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Wieviel ist genug?


Inga Tawadrous (26) hat als Lettin in Münster Kommunikationswissenschaft studiert und war zwei Wochen Praktikantin in der päpp-Redaktion. (Foto: Adam)

Inga Tawadrous (26) hat als Lettin in Münster Kommunikationswissenschaft studiert und war zwei Wochen Praktikantin in der päpp-Redaktion. (Foto: Adam)

Von Redaktion idowa

Die ganze Welt sucht nach Auswegen aus der Finanzkrise, die ein immer dramatischeres Ausmaß annimmt. Während Politiker in Deutschland und in den USA eine Teilverstaatlichung privater Banken erwägen, können Privatanleger nur um ihre Spareinlagen bangen. Überall herrscht schlechte Stimmung, die nicht zuletzt durch die Massenmedien mittels Bildern, in denen Börsenmakler schockiert auf die Bildschirme mit den aktuellen Kursen schauen, weitergegeben wird. Nur die Jugend, die heutzutage als Konsumgesellschaft abgestempelt wird, lässt sich die Laune von den finanziellen Engpässen nicht verderben. Warum auch? Die Finanzkrise hin oder her, das Taschengeld der Jugendlichen bleibt auch weiterhin stabil. Das behaupten zumindest die Eltern in Straubing und die Kinder bestätigen dies, indem sie weiterhin unbekümmert einkaufen gehen.


Das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Sraubing hat keine eigenen Vorschläge für die Höhe des Taschengeldes ausgearbeitet, orientiert sich aber an die auf der Homepage www.elternimnetz.de veröffentlichten Richtlinien für Taschengeld. Demnach sollen Kinder frühestens ab dem vierten oder fünften Lebensjahr oder aber spätestens mit dem Schuleintritt über eigenes Geld verfügen. Zudem wird empfohlen, den Kindern bis zum neunten Lebensjahr das Geld wöchentlich auszuzahlen. Dabei sollte die Summe für Kids unter sechs Jahren 50 Cent, für die sechs- bis siebenjährigen 1,50 Euro und für die acht- bis neunjährigen 2,50 Euro nicht überschritten werden. Erst ab zehn Jahren seien die Kinder in der Lage, das Geld über einen längeren Zeitraum, wie einen Monat, zu verteilen. Zwar müsse jede Familie je nach der finanziellen Situation selbst entscheiden, wie viel Geld sie den Kindern zur Verfügung stellt, im allgemeinen empfiehlt elternimnetz.de den Eltern ihren Sprösslingen folgende Beiträge monatlich zur Verfügung zu stellen:

10 bis 11 Jahre: 12,50 bis 15 Euro
12 bis 13 Jahre: 17,50 bis 20 Euro
14 bis 15 Jahre: 22,50 bis 25,50 Euro
16 bis 17 Jahre: 30,50 bis 41 Euro
18 Jahre: 61 Euro

Shoppen über shoppen
Mit dem Taschengeld sollen die Kinder den Umgang mit dem Geld lernen. Bestrafungen durch eine Minderung der Summe oder durch einen kompletten Entzug des Geldes sollten für die Eltern tabu sein. "Wenn wir etwas verbockt haben, werden wir einen Tag lang mit Chat-Verbot und nicht mit Entzug des Taschengelds bestraft", erzählt die 13-jährige Sabrina, die mit ihrer Schwester Julia (14) und zwei Freundinnen eine Shopping-Tour macht. Um genau zu sein, sind die Mädels auf der Suche nach neuen Klamotten. Sogar den größten Teil ihres Taschengeldes wären sie bereit, für Kleidung auszugeben. Die Schwestern Sabrina und Julia bekommen monatlich jeweils 40 Euro, also wesentlich mehr als das, was Kinder in ihrem Alter bekommen sollten, nämlich 22,50 bis 25,50 Euro. Ihre Freundin Stephanie (14) muss mit 25 Euro auskommen und Stefanie (14) bekommt rund 20 Euro im Monat.

Sparen für den Führerschein
Dass sie rund die Hälfte weniger Geld zum Shoppen hat als ihre Freundinnen, macht Stephanie keinesfalls neidisch. Sie schafft es zudem, einen Teil ihres Geldes auf die Seite zu legen. "Ich spare schon für den Führerschein", erzählt sie und verschwindet in der Umkleidekabine. Als einzige Bedingung der Eltern geben die Mädchen übereinstimmend einen "vernünftigen Umgang mit dem Geld" an. "Das heißt, wir sollen nicht das kaufen, was wir schon haben, zum Beispiel noch mehr Schminke", so Sabrina.

Spiele und Handykarten
Buben dagegen haben andere Wünsche. Neue Klamotten werden nur gekauft, wenn die alten Anziehsachen sichtbare Gebrauchsspuren hinterlassen haben. Nikolai (15) hat stolze 140 Euro im Monat für die eigenen Wünsche. 80 Euro bekommt er von den Eltern, 60 Euro verdient er durch Zeitungsaustragen dazu. Dass er einen großen Teil seines Geldes unnötig verschwendet, weiß er. "Leider kaufe ich fast jeden Tag Zigaretten", gibt der Schüler zu. Ansonsten habe er gelernt, das Geld einzuteilen. Sein Schulkamerad Christian (14) kann monatlich 50 Euro selbst verwalten. Das meiste Geld gibt er für das Essen in der Schule aus. "Aber da ich nicht rauche, brauche ich auch fast nie Geld für etwas anderes", erzählt er bescheiden. Ganz anders Stephen (15). Von den Eltern bekommt er kein Taschengeld, dafür muss er selbst arbeiten gehen. "Aber das ist ok. Meine Arbeit macht mir Spaß.", so Stephen, der zweimal wöchentlich Kindern Kung-Fu Unterricht erteilt. "Statt zu rauchen, trainiere ich lieber", sagt Stephen und klopft seinem Kumpel Nikolai belehrend auf die Schulter. Die selbst verdienten 40 Euro reichen dann ab und an auch für neue Schuhe, Handykarten oder für Computerspiele.

Zu viel des Guten ist schlecht für die Kinder
Die klein Lisa (5) und ihre Oma Hildegard (74) sitzen auf einer Bank mitten auf dem Theresienplatz und essen Donuts. "Man will schon die Enkelkinder verwöhnen, aber zu viel des Guten ist eher schlecht für die Kinder", sagt sie. Lisa bekomme von ihren Eltern zwar kein eigenes Taschengeld, werde aber sonst viel zu viel beschenkt. "Ich würde das an der Stelle meines Sohnes anders machen", erklärt sie. Aber das seien jetzt eh andere Zeiten und früher hätte man alles anders gemacht. Hinzu komme auch die Wirtschaftskrise. "Man ist schon verunsichert", sagt Hildegard und fordert ihre Enkelin auf, mit dem Essen nicht zu spielen.

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Stefanie (14), Sabrina (13), Julia (14) imd Stephanie (14) gehen mit ihrem Taschengeld gerne mal etwas länger zum Shoppen.

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Während Stephen (15) selber sein Geld verdient, bekommen Nikolai (15) und Christian (14) relativ viel Taschengeld.

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Oma Hildegard (74) findet, dass ihre Enkelin Lisa (5) viel zu viel beschenkt wird.