[Frei]stunde!

Schweine suchen, Geflügel meiden


Der Volksglaube sagt dem Schwein nach, Wohlstand zu bringen, und auch der vierblättrige Glücksklee soll Gutes zum Jahreswechsel bescheren. (Foto: dpa)

Der Volksglaube sagt dem Schwein nach, Wohlstand zu bringen, und auch der vierblättrige Glücksklee soll Gutes zum Jahreswechsel bescheren. (Foto: dpa)

Von Julia Gabauer

Sekt schlürfen, Bleigießen und Raketen zünden - das machen die meisten Deutschen an Silvester und Neujahr. Denn gerade zu dieser Zeit sind sie angesagt: Silvesterbräuche und -rituale. Darunter versteht man althergebrachte Verhaltensweisen, die einen bestimmten Ablauf haben und nicht selten auch eine historische Bedeutung. Doch welche Rituale gibt es zu Silvester und Neujahr? Freistunde zeigt einen kleinen Ausschnitt deutscher Silvesterbräuche und -traditionen.

Wie mit vielen Festtagen, so verbindet sich auch mit Silvester verschiedenes Brauchtum und einiger Aberglaube. Heutzutage praktizieren wir immer noch uralte magische Rituale zum Jahreswechsel. Oft ohne zu wissen, was eigentlich dahintersteckt.
Wenn das alte Jahr vorüber ist und ein neues unmittelbar vor der Tür steht, stellten sich die Menschen schon vor Jahrzehnten vor allem eine Frage: "Was wird das neue Jahr bringen?" Mit Silvesterspielen versuchten sie, Antworten zu bekommen. Weit verbreitet und in der Geschichte schon lange zu finden ist das Bleigießen kurz nach Mitternacht. In einem Löffel wird ein Stück Blei über einer Kerzenflamme erhitzt bis es schmilzt und dann rasch in ein Gefäß mit kaltem Wasser geschüttet. Die Schatten der daraus entstandenen Figuren sollen einen Hinweis geben, was das kommende Jahr bereithält. Wem kein Fan des Bleigießens ist, der kann für einen Ausblick auf die Zukunft auch auf Alternativen wie das Brot- oder Gummibärchenorakel zurückgreifen. Dabei wird mit Symbolen aus Brotteig oder nach der Bärchenfarbe die Zukunft gedeutet.

Kein Silvester ohne Glückwünsche
Von der Silvesterparty nicht mehr wegzudenken ist auch der Brauch, um Punkt Mitternacht den Sektkorken knallen zu lassen, mit den gefüllten Gläsern anzustoßen und sich zum Beispiel "Prosit Neujahr" oder einen "Guten Rutsch" zu wünschen. Doch das sind keine simplen Floskeln, es steckt mehr dahinter. Prosit kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: "Es möge gelingen!" Und auch der "gute Rutsch" hat nichts mit ins neue Jahr rutschen zu tun, sondern kommt aus dem Jiddischen von "Rosch", was "Anfang" heißt.

Außerdem haben Glücksbringer zum Jahreswechsel Hochkonjunktur. Indem man zum Beispiel Glückscents verschenkt, wünscht man dem Empfänger, dass diesem niemals das Geld ausgeht. Dagegen hat das Hufeisen die Aufgabe, als Talisman Haus und Hof zu schützen. Schornsteinfeger oder Kaminkehrer gelten als Glücksbringer, weil sie zu früheren Zeiten immer als erste am Neujahrsmorgen durch die Straßen gingen und zum neuen Jahr gratulierten. Glück kommt zu Silvester auch aus dem Blumentopf. Der vierblättrige Glücksklee, der biologisch Oxalis heißt und aus Mexiko stammt, soll dem Volksglauben nach Glück bringen. Dem Marienkäfer wird nachgesagt, Kinder zu beschützen und Kranke zu heilen. Er gilt als Himmelsbote der Mutter Gottes, daher auch der Name. Weit verbreitet sind auch Glücksschweine, meistens aus Marzipan. Das Schwein gilt als Symbol der Fruchtbarkeit und damit als Zeichen für Wohlstand und Reichtum.

Deswegen ist es auch gut, zu Silvester Schwein zu essen. Aber egal was man kocht, der Volksglaube rät, Geflügel zu meiden, denn damit fliegt das Glück davon. Auch beim Fischessen ist Vorsicht geboten. Denn Papst Silvester, von dem das Fest auch seinen Namen hat, war dafür bekannt, dass Ungläubige in seiner Anwesenheit starben, indem sie an Fischgräten erstickten. Also immer schön mit den Gräten aufpassen! Bewahrt man dagegen eine Schuppe vom Silberkarpfen auf und legt sie in den Geldbeutel, soll das Geldsegen für das gesamte Jahr versprechen. Und auch bei Äpfeln mit Honig als Silvestersnack kann man nichts falschmachen, denn sie versüßen das neue Jahr.

In der Nacht zum Jahreswechsel geht es schon seit Urzeiten um die Abwehr von bösen Geistern. Das Abendessen zu Silvester sollte mit der Familie oder Freunden erfolgen, denn das Essen "im Kreise" seiner Nächsten symbolisiert den Schutz vor Dämonen, die diesen Kreis nicht zerstören können. Auch Lärm und Raketen sind nicht mehr wegzudenken. Früher gab es lautstarke Umzüge mit vermummten Gestalten, die mit Trommeln und Peitschenknallen für den nötigen Krach sorgten. Bei uns wurde dieses Spektakel im Laufe der Zeit durch das Feuerwerk ersetzt. Dabei geht es heutzutage nicht mehr nur darum, Dämonen zu vertreiben. Das Silvesterfeuerwerk drückt auch Freude über das bevorstehende neue Jahr aus.

In der feierfreudigen Nacht wird also orakelt, verschenkt, gegessen und alles mit einem Feuerwerk abgerundet. Aber welche Rituale sollte man nun wirklich anwenden? Diese Frage ist schnell beantwortet: Jeder kann selbst entscheiden, was für ihn infrage kommt. Und warum nicht einfach selbst ein persönliches Ritual erfinden?