schließt die Blätter sozusagen wasserdicht ab. Das Blatt trocknet aus und fällt ab. Nur so übersteht der Baum selbst die wasserarme Winterzeit. Dass ein Tannenbaum seine Nadeln aber gar nicht verliert, stimmt so nicht. Die Nadeln eines Baumes können bis zu zehn Jahre am Baum überdauern. Nach und nach fallen immer die ältesten Nadeln ab und neue wachsen nach. Das passiert das ganze Jahr über. Übrigens: Ein Tannenbaum hat wahnsinnig viele Nadeln. Wie viele hängt von der Baumart und -größe ab. An einem Tannenzweig sind es mehrere Hundert und am ganzen Baum Zehntausende. Ganz genau kann man das aber nicht sagen. Die Mühe, sie zu zählen, hat sich wahrscheinlich noch keiner gemacht.

(Quelle: www.wasistwas.de)


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Was steht da in meinem Wohnzimmer?

Baum ist nicht gleich Baum. Es gibt zahlreiche Tannenbaumarten, die zur Weihnachtszeit als Christbaum verkauft werden. Am beliebtesten in Bayern ist die Nordmann-Tanne. Sie wächst ziemlich langsam, deswegen ist sie etwas teurer. Dafür sind ihre Nadeln aber stechfrei. Häufig gekauft wird auch die Blaufichte. Ihre Nadeln haben einen sehr schönen blauen Schimmer, leider stechen sie aber stark. Die sogenannte Nobilistanne wird auch Edeltanne genannt und riecht sehr intensiv. In den Wohnzimmern oft zu finden sind auch noch die Rotfichte, die Colorado-Tanne oder die Schwarzkiefer. Wenn du Lust hast, kannst du euren Baum ja mal genau betrachten und versuchen herauszufinden, welcher es ist.

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In der Baumschule werden die Samen gepflanzt und wachsen zu kleinen Tannenbäumen heran. Die Christbaumzüchter Heidi und Helmut Stangl kaufen die Minibäume von der Baumschule und pflanzen sie auf die eigenen Felder. (Foto: privat)

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Unter viel Pflege wachsen die kleinen Pflänzchen über Jahre hinweg zu großen Tannenbäumen heran. (Foto: privat)

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Mit einem Christbaumfäller werden die Bäume umgeschnitten... (Foto: Julia Gabauer)

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...und dann aus der Plantage getragen. (Foto: privat)

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Für ihre Reise werden die Bäume in Netze verpackt. (Foto: privat)

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So eingepackt werden sie dann weitertransportiert... (Foto: privat)

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...und vorübergehend gelagert. (Foto: privat)

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Am Hof der Stangls warten die Bäume dann vor Weihnachten auf ihren Käufer. (Foto: privat)